Unbekannter Verbraucherschutz
Die Ergebnisse der Kommunalwahlen gelten für die nächsten fünf Jahre. Die Beiräte der Senioren und Behinderten sind gefordert. Die Bewohner in Pflegeeinrichtungen brauchen ihre Hilfe! 💡
Heimentgelte fallen nicht vom Himmel
Als Bundes-Sozial-Minister (CDU) Norbert Blüm die Pflegeversicherung 1994 nach 12 jähriger Diskussion eingeführt hat, bezog sich der Begriff Teilkostenversicherung allein auf den stationären Bereich ohne Pflege. In der Häuslichkeit wurde seit Beginn an nur ca. die Hälfte als Pflegegeld ohne nähere Begründung ausgezahlt. In Österreich wurden zur gleichen Zeit bereits 5 Pflegestufen mit einem gestaffelten Pflegeentgelt eingeführt. Anspruchssteller und Empfänger ist allein der betroffene Versicherte, er entscheidet über die Ausgaben und kann theoretisch bei Schlechtleistung über notwendige Einbehalte verfügen. Doch was wurde schlecht geleistet, die Pflege, das Essen, die Unterkunft. Schlechte Leistung kann oft nicht nachgeholt werden und ist in aller Regel schwer zu beweisen. Wer auf die Unterstützung der Pflegekasse oder des Sozialamtes hofft, wird lange warten.
Die Einrichtungen erhalten die Pauschal-entgelte der verhandelten Pflegekosten direkt als sogenannte Sachleistung von einer der 1994 eingeführten Pflege-Kasse. Die übrigen Kosten für Unterkunft & Verpflegung werden unter Federführung der Pflegekasse gleich mit verhandelt. Der überörtliche Sozialhilfeträger, in Ausnahmefällen der örtliche Sozialhilfeträger, sitzt als Beteiligter dabei. Die Investitionskosten (Kaltmiete) wurden und werden vom jeweiligen Land berechnet und als Verwaltungsakt verbindlich festgestellt. Diese Hotelkosten (Unterkunft & Verpflegung und Investition) müssen vorrangig vom Bewohner übernommen werden.
Wer kennt die Preise 2001/2002
Zahlen aus 2001/2002 einer 1852 gegründeten Stiftung, die mit Angebot und Leistung über dem Durchschnitt lag.
Pflegekosten täglich 37,62 € * 30,42 = 1.144,40 €
Hotelkosten täglich 36,51 € * 30,42 = 1.110,63 €
Was Norbert Blüm seinerzeit als Teilkasko-Versicherung konzipiert hat, wird heute als Vollversicherung gefordert, die volle Übernahme der Pflegekosten. Dies auch mit Blick in die Zukunft. Nur wenn Pflegepersonen zu Hause und in den Einrichtungen gewürdigt und entsprechend entlohnt werden, kann eine Pflege ambulant oder stationär gesichert werden.
Wichtig: Eigenanteile im stationären Bereich sind zu begrenzen.
Die sogenannten Hotelkosten, werden als ersparte eigene Lebenshaltungs-Kosten gesehen. Dies gilt für Unterkunft und Verpflegung. Doch gilt dies in vollem Umfang bei Fremdvergabe. Wer denkt da nicht an mögliche Verschleierungen und Kostentreibern durch direkte oder indirekte Auslagerungen (Fremdkosten mit Verrechnungskosten). Die Investitionskosten sind faktisch die große „Manipulier-Masse“ des Betreibers/Investors. Werden die gewährten Gelder nicht in die Erhaltung der Substanz direkt gesteckt oder durch Rückstellungen gesichert, sondern im laufenden Betrieb verbraucht oder gar als Gewinn entnommen. Ein Blick in die veröffentlichte Bilanz hilft nur weiter, wenn die Einrichtung als eigenständiges Unternehmen geführt wird.
Insider werden entgegenhalten: die Kosten werden zu üblichen kaufmännischen Bedingungen berechnet. Dies stimmt größtenteils, solange keine Miet- und Pachtverträge zu Grunde gelegt und die Mittel zweckentsprechend verwandt werden. Die (Einzel)Bilanz jeder Einrichtung nach der extra erlassenen Pflegebuchführungs-Verordnung zeigt auf, ob die notwendigen Investitionsrücklagen gebildet und auch dafür verwandt werden. Eine Prüfung in den überwiegenden Fällen, unabhängig vom jeweiligen Träger, wird ergeben, dass die 2 Prozent der vormaligen Gebäudeerstehungskosten nicht zur Substanzerhaltung genutzt werden und entweder im laufenden Betrieb verausgabt oder als Gewinn entnommen werden. Dieser Umstand vergrößert sich bei den Privatinvestoren, die nach dem Mietmodell und den Marktmieten abrechnen. Das Land NRW hat bereits 2017 die Lage erkannt und lässt nur in Ausnahmefällen noch die Mietregelungen zu. Die Auswüchse erkennt man aktuell in der Steigerung der Investitionskosten von 48,1 % in Mülheim/Ruhr einer Einrichtung bis zum 31.12.19 der Maternus AG gehörte und an die Charleston Gruppe veräußert wurde.
Kosten, die normalerweise ein älteres Ehepaar hat
50 Prozent der Deutschen konnten sich ein eigenes Dach im Laufe der Jahre ansparen und leben ohne Kalt-Mieten-Belastung. Die laufende Rente ist auskömmlich für das tägliche Leben. Oft reicht es noch für einen Urlaub. Doch wehe ein Ehegatte wird pflegebedürftig und kann nicht mehr zu Haus versorgt werden. Schnell kommt die Frage: Für was haben wir im Laufe des Lebens denn gespart? Waren wir dumm? Das Haus ist noch „Schonvermögen“, solange ein Ehepartner darin wohnt. Dieser theoretischen Abhandlung sollen Fakten folgen.
Gemittelte Werte aus 2018
Heimentgelte 2018 | ||
Mittelwerte | Oberhausen | Mülheim |
Pflegeentgelt II mtl. | 1.563,76 € | 1.712,14 € |
Pflegeanteil (EEE) des Bewohners | 793,76 € | 942,14 € |
Unterkunft & Verpflegung | 932,25 € | 1.023,96 € |
Investition (Kaltmiete) | 629,76 € | 530,07 € |
Gesamtanteil Bewohner | 2.355,77 € | 2.509,73 € |
Für 2019 und 2020 ergibt sich eine durchschnittliche Erhöhung je Jahr von 3%. Zukünftig wird allein im Pflegebereich eine Steigerung von 36 % notwendig sein.
Mit einer Durchschnitts-Rente kann der Bewohner Unterkunft & Verpflegung zahlen. Für die anerkannten Investitionskosten wird in NRW erleichtert Wohngeld für „Landeskindern“ gewährt. Gilt nicht, wenn der Angehörige aus einem anderen Bundesland zuzieht.
Einige Träger verabschieden sich bereits aus der Anerkennung der Investitionskosten, um die Mietrendite zu sichern, und es entfällt die Möglichkeit des Wohngeldes. Oder es werden exorbitante Investitionskosten von monatlich über 1.000 € durch den Privatinvestor verlangt und genehmigt.
Es ist davon auszugehen, dass Prüfungen der entsprechenden Angaben der Träger auch wegen fehlender Verdachtsmöglichkeiten der Unredlichkeit und fehlender Sanktionsmöglichkeiten entfallen. Zur Kontrolle und sachgerechter Verwendung der zugesagten Gelder, wäre der Bewohnerbeirat die erste unabhängige und mögliche Kontrollinstanz. Es bedarf einer Stärkung des Gremiums. Solange der Heimbeirat allein aus Bewohnern und Angehörigen besteht, ist eine unabhängige Kontrolle nicht gewährleistet. Die mögliche Verbraucherschutzklage über die BIVA ist langwierig und erfordert aktive Angehörige.
Senioren(bei)räte in den Kommunen sind gefragt.
Werden die notwendigen laufenden Investitionskosten, wie es in gut geführten Einrichtungen üblich ist, veranlasst und aus den Rücklagen bezahlt oder verkommt die Gebäudesubstanz. Dies erkennen die Angehörigen und der Heimbeirat, Besucher merken es an der Atmosphäre. Bevor Bewohner eine Mietminderung vornehmen, sollte das mildere Mittel durch die Stärkung und Vermittlung des Heimbeirates gesehen werden. Die Stärkung muss in unserer aller Interesse liegen.Die Ausführungen sind nicht nur eine theoretische Abhandlung, in England sind die Ergebnisse der Privatinvestoren in die Altenhilfe zu besichtigen. Der Substanzverlust zwingt die Kommunen die Einrichtungen zwangsweise in die staatliche Obhut zu nehmen, um die Pflege gewährleisten zu können.
Den Gefahren mit bestehenden Mitteln begegnen!
Bewohnerbeiräte sind nach Gesetz gefordert, ihre Unterschrift unter das Erhöhungsverlangen der Einrichtung zur Verhandlung mit den Pflegekassen zu geben. Doch wissen sie, was sie tun? Siehe dazu „Heimentgelte und Bewohnerbeirat“
Dürfen wir weiter zusehen und warten bis die Einrichtungen ausgeplündert wurden? In London ist die Kommune bereits gefordert, die Schrottimmobilien wieder als Einrichtungen zu ertüchtigen. Bei Wunsch können Daten und Fakten näher erläutert, Ausblicke erarbeitet werden. Wie Heimentgelte sich zusammensetzen, kann und muss transparent aufgezeigt werden.
„Seid Täter des Wortes und nicht Hörer allein, sonst betrügt Ihr Euch selbst.“
Kontrolle ist möglich und wichtig
Zwei Seminare in Königswinter:
„Hilferuf für die Schwächsten“ vom 5. bis 7. März 2021 und
„Hilfe den Helfern“ vom 3. bis 7 Mai 2021 siehe unter Veranstaltungen.
Für Rückfragen stehen wir zur Verfügung! [contact-form][contact-field label=’Name‘ type=’name‘ required=’1’/][contact-field label=’E-Mail‘ type=’email‘ required=’1’/][contact-field label=’Kommentar‘ type=’textarea‘ required=’1’/][/contact-form] War der Beitrag informativ, sagen Sie es weiter, nutzen die nachfolgenden Möglichkeiten. Verpassen Sie keinen Beitrag, melden Sie sich zum kostenlosen Newsletter an.