Wie lange hast du den Führerschein?“, fragte mich neulich ein Bekannter. „Mehr als 52 Jahre – und zwar unfallfrei.“, antwortete ich ganz stolz. Zwei Tage später las ich in einem Spiegel-Artikel, wie eine junge Familie – Mutter, Vater, die 7- und 8-jährigen Söhne – eine Radtour in der Nähe von Detmold machten. Auf einer schnurgeraden, freien Straße fährt eine ältere Dame in die Gruppe hinein. Der 8-jährige Junge stirbt in den Armen der Mutter im Straßengraben. Ich habe geweint. Anschließend musste ich von Kempen nach Mönchengladbach fahren. Schweißgebadet kam ich zur Geburtstagsfeier meiner Schwester an.
Im Artikel wurde diskutiert, ob ab einem gewissen Alter die Fahrtüchtigkeit überprüft werden sollte. In allen europäischen Ländern ist das vorgeschrieben. Nur der deutsche Verkehrsminister sagt: „Mit mir nicht!“ Dieser Alters-Fahrfitnesscheck ist in Deutschland freiwillig und wird vom ADAC propagiert. Nach dem Schock des Lesens habe ich mich sofort zu diesem „Alterscheck“ angemeldet. Kosten für ADAC-Mitglieder: 59,- €. Dauer: etwa 90 Minuten, davon 45 Minuten Fahrt im eigenen Auto. Eine Fahrlehrerin oder ein Fahrlehrer macht auf dem Beifahrersitz Notizen.
Eine Woche später fuhr ich mit etwas mulmigen Gefühl nach Mönchengladbach (zur nächsten Fahrschule, die diese „Rückmeldefahrt“ anbietet – so die offizielle Bezeichnung). Nach einem kurzen Vorgespräch lotste mich die Fahrlehrerin kreuz und quer durch fünf Stadtteile von Mönchengladbach und über die Autobahn. Am Ende ließ sie mich noch rückwärts einparken. Dann erklärte sie mir, welche Kriterien mit drei möglichen Smileys (von „freundlich“ über „naja“ bis „unfreundlich“) bewertet werden. Auf meiner Urkunde machte sie nur Kreuzchen bei lachenden Smileys – außer bei „Geschwindigkeit“. Sie erklärte mir, dass ich fahrtechnisch topfit bin, außer dass ich meist zu schnell fahre.
Ich bin stolz auf die Urkunde – aber ich werde noch bewusster fahren – und auf die Geschwindigkeit achten. pw