Auch ein professioneller Fotograf geht mal in Rente: Tut das weh, Herr Reimann?

Friedhelm Reimann war über 40 Jahre lokaler Bildjournalist der Westdeutschen Zeitung und hat die Entwicklung im Hagelkreuz von den belgischen Kasernen bis heute fotojournalistisch begleitet. Im Hagelkreuz sieht man den in Vorst lebenden rüstigen Rentner regelmäßig, wenn er seine Ex-Kollegin besucht. Den Fotoapparat hat der 76-Jährige für den beruflichen Einsatz weggelegt, aber immer noch liefert er mit seinem fotografischen Blick persönliche Innenansichten der Region in die Redaktion.

Herr Reimann: Tut Rente weh?

Oh nein, absolut nicht! Wenn man beruflich am ganzen Niederrhein von Büggen bis Krefeld mit ständigem Termindruck unterwegs ist und es schon mal auf sechs Tausend Kilometer im Monat gebracht hat, dann ist Rente wirklich Luxus.

Wie fühlte es sich für Sie an, als Sie realisierten, dass Sie demnächst Rentner sind?

Ich habe sehr gern gearbeitet und bin mit 65 Jahren in Rente gegangen; fühlte mich fit und noch gut belastbar. Natürlich war es ein Schritt mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Doch beim letzten Gespräch mit meinem Chef wurde mir ein vierzehntägiger Wochenenddienst angeboten und da habe ich gern „Ja“ gesagt.

Meine kleine freiberufliche Berufsverlängerung war für mich ideal. So konnte ich von der Tageshektik auf eine gesunde Belastbarkeit zurückschrauben. Trotzdem wurden meine Kenntnisse und Fähigkeiten „gebraucht“ und „geschätzt“. Für mich war es ein idealer Nachklang und damit schleichender Ausklang …

Friedhelm Reiman bei der Arbeit

Hatten Sie jemals das Gefühl, etwas zu vermissen oder machen zu wollen?

Hmm, natürlich ja und auch nein: Meine Arbeitszeiten machten die sozialen Kontakte oft schwierig. Heute kann ich die Verabredungen mit meinem gemischten Kegelclub einhalten und muss nachts nicht mehr los zu Unfällen oder sonstigen Katastrophen. Außerdem haben und hatten wir immer Hunde, um die ich mich jetzt umso mehr kümmere.

Ich komme aus Halle/Westfalen, bin in Bielefeld groß geworden und habe die ersten Berufsjahre nach meiner kaufmännischen Ausbildung bei der Bundesmarine in Flensburg verbracht. Dort bin ich zur Fotografie gekommen und habe „nebenbei“ Europa kennengelernt.

Vermissen …. nein, eigentlich haben meine aus dem Norden stammende Frau und ich uns viele Reisewünsche erfüllt, wir haben viel von der Welt gesehen. Amerika, Asien, Afrika – ich habe großartige Länder und Regionen gesehen und bin hier heimisch.

An den Niederrhein sind wir 1967 gekommen, weil meine Schwester in Vorst lebte. Ich habe bei den Krefelder Verkehrsbetrieben als Busfahrer und später als Verkehrsleiter jeden Winkel der Region kennengelernt und schließlich bei der Westdeutschen Zeitung und anderen Redaktionen mein Hobby zum Beruf gemacht. Nach so vielen Jahren verstehe ich auch bestens das niederrheinische Platt (lacht).

Wenn ich das so erzähle …. Nein, ich könnte nicht sagen, dass ich etwas vermisst habe.

Möchten Sie noch etwas ausprobieren, was sie noch nie gemacht haben?

Naja, ich habe natürlich immer viel fotografiert – ist ja logisch! Seit ich Rentner bin, nehme ich mir die Zeit und erstelle als Reiseerinnerungen aufwendige Fotobücher. Das macht mir wirklich viel Freude und ist auch nicht mal eben so geschehen. Es braucht Zeit und Kreativität.

Tölpel auf Helgoland

Aktuell kann ich es kaum abwarten, bis mein Helgoland-Buch vor mir liegt. Dort habe ich die Basttölpel-Kolonie aus vielen Winkeln fotogarfiert – das wollte ich schon zu Marine-Zeiten! Jetzt bin ich auf das gedruckte Ergebnis gespannt und die Kommentare meiner Freunde und Bekannten.

Schnäbelnde Tölpel

Wir sind zufrieden, wenn wir im Norden der Republik immer mal wieder Salzwasser schnuppern können.

Wie bleiben aktiv und fit?

Erstens sind wir Leseratten, meine Frau und ich, und lesen alles, wozu wir sonst nicht gekommen sind. Und zweitens gehe ich mit zwei Freunden regelmäßig schwimmen. Und das ist herrlich! Natürlich sitzen wir auch gern auf unseren Rädern. Das lässt sich ohne Aufwand schnell realisieren.

Haben Sie Tipps und Tricks für den Übergang von Beruf zur Rente?

Ich kann nur jedem empfehlen, langsam vom Berufsalltag in den Rentermodus umzuschalten. Und da meine ich schon, dass man zwei bis drei Jahre vorher anfängt. So fällt man in kein schwarzes Loch und kann neue Ideen mit Mut und Lust angehen.

Was lieben Sie am Hagelkreuz?

Oh, ich vermisse die Frikadellen von Gerlach ….

Herr Reimann, ich danke Ihnen für dieses Gespräch. rs