Vorsorgen kann unwirtschaftlich werden,
Fortsetzung vom 29.11.24
bei Pflegebedürftigkeit und notwendiger Heimunterbringung; es heißt:
Vor staatlichen Leistungen ist das Vermögen einzubringen.
Es stellen sich grundsätzliche Fragen spätestens vor Aufnahme in eine stationäre Pflege-Einrichtung.
Welches Vermögen darf trotz Unterstützung durch Sozialhilfeleistungen behalten werden?
Das Vermögen der Ehepartner muss grundsätzlich eingesetzt werden, bevor Sozialhilfeleistungen möglich sind (§ 90 SGB XII). Es gibt jedoch Vermögensteile, die geschützt sind. Es werden als sogenanntes „Schonvermögen“ bezeichnet.
Geldvermögen
Der sogenannte „Vermögensschonbetrag“ beträgt pro Person 10.000 €. Das bedeutet, ein Ehepaar darf zusammen maximal 20.000 € behalten, üblich sind 15.000 €. Die zuständige Behörde hat oft einen Ermessenspielraum, insbesondere in Härtefällen.
Nicht einzusetzen sind u.a. (§ 90 Abs.2 SGB XII):
- staatlich geförderte Altersvorsorgevermögen (z.B. durch eine Riesterrente).
- Bestattungsvorsorgeverträge oder Sterbegeldversicherungen nicht als einzusetzendes Vermögen betrachtet, soweit sie erkennbar nur für die Bestattungskosten bestimmt sind und vor dem Leistungsbezug abgeschlossen wurden. Hierfür werden Beträge bis ca. 5.000 € für die eigene Bestattung und bis ca. 10.000 € für beide Ehepartner akzeptiert.
- ein eigenes Auto, soweit der aktuelle Wert angemessen ist (bis ca. 15.000 € Gebrauchtwagen-Wert). Das Auto muss also nicht verkauft werden. Betriebskosten wie Tanken, Versicherung und Steuer müssen jedoch von dem verbleibenden Einkommen bezahlt werden (siehe übernächster Abschnitt).
Darüber gehende Ersparnisse müssen für die Heimkosten eingesetzt werden. Zum Geldvermögen zählen neben Aktien etc. auch z.B. kapitalbildende Lebensversicherungen. Dauert die Auflösung länger bzw. kann kein sogenanntes Policendarlehen direkt bei der Versicherung aufgenommen werden, kann die Sozialhilfe in dem Umfang auch zunächst darlehensweise gegen Abtretung in der erforderlichen Höhe gewährt werden. Damit besteht für Sozialhilfeleistungen keine Rückzahlungspflicht für den zu Hause lebende Ehepartner, wenn der im Heim lebende Partner stirbt und die hohen Heimkosten wegfallen.
Eine Rückzahlungspflicht gibt es nur, wenn die Leistungen darlehensweise gewährt werden oder bei der Rückzahlungspflicht durch Erben. Durch die juristischen Feinheiten ist vorsorglich ein Rechtsanwalt zu bemühen.
Schenkungen (also z.B. größere Geldgeschenke an Kinder) innerhalb der vorangehenden zehn Jahre, die aufgrund der Prüfung von Kontobewegungen nachgewiesen werden können, müssen vom Beschenkten zurückerstattet werden (gegebenenfalls in Raten, außer er ist dazu nicht in der Lage). Ausgenommen sind sogenannte Pflicht- und Anstandsschenkungen, wie z.B. ein angemessener Geldbetrag zu besonderen Anlässen. Die Einsicht in eigene Konten muss den Sachbearbeitern gewährt werden und Vermögenswerte müssen offengelegt werden. Hinweis: Es empfiehlt sich grundsätzlich, besondere Anschaffungsbedarfe (wie z.B. eine neue Waschmaschine) vor dem Kauf mit dem Sozialamt abzustimmen.
Sachvermögen, Wohnung oder Haus (§ 90 SGB XII)
Ein Haus oder eine Eigentumswohnung in angemessener Größe gehört auch zum Schonvermögen, solange die leistungsberechtigte pflegebedürftige Person, ihr Ehe- oder Lebenspartner (oder ein minderjähriges Kind) darin weiter wohnt (§ 90 Abs. 2 Nr.8 SGB XII). Bis zu einer Größe von ca. 80-90 qm und einem Grundstück bis zu 500-800 qm gilt als angemessen. Haus oder Wohnung müssen daher in der Regel nicht verkauft werden, um die Heimkosten zu bezahlen, wie oft angenommen wird.
Sind Wohnfläche oder Grundstück größer und nicht teilbar, werden Sozialhilfeleistungen meist darlehensweise ausgezahlt. In der Regel wird das erst veranlasst, wenn die angemessene Größe um mehr 10 % überschritten wird. Das Darlehen ist zinsfrei und entspricht dem Verkehrswert der überzähligen Wohnfläche. Zur Sicherung des Darlehens bzw. der späteren Rückzahlung muss in der Regel eine Grundschuld zugunsten des Sozialhilfeträgers in der Höhe eingetragen werden. Nachdem die Sozialhilfeleistungen bis zur Höhe des Darlehens ausgezahlt sind, werden weitere Leistungen ohne Rückzahlungspflicht gewährt. Nur das Darlehen muss später zurückgezahlt werden. Die Rückzahlung kann auf Antrag gestundet und auf zumutbare monatliche Raten verteilt werden. Sobald weder die leistungsberechtigte Person noch ihr Ehepartner oder ein minderjähriges Kind im Wohneigentum mehr wohnen, ist das Haus oder die Wohnung nicht mehr geschützt und muss fortan für die Bezahlung der Heimkosten eingesetzt werden. Die Sozialhilfeleistungen werden dann eingestellt. Ausnahme: Wohnen bereits vor dem Tod der leistungsberechtigten pflegebedürftige Person weitere Verwandte zusammen mit ihr oder zusammen mit ihrem Ehe- oder Lebenspartner (oder einem minderjährigen Kind) in der Wohnung, bleibt das Wohneigentum auch geschützt, solange diese Verwandten dort wohnen (also auch nach dem Tod beider Ehepartner, hierzu auch BGH Urteil vom 6.2.13 XII ZB 582/12, Rdnr. 24).
Schonvermögen ist auch ein angemessener Hausrat ( §90 Abs.2 Ziff. 4 SGB XII) und Dinge, die nicht als Luxusgegenstände zu betrachten sind. Sie müssen nicht verkauft und der Erlös nicht vorab für die Heimkosten eingesetzt werden.
Rückzahlungspflicht durch Erben (§ 102 SGB XII).
Grundsätzlich entsteht eine Rückzahlungspflicht für die Erben einer leistungsberechtigten Person (Kostenersatz durch Erben, § 102 SGB XII). Sie müssen bis zur Höhe des Erbvermögens Sozialhilfeleistungen der zurückliegenden 10 Jahre zurückzahlen. Dies betrifft insbesondere das Erbe aus seither geschütztem Vermögen wie z.B. Erbanteile vom Haus. Selbst wenn der nicht pflegebedürftige Partner dort weiterhin wohnt, ist er zur Rückzahlung in Höhe seines Erbanteils (entsprechend dem Verkehrswert des Hauses) verpflichtet. Die Rückzahlung wird dann gegebenenfalls in zumutbaren Raten gestundet. Auch die Erben des Ehe- oder Lebenspartners der leistungsberechtigten Person sind von der Rückzahlungspflicht betroffen, aber nur, wenn der Ehepartner vor der leistungsberechtigten Person stirbt
Insbesondere
- Leistungen die ausdrücklich darlehensweise gewährt wurden, hier ist der Darlehensbetrag zurückzahlen, wurde
- wurde aufgrund falscher oder unvollständiger Angaben zu Einkommen und Vermögen zu viel Sozialhilfe gewährt, kann eine Rückzahlungspflicht oder das Aussetzen weiterer Zahlungen eintreten.
Der erbende Lebenspartner im Pflegeheim, der Sozialhilfeleistungen erhält, ist nicht von der Rückzahlungspflicht betroffen.
- Erbt die leistungsberechtigte Person etwas von ihrem zu Hause lebenden Ehepartner (oder von anderen Personen), muss sie aus diesem Erbe grundsätzlich keine Rückzahlungen leisten, aber sie muss von dem Erbe die künftigen Heimkosten tragen und die Sozialhilfeleistungen werden von da an eingestellt (bis das Erbe aufgebraucht ist).
Wichtig
Wurde das Wohneigentum bereits vor dem Tod eines Ehepartners z.B. an die eigenen Kinder innerhalb der 10 Jahresfrist verschenkt, müssen die Kinder das Wohneigentum für die eventuellen Rückforderungen des Sozialamts einsetzen, auch wenn sie es dann nicht erben (§ 528 BGB Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers). Die Rückzahlungspflicht der Erben besteht aber selbstverständlich nur bis zur Höhe des tatsächlich verfügbaren Erbes. Schulden und andere bestehende Verbindlichkeiten des Erblassers werden abgezogen. Ebenso sind Bestattungskosten und Kosten der Nachlassverwaltung, Nachlasssicherung und der Suche nach Gläubigern abziehbar. Nicht abgezogen werden können Kosten für die Testamentseröffnung und Erbscheinerteilung. Auch Kosten für die nachfolgende Grabpflege können nicht abgezogen werden. Neben diesen Abzügen wird grundsätzlich noch ein Freibetrag angerechnet. Er entspricht der Höhe des Sechsfachen der Regelbedarfsstufe 1 (3.378 € in 2024). Weiterhin kann für den Lebenspartner oder einen Verwandten der pflegebedürftigen Person, der mit der pflegebedürftigen leistungsberechtigten Person nicht nur vorübergehend bis zu ihrem Tod in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und sie gepflegt hat, ein weiterer zusätzlicher Freibetrag von 15.340 € geltend gemacht werden. Verstirbt der im Heim lebende Partner und der zu Hause lebende Partner erbt von ihm seinen Miteigentumsanteil des Hauses (z.B. die Hälfte des Hauses), muss er diesen Vermögensanteil bis zur Höhe der Zahlungen des Sozialamtes der zurückliegenden zehn Jahre ebenso aus dem Erbe zurückzahlen. Damit der Partner durch die Rückzahlungspflicht aus dem Erbe nicht unangemessen belastet wird, werden die bisherigen Lebensverhältnisse berücksichtigt und gegebenenfalls wird eine zeitliche Verschiebung der Zahlungspflicht (Stundung), unter Umständen mit Ratenzahlung über einen längeren Zeitraum vereinbart (in der Regel zinsfrei). Auch der zahlungspflichtige Erbe kann zur Höhe einer Ratenzahlung Vorschläge machen. Als finanzielle Sicherheit wird das Sozialamt in dem Fall die Eintragung einer Grundschuld zugunsten des Sozialhilfeträgers auf das Haus beim Grundbuchamt verlangen (bis maximal zur Höhe des Rückzahlungsbetrags). Ausnahmen von der Rückzahlungspflicht:
• Erbt die leistungsberechtigte pflegebedürftige Person von ihrem Ehe- oder Lebenspartner, entsteht für sie keine Rückzahlungspflicht (§ 102 Abs. 1 Satz 4). Die Sozialhilfeleistungen werden aber eingestellt bis das Erbe verbraucht ist.
• Soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde (§ 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII). Eine besondere Härte kann in den finanziellen Verhältnissen oder in der Person des Erben begründet sein und muss ein außergewöhnlicher Umstand sein. (siehe auch LSG Baden-Württemberg: Urteil vom 22.12.2010 – L 2 SO 5548/08; BSG: Urteil vom 27.02.2019 – B 8 SO 15/17 R, Rn. 23; SG München: Endgültiges Urteil vom 07.04.2022 – S 46 SO 304/17, Rn 27).
Wir wollen und können nur:
- einen Einstieg mit Grundüberlegungen bieten und
- möchten auf die rechtzeitige Regelung hinweisen.
Oft haben die kreisfreien Städte und Kreise entsprechende Ausarbeitungen als Verfahrensvorschriften im Internet eingestellt. Die Grundsätze müssen nicht immer den Einzelfall abbilden, vorsorglich ist entsprechende Rechtsberatung bei einem Fachanwalt einzuholen.
Die beiden Beiträge sollen provokant darauf hinweisen:
Vorsorgen kann aus rein wirtschaftlicher Betrachtung unwirtschaftlich werden.
Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich nicht nur die Millionäre, auch die Beamten und Abgeordneten aus der notwendigen Solidarität verabschiedet haben. 10 Prozent der Bürger sie sind privatversichert, überwiegend von der notwendigen Beantragung der Sozialhilfe befreit. Darüber versprechen die Abgeordneten vor der Wahl Wohltaten für alle Bürger, greifen später ungestraft in die Renten- und Pflegekassen und erhöhen die Umlage der Sozialversicherten bis zur Höhe der Bemessungsgrundlage, statt die Gesundheitsvorsorge als Staatsaufgabe wie in anderen europäischen Ländern zu betrachten.