Großeltern, Kinder und Enkel gemeinsam an einer Adresse findet man heute selten. Anders als früher ist das sonntägliche Mittagessen mit Oma und Opa durch große Distanzen von Familienangehörigen seltener. Großeltern verschwinden vielerorts aus dem Kinder-Alltag. Treffen verlagern sich auf wenige im Jahr oder – wie bei Klaus Martens und Bärbel Ziemann-Martens aus Kempen – haben die eigenen Kinder noch keine Kinder.
Großeltern sind die zwei Kempener Rentner trotzdem für zwei Geschwister, die keine eigenen Großeltern haben. Gefunden haben sich die zwei Familien über den Oma-Opa-Service im Hagelkreuz. Längst ist es nicht mehr ungewöhnlich, wenn Familien nach Ersatz-Großeltern suchen.
Kinder profitieren von Großeltern
„Wir haben uns im Sommer 2019 durch Vermittlung des Oma-Opa-Service in Kempen in Person von Anni Rosenfeld kennengelernt. Langsam und gemeinsam mit den Eltern haben wir uns an die Kinder angenähert, um Vertrauen aufzubauen und sich gegenseitig kennenzulernen“, schildert Klaus Martens das Zustandekommen der Beziehung zu den Kindern. Als frische Rentner haben er und seine Frau diese ehrenamtliche Aufgabe für Magdalena (3 Jahre) und Alexander (6 Jahre) übernommen.
„Nach dem aktiven Berufsleben haben wir jetzt mehr Zeit und noch keine eigenen Enkel“ schmunzelt die ehemalige Erzieherin und freut sich auf das Geschwisterpaar. Ob ein Ausflug ins Mais-Labyrinth, zum Spielplatz oder einfach als Spielgefährten: die neuen Kempener Leih-Großeltern machen all das, was Original-Großeltern auch tun würden. Beide Elternteile arbeiten als Ingenieure und haben leider die eigenen Eltern bereits verloren.
Besonders freut Klaus Martens, dass er noch einmal miterlebt, wie Gewinnen und Verlieren beim Mensch Ärger dich nicht-Spiel oder die Feinmotorik bei Operationen am Patienten im Spiel „Dr. Bibber“ geübt werden. „Leider hat man von den eigenen Kindern viel vergessen oder vielleicht hat man die einzelnen Entwicklungsschritte durch den Beruf einfach verpasst“, meint der ehemalige IT-Fachmann und freut sich umso mehr über die heiteren Stunden mit den Leih-Enkeln.
Bereicherung für drei Seiten
Durch das Zusammenführen der Familien profitieren drei Seiten: Die Leih-Großeltern können sich ausschließlich auf ein einzelnes oder beide Kinder konzentrieren und das merken diese. Wenn die Betreuung im Hause Martens stattfindet, sind die Unterschiede zum elterlichen Umfeld für die Kinder interessant. Es gibt hier was Neues zu entdecken, egal ob Kleinigkeiten im Haushalt oder neue Spiele. Alexander merkt sich z. B. gerne Sprüche, die Klaus in seiner Jugendzeit gelernt hat und gibt sie dann zu Hause zum Besten.
Nicht nur die Kinder profitieren von der Zeit mit den Leih-Großeltern. Auch die Eltern haben Unterstützung durch die regelmäßige Betreuung, die leider momentan auf Grund der Corona-Pandemie nicht stattfinden kann.
Für die Leih-Großeltern bringt allein das Beschäftigen und Unterhalten der beiden Kinder entspannte Nachmittage, strukturiert den eigenen Alltag und schenkt Lebensfreude. Ja, natürlich sei es auch Verantwortung und brauche Gelassenheit und Geduld. Aber die Anerkennung für die Wertevermittlung einer anderen Generation sei eine wunderbare und bereichernde Erfahrung, konstatiert „Oma“ Ziemann-Martens.
„Wir werden durch unsere Leih-Enkel überhaupt nicht eingeschränkt“ bekräftigen die Martens. „Natürlich sprechen wir uns mit den Eltern ab und haben eine Regelmäßigkeit erarbeitet aber wir planen unsere Reisen und Termine immer unabhängig von der Leih-Großeltern-Aufgabe. Wir freuen uns auf den Sommer, denn dann sind wir zu Hause und können hoffentlich gemeinsam den Garten genießen.“
Kein Kita-Ersatz
Leih-Großeltern sind kein Ersatz für einen fehlenden Platz in Kita oder Kindergarten. Eltern und ehrenamtliche Großeltern können jederzeit über Inhalt und Umfang des Engagements entscheiden. Wer Bedarf und Lust auf Leih-Großeltern bzw. Leih-Enkelkinder hat, kann sich bei Anni Rosenfeld unter der Telefonnummer 0 21 52 / 54 3 83, oder per Mail: Anni.Rosenfeld@freenet.de melden. Rs/km