Vorsorgen kann unwirtschaftlich werden
Jeder wünscht sich, den Ruhestand sorgenfrei und aktiv verbringen zu können. Das Augenmerk wird überwiegend auf die ausreichende finanzielle Absicherung gelegt. Gleichzeitig stehen in einer alternden Bevölkerung vermehrt Menschen, insbesondere Frauen und insbesondere in der späten Erwerbsphase, vor der Aufgabe, Erwerbsarbeit und familiäre Pflegeaufgaben zu kombinieren, weil der Pflegeberuf nicht die gesellschaftliche Anerkennung gefunden hat. „Älter wirst Du sowieso„
Eine starke soziale Sicherung ist entscheidend für einen gelungenen Übergang in den Ruhestand, Kapitel 9 des Sozialberichtes 2024.
Von den Medien wird nicht Kapitel 9 sondern Kapitel 5.4 „Das Vermögen“ herausgestellt. So ist zu lesen: „Zwischen 2010 und 2021 ist das Vermögen der Haushalte in Deutschland im Schnitt um 62 % gestiegen. Von 195.200 €uro auf 316.500 Euro. Die Inflation eingerechnet bleibt ein Zuwachs von 39%“ Weiter heißt es: “Ostdeutsche Haushalte verfügen allerdings mit 150.900 Euro über ein deutlich geringeres Vermögen als westdeutsche Haushalte mit 359.800 Euro“ so NRZ/WAZ vom 7.11.2024 laut dpa. Diese Aussage dient nicht zur Befriedung, jedoch zur Vertiefung der Spaltung zwischen Ost und West und verharmlost gleichzeitig die fehlende Planung und altengerechte Ausstattung; Geld ist genug da, jeder kann seine Bedürfnisse umsetzen.
Zur Wahrheit gehört:
Fast die Hälfte (46,4 %) der armutsgefährdeten Bürger können keine private finanzielle Vorsorge fürs Alter betreiben und sind froh, über die Runden zu kommen. Das von der FDP angedachte Altersvorsorgekonzept kommt für die vorgenannten nicht in Betracht; sie sind auf Dauer auf staatliche Hilfe angewiesen.
Die Frage, ob ausreichend finanziell für das Alter vorgesorgt wird, greift zu kurz.
- Wie steht es um die Barrierefreiheit in den Wohnungen bei nachlassenden körperlichen Fähigkeiten?
- Welche nachbarschaftlichen Kontakte werden zur gegenseitigen Unterstützung gepflegt.
- Wie weit sind Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten und Betreuungsvollmachten verbreitet?
- Welche Pflege kann in der Häuslichkeit geleistet werden.
Warum befasst sich nur jeder Zweite mit seinem letzten Willen. Welches Denken herrscht vor? Nach mir die Sintflut, ich habe nichts zu vererben oder ich habe entsprechend vorgesorgt. Ist es die Angst über den Tod und die Hinterbliebenen nachzudenken oder die Pflegebedürftigkeit und die notwendige Barrierefreiheit in den eigenen vier Wänden zu planen.
Eine verbreitete Art der verantwortlichen Vorsorge, neben den Renteneinkünften waren und sind Immobilien: Tatsächlich besitzen fast zwei Drittel (62,7 %) der Deutschen zwischen 45 und 64 Jahren ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück. Die Motivation das Familienglück mit Kindern in ausreichenden Räumlichkeiten. Sehr oft hart erspart durch Überstunden, preiswerte Urlaube, statt Kultur, Kunst und Weiterbildung, preiswerte gemeinsame Familienausflüge. Der neue Lebensabschnitt Ruhestand und die gesellschaftliche Teilhabe wird oft nicht vor dem Ende der Berufstätigkeit angegangen.
Mit Renteneintritt
Die geregelte Struktur der Wochentage entfällt. Wer sich eine Wohnung, ein Haus vom Munde abgespart hat, erhält durch die fehlende Kaltmiete jetzt den entsprechenden geldlichen Vorteil und kann diesen einsetzen. Was sich andere eventuell, während der Berufszeit gegönnt haben, kann in der neuen Freizeit befreiter geplant, die langersehnten Urlaube können nach Möglichkeit nachgeholt werden. Die Enkelkinder können betreut, Freundschaften gepflegt werden. Wer im Beruf vorausschauend planen musste, wird auch den neuen Lebensabschnitt und die soziale Teilhabe aktiv planen und gestalten.
Bereits 2012 wurde von der Europäischen Union vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung das Jahr für „Aktives Altern und der Solidarität zwischen den Generationen“ ausgerufen. „Aktives Altern“ meint dabei mehr als die körperliche Fitness der älteren Generation, es zielt vor allem auf die aktive Beteiligung am gesellschaftlichen Leben.“ So im Vorwort „Lebensphase Alter gestalten – Gesund und aktiv älter werden“ im 45 Tagungsband der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind nur teilweise in Fachgremien bekannt und keine allgemeine Erkenntnis. Vielleicht erklärt sich auch deshalb, dass wenige Bildungseinrichtungen entsprechende Seminare wie: „Ich gehe in den Ruhestand“ anbieten. Oder: „Die Rente steht vor der Tür. Wie gestalte ich meine neue Freiheit? Wie gehe ich meinen Weg weiter?“ Dazu die Angebote der VHS vor Ort.
Bei Pflegebedürftigkeit
Wer sich einmal aufrafft, seinen Geist in einem anerkannten Seminar in der Diskussion mit anderen zu fordern, wird erkennen, es lohnt sich Urlaub und Bildung zu vereinen. Wer sich körperlich und geistig fit hält, verlängert sein Leben. Ob dadurch die Pflegebedürftigkeit entfällt, steht in den Sternen, sie kann aber herausgezögert werden.
Solange der Ehepartner lebt, lässt sich die Pflege in den eigenen Vier Wänden organisieren. Wenn jedoch ein Heimplatz erforderlich ist, beginnt spätestens ein neuer Lebensabschnitt, der sehr selten rechtzeitig angedacht oder gar überlegt wird. Sei es auch, weil die Medien ein schlechtes Bild zeichnen, sei es weil „ambulant vor stationär“ vom Gesetz mit der „Heimbedürftigkeit“ vorgegeben ist.
Wer hat schon eine eigene Rente von über 3.000 € und mehr. Dieser Betrag ist monatlich bereits für einen Heimplatz aufzubringen. Wer Sozialhilfe in Anspruch nehmen kann, erhält dazu noch ein monatliches sogenanntes „Taschengeld“ als Barbetrag nach 27b SGB XII in Verbindung mit § 28 SGB XII zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft von derzeit 152 € (27% von 563 €). Nur wenige Rentner können wirklich 1.824 € im Jahr für ihr gesellschaftliches Engagement ausgeben.
Wir wollen mit der Darstellung keine Angst schüren. Wir wollen zum rechtzeitigen Nachdenken und Planen anregen, der Zukunft ins Auge zu sehen. Auch für den Fall, dass eine Pflege notwendig ist, sei es in der eigenen Häuslichkeit oder in einer der raren Einrichtungen. Die Barrierefreiheit in der Häuslichkeit und im öffentlichen Bereich ist notwendig. nicht erst bei Pflegebedürftigkeit.
Der Beitrag wird unter dem Aspekt „Ungleichheit im Alter“ am 13.12. weiter fortgesetzt, zuvor erscheinen die Dezember NEWS