Qualität in der Pflege

Die Qualität zu sichern und weiterzuentwickeln ist das zentrale Anliegen und zugleich die größte Herausforderung.

Aufgepasst „Neue Qualität“ ab dem 1. Juli 2020

Das neue Qualitätssystem für Pflegeeinrichtungen: ein Aufwand, der sich lohnt! Doch wo bleibt der Bewohner?

Der Begriff „Qualität“ in der Pflege wird je nach Perspektive und Hintergrund der Akteure unterschiedlich definiert, scheinbar meinen alle das Gleiche. Die Pflegeversicherung formuliert in den §§ 112 SGB XIff. die Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Entwicklung der Qualität als zentrale Anforderungen unter den Vertragsparteien der Pflege. Diese Worte sind wissenschaftlich wenig abgesichert und bedürfen nachdrücklich einer Weiterentwicklung. Qualität wird vom Leistungsanbieter formuliert. Er sichert für sich einen Standard zu, den er einhalten will. Dies ist hauptsächlich abhängig vom Pflegepersonal, es ist eine Pflegeeinrichtung und kein Hotel.

Ist das Wohlbefinden der Bewohner oberstes Ziel.

Im August 2019 wurde § 113c SGB XI „Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen“ zuletzt neu formuliert. Sehr lesenswert, hier nur ein Auszug: die Vertragsparteien (Pflegeversicherung und Einrichtungsträger ) stellen „einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in Pflegeeinrichtungen nach qualitativen und quantitativen Maßstäben sicher. Die Entwicklung und Erprobung ist bis zum 30. Juni 2020 abzuschließen.“

Alle Einrichtungen haben bisher nach den bisherigen 59 Kriterien eine gute Gesamtqualität. Schlechte Teilnoten in der Pflege mit 32 Kriterien konnten mit drei weiteren Bereichen mit jeweils 9 Kriterien ausgeglichen werden.

Neue „Pflegenoten“ sollen für Pflegebedürftige und andere Interessierten eine echte Vergleichbarkeit herstellen. Die bewohnerbezogene Pflegequalität soll, mit nun insgesamt 82 Einzelbewertungen, im Mittelpunkt stehen. 

Aus 32 Kriterien im Pflegebereich werden 35, von der Gesamt-Punktzahl =56,5%.

Es bleibt bei 4 Teilbereichen, die mit einer Teilnote (1-5) bewertet werden

  1. Pflege und medizinische Versorgung des Versicherten (35)
  2. der Umgang mit demenzkranken Bewohnern                  
  3. soziale Betreuung und Alltagsgestaltung,                          
  4. Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene.    

Bei ambulanten Diensten wird eine Teilnote in drei Bereichen vergeben.

Neu „Gleichwertige Prüfung“

Wer hat die Kriterien festgelegt und entschieden?

Beteiligt waren die Pflegekassen und die Leistungserbringer (Anbieter) und die kommunalen Spitzenverbänden und die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Die Verbände der Pflegebedürftigen und Angehörigen durften an einem Nebentisch mithören und wurden zum Stillschweigen verpflichtet.

Wer wird nicht hellhörig, wenn seine Interessen der notwendigen Qualität der Pflege, im stillen Kämmerlein ausgehandelt werden.

Die formulierte Durchführung der Qualität in § 114a Absatz 3 SGB XI spricht Bände. Der Prüfer hat einen großen Ermessensspielraum, er muss nicht, er kann, er sollte. So heißt es im Text: „Zum gesundheitlichen und pflegerischen Zustand der durch Inaugenscheinnahme in die Prüfung einbezogenen Personen können sowohl diese Personen selbst als auch Beschäftigte der Pflegeeinrichtungen, Betreuer und Angehörige sowie Mitglieder der heimrechtlichen Interessenvertretungen der Bewohnerinnen und Bewohner befragt werden. Bei der Beurteilung der Pflegequalität sind die Pflegedokumentation, die Inaugenscheinnahme von Personen nach Satz 1 und Befragungen der Beschäftigten der Pflegeeinrichtungen sowie der durch Inaugenscheinnahme in die Prüfung einbezogenen Personen, ihrer Angehörigen und der vertretungsberechtigten Personen angemessen zu berücksichtigen.“

Neu für die Einrichtungen, sie sollen, nach § 114b SGB XI, einmal jährlich ab dem 1.7.2020 indikatorenbezogenen Daten zur vergleichenden Messung und Darstellung von Ergebnisqualität zu übermitteln. Wird dies befolgt, prüft der MDK nur jedes zweite Jahr, dies auch wieder angekündigt.

Welche Qualität ist gefragt?

Zur Qualitätsdarstellung wurden 8 Anlagen vereinbart,  § 115 Absatz 1 Satz 2ff. SGB XI, so z.B..

Anlage 4 enthält Informationen der Pflegeeinrichtung und hier heißt es unter Punkt 1.5 Kontaktperson des Bewohnerbeirats/Bewohnerfürsprecher Angabe des Namens der Person im Bewohnerbeirat (nur mit entsprechender Einwilligung). Die Umsetzung ist in Anlage 5 exemplarisch dargestellt.

Warum sollte sich ein gesetzliches Organ verstecken oder?

Anlage 5 ist ein Formblatt und enthält einen Stellenschlüssel nach Pflegegraden. Doch wie verbindlich das Formblatt ist zeigt sich bereits im Muster. Auch wenn die Daten eingetragen werden, wird kein Bewohnerbeirat die Sollangaben mit den Istwerten abgleichen können, ohne dass eine Einsichtnahme in die Pflegbuchführung gewährt wird.

Anlage 8 gibt einen Überblick über das System der Vereinbarung.

Die kleinen Veränderungen sind bisher kosmetischer Natur. Die Interessen der Bewohner werden weiterhin nicht wahrgenommen. So erklärt sich auch das Stillschweigegebot beim Aushandeln der Kriterien einer Qualität in den Kategorien:

  1. A) Keine Auffälligkeiten oder Defizite
  2. B) Auffälligkeiten, die keine Risiken oder negativen Folgen für die Bewohnerinnen und Bewohner erwarten lassen
  3. C) Defizit mit Risiko negativer Folgen für die Bewohnerinnen und Bewohner
  4. D) Defizit mit eingetretenen negativen Folgen für die Bewohnerinnen und Bewohner.

Die Sicht oder gar das Wohlbefinden des Bewohners wird vergebens gesucht.

Ein Druckgeschwür ist nicht nur negative Folgen, ein Defizit. Es ist eine bewusste, mindestens grob fahrlässige Herbeiführung einer Körperverletzung, damit eine Straftat. Bei einem Bewohner einer Einrichtung ist hier § 225 Strafgesetzbuch anzuwenden. Jeder Fall muss vom Bewohnerbeirat angezeigt werden.

Ein Bewohnerbeirat nur aus Bewohnern der Einrichtung ist nicht unabhängig, vom Alter und den Einschränkungen abgesehen. Angehörige, Seniorenbeiräte und Interessenverbände, wie z.B. Mitglieder der BIVA, sind gefordert sich aktiv wählen zu lassen. Die WTG-Behörden veröffentlichen noch nicht die Wahlaufrufe, die sie kontrollierend begleiten. Nur ein Bewohnerbeirat der öffentlich und/oder mindestens den Angehörigen bekannt ist, kann die anwaltschaftliche Vertretung wahrnehmen. Die Stärkung der Bewohnerbeiräte ist notwendig.    Beitrag „Bewohnerbeirat“ folgt.

Der Notstand in der Pflege darf nicht als Argument für fehlende Qualität und Kontrolle hingenommen werden. Wir haben lange weggeschaut, nicht hingehört. 

Qualität für den Bewohner/Angehörigen sieht anders aus.

Bringen wir uns aktiv ein, machen wir uns nicht weiter mitschuldig!

Es folgt demnächst: „Gesundes Umdenken“