Sitzen Sie seit zwei Jahren auf der Parkbank, Herr Buchholz?

Foto Urlich Buchholz
Für mich ist Ruhestand ein Glücksgefühl…

Ulrich Buchholz ist seit zwei Jahren Rentner und wir haben ihn nach seinen Erfahrungen, Plänen und Erwartungen gefragt und wie er den neuen Lebensabschnitt ohne tägliche Hektik jetzt gestaltet hat.

Herr Bucholz: Parkbank oder Tatendrang?

Eindeutig Tatendrang! Parkbänke sind noch nix für mich: Ich habe mich unmittelbar nach meiner „Verrentung“ in das neue Leben gestürzt und war ziemlich schnell wieder mit Terminen eingedeckt. Ich habe mir eine handwerkliche Nebentätigkeit gesucht, die nichts mit meinem ehemaligen Beruf zu tun hat. Und da man nie genug Bewegung haben kann, gehe ich regelmäßig zur Gymnastik. Durch die corona-bedingte Schließung habe ich mein „geliebtes“ Radfahren noch intensiviert.

Was bedeutet Ruhestand für Sie?

Ich übernehme nur noch freiwillig Verantwortung und Verpflichtungen, kann spontan nach Lust und Laune entscheiden, ob und was ich tun oder lassen möchte und habe keine existenziellen Sorgen. Für mich ist Ruhestand ein Glücksgefühl und ich habe daher den frühestmöglichen Termin für meine Verrentung mit 63 Jahren gewählt.

Wie haben Sie den Ausstieg aus dem Berufsleben empfunden?

Natürlich fehlt ein wichtiger Baustein im Leben mit Personalführung und Entscheidungen. Aber jetzt sind die Jüngeren am Zug und ich bin nur noch Herr über mein rein privates Reich – ich empfinde das als gut und richtig.

Hatten Sie jemals das Gefühl, etwas zu vermissen oder machen zu wollen?

Nein. Als Elektroingenieur habe ich mich immer mit Themen, die mich beruflich oder privat interessiert haben, befasst. Vielleicht nicht mit der Intensität, die der Sache angemessen gewesen wäre, aber eben genauso wie mein Interesse es gebot. Daher brauche ich auch keinen Träumen oder versäumten Taten hinterherlaufen.

Welche „Taten“ haben Sie für sich entdeckt?

Wollen Sie alle Aktivitäten wissen? – Gut, ich bin im Bürgerverein Kempen aktiv, agiere als Kassenwart beim Tauschring, repariere allerlei technische Geräte im Café Wackelkontakt und bin in der Abtei Mariendonk der „Mann für allerlei Fälle“.

Außerdem gab ich Nachhilfe in Mathematik und Englisch – eine ganz tolle Sache, den jungen Menschen zu helfen und mit ihnen zu arbeiten, aber auch anstrengender, als ich zunächst vermutet hatte. Inzwischen widme ich mich einer kleinen handwerklichen Nebentätigkeit.  Für den Martinsverein bin ich als Sammler unterwegs, bei Kempen-Klassik bin ich Mitglied geworden.

Ausstieg aus dem Berufsalltag – wie lief das bei Ihnen?

Natürlich gab es eine kleine Party und ich habe noch Kontakt zu ehemaligen Kollegen bei der Kempener Wall Chemie. Dort war ich fast 20 Jahre beschäftigt. Mein Ausscheiden war ein langer geplanter und vorbereiteter Vorgang. Mir war es wichtig, Abstand zum alten Arbeitsplatz zu gewinnen, weil m. E. nur so die Nachfolger sich entwickeln können. Jetzt liegen meine Aktivitäten mehr in anderen Bereichen und damit entstehen neue Kontakte und Begegnungen.

Können Sie anderen zukünftigen Rentner Empfehlungen geben?

Wenn Sie es hören wollen: Man sollte sich von den täglichen Aufgeregtheiten fernhalten, kein Facebook, keine Zeitung und wenig Fernsehen. Außerdem liegen mir die Sätze von Jonathan Swift am Herzen: Entschließungen für mein Alter, Jonathan Swift, 1667 – 1745.

Und, bitte bedenken Sie, Sie müssen zur Welt gehen und nicht darauf warten, dass die Welt vor Ihrem Sofa erscheint …

Wir danken Ihnen. rs