Finanzielle Überlastung der Menschen in Pflegeheimen Teil II

Fortsetzung:

Oder Schonvermögen und Elternunterhalt

Pflegewohngeld: Reichen Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen oder der Angehörigen nicht aus, den Eigenanteil an den Investitionskosten (Kaltmietenanteil) zu decken, kann in einigen Bundesländern Pflegewohngeld beantragt werden, wenn der Investitionskostenanteil per Verwaltungsakt beschieden ist. Der Antrag muss jährlich durch die Einrichtung neu gestellt werden. Das Geld fließt direkt an die Einrichtung.

Anspruch auf Schonvermögen des Pflegebedürftigen

Dem Pflegebedürftigen und seinem Ehe oder Lebenspartner steht ein Schonvermögen in Höhe von jeweils 5.000 Euro zu. Eine angemessene Immobilie, die sich im Besitz des Pflegebedürftigen befindet und vom Ehe oder Lebenspartner bewohnt wird, zählt ebenfalls zum Schonvermögen (siehe § 1 – Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch).

Angehörige aufgepasst

Angemessener Selbstbehalt des Angehörigen

Reichen Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen nicht, um die Pflege und Heimkosten zu bezahlen, müssen die Angehörigen einstehen. Zuerst der Ehe-und Lebenspartner und dann zum Glück nicht mehr die Kinder. Dies sollte jedoch zu keiner erheblichen Absenkung des Lebensstandards der Angehörigen führen. Aus diesem Grund wird auch ihnen ein Selbstbehalt beim Einkommen und Vermögen zugestanden. Dieser belieft sich bis zum 31.12.2019 bei unterhaltspflichtigen Kindern auf 1.800 Euro des bereinigten Nettoeinkommens (siehe: Düsseldorfer Tabelle – Verwandtenunterhalt). Jeder Cent darüber wird zu 50 Prozent für die Pflege und Heimkosten der Eltern herangezogen. Verheiratete oder verpartnerte Kinder können zusätzlich 1.440 Euro des Partners hinzurechnen, macht insgesamt einen monatlichen Schonbetrag in Höhe von 3.240 Euro. Leben unterhaltspflichtige Kinder im Haus, kommen weitere Freibeträge hinzu. 

Ab dem 1.1.2020 gilt ein Jahres-Freibetrag von 100.000 € 

Eine von den unterhaltspflichtigen Kindern selbst bewohnte und angemessene Immobilie muss nicht veräußert werden. Allerdings wird eine ortsübliche Miete als fiktives Einkommen dem monatlichen Einkommen hinzugerechnet. Übrigens: Immobilienbesitzer können Rücklagen für die Sanierung einer selbst genutzten Wohnung oder eines Hauses beim Selbstbehalt anrechnen. Zudem muss auch ein Fonds oder Sparvermögen der Unterhaltspflichtigen nicht aufgelöst werden. Dies kann als Rücklage für die eigene Altersabsicherung geltend gemacht werden. In der Regel werden beim Schonvermögen fünf Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter gerechnet zuzüglich einer Verzinsung von vier (4) Prozent (siehe: Entscheidung des Bundesgerichtshof von 30.08.2006-XII ZR 98/04)

Fällt eine Immobilie unter das Schonvermögen: Am besten geschützt ist Vermögen, das Sie in ein selbst genutztes Eigenheim oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung investiert haben (BGH, Urteil vom August 2013, Az, XII ZB 269/12).

Selbst genutztes Wohneigentum bleibt bei der Vermögensbewertung für den Elternunterhalt zwar nicht völlig unberücksichtigt, weil das zu einer ungerechtfertigten Besserstellung von Immobilienvermögen führen würde. Sie können aber nicht gezwungen werden, es zu verkaufen. Denn Sie müssen für die Zahlung von Elternunterhalt keine spürbare und dauerhafte Senkung Ihres berufs- und einkommenstypischen Lebensstandards hinnehmen.

Eingesparte Mietkosten und Wohnwert: Wenn Sie in Ihrem eigenen Haus oder der eigenen Wohnung leben, müssen Sie allerdings die ersparten Mietkosten als zusätzliches Einkommen hinzurechnen. Dabei ist nicht die erzielbare Marktmiete anzusetzen, sondern ersparte Mietkosten oder der sogenannte Wohnwert (BGH, Oktober 2012, AZ. XII ZR 17/11).

Beispiel: Die unterhaltspflichtige Tochter lebt mit ihrem Mann in einem eigenem Haus mit 150 Quadratmeter Wohnfläche. Die beiden Kinder sind bereits ausgezogen. Der objektive Mietwert des Hauses beträgt 1.400 Euro monatlich. Nach den aktuellen finanziellen Verhältnissen und den Wohnbedürfnissen für zwei Personen wäre eine Wohnung von 75 Quadratmetern angemessen. Für eine solche Wohnung beläuft sich die ortsübliche Miete in einer vergleichbaren Wohnlage auf 850 Euro. Für die Berechnung des Elternunterhalts ist ein Wohnvorteil von 850 Euro als fiktives Einkommen in der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen.

Ist die Immobilie noch nicht abgezahlt, sind nicht nur Zinsen sondern auch Tilgungsleistungen von den ersparten Mietkosten abzugsfähig, obwohl sie eigentlich der Vermögensbildung dienen. Wer in einer noch nicht abgezahlten, Immobilie wohnt, muss sich deshalb viel weniger als die ersparten Mietkosten anrechnen lassen.

Rücklagen für Sanierungsarbeiten: Sie können außerdem Rücklagen für Sanierungsarbeiten und Modernisierungsarbeiten zur Erhaltung der selbst genutzten Immobilie bilden, ohne dass diese Mittel für den Elternunterhalt herangezogen werden. Voraussetzung ist, dass Ihre gegenwärtigen Lebensverhältnisse eine Rücklage sinnvoll erscheinen lassen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einem Fall einen Betrag von rund 160.000 Euro an Rücklagen für den Elternunterhalt nicht berücksichtigt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juni 2012, Az, II-9 UF 190/11).

Zählen Vermögenswerte zur Altersvorsorge zum Schonvermögen?

Die Rechtsprechung gestattet es Ihnen, zur eigenen Alterssicherung notwendige Beträge zurückzulegen. Das können Beiträge zu einer Lebensversicherung oder einer Riester-Rente sein. Solche Vermögenswerte müssen Sie nicht auflösen oder anbrechen, um Ihren Eltern Unterhalt zu zahlen. Für angemessen hält der Bundesgerichtshof (BGH) ein Altersvorsorgevermögen, das 5 (fünf) Prozent des gegenwärtigen Bruttoeinkommens entspricht, welches sich mit jährlich 4 (vier) Prozent für jedes Ihrer Berufsjahre verzinst. Diese Zinssatz gilt laut BGH auch angesichts der derzeit gesunkenen Renditen, er kann nicht einfach so auf 3 (drei) Prozent herabgesetzt werden (Urteil vom 7. August 2013, Az. XII ZB 269/12).

Wie berechnet sich der Freibetrag für die Altersvorsorge?

Ihren Freibetrag für das Altersvorsorgevermögen berechnen Sie, indem Sie Ihr Jahresbruttoeinkommen und Ihre geleisteten Berufsjahre heranziehen. Sie berechnen dazu 5 Prozent des Jahresbruttoeinkommens. Die errechnete Summe multiplizieren Sie mit den noch ausstehenden Berufsjahren und verzinsen den gesparten Eurobetrag mit 4 Prozent pro Jahr. So erhalten Sie Ihren individuellen Freibetrag.

So hoch ist der Freibetrag

Jahresbruttoeinkommen     davon 5%     Berufsjahre     Verzinsung       Freibetrag

40.000 Euro                         2.000 Euro          20                     4%                   62.000 Euro

40.000 Euro                         2.000 Euro          30                      4%                 116.000 Euro

50.000 Euro                         2.500 Euro           20                      4%                   77.000 Euro

50.000 Euro                         2.500 Euro           30                      4%                 146.000 Euro

60.000 Euro                         3.000 Euro           20                      4%                   93.000 Euro

Quelle: Finanztip- Berechnung (Stand: September 2018)

Welche Berufsjahre in die Rechnung einbezogen werden, ist nicht ganz klar. Es gibt Finanzgerichte, die pauschal von 35 Berufsjahren ausgehen, andere berechnen das Schonvermögen mit den tatsächlich zurückgelegten Berufsjahren.

Wie Sie Ihr Altersvorsorgevermögen anlegen, spielt keine Rolle. Die Anlage auf einem einfachen Sparkonto gilt bereits als Altersvorsorge (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Juni 2012, Az. II-9 UF 190/11). Auch andere Ersparnisse, die nachweislich der Altersvorsorge dienen, beispielsweise Lebensversicherungen oder Wertpapiere, bleiben als Schonvermögen unberührt.

Selbst eine Immobilie, die Sie vermietet haben, kann als private Altersvorsorge geschützt sein, wenn Sie nicht anderweitig vorgesorgt haben: Sie müssen die Immobilie nicht veräußern, wenn Sie mit den Mieteinkünften ihre Altersversorgung sichern wollen. Übersteigt Ihr tatsächliches Altersvorsorgevermögen den Freibetrag, wird der darüber hinausgehende Teil für den Elternunterhalt herangezogen.

Rücklagen für ein neues Auto müssen nicht für den Elternunterhalt ausgegeben werden, wenn das vorhandene, für Fahrten zur Arbeit notwendige Auto so alt ist, dass die Anschaffung eines Neuwagens im Hinblick auf absehbare Reparaturen wirtschaftlich sinnvoll ist. Das zuständige Sozialamt kann Sie auch nicht zwingen, dafür stattdessen einen Kredit aufzunehmen, weil das unwirtschaftlich wäre (BGH, Urteil vom 30. August 2006, Az. XII ZR 98/04).

Da die Berechnung des Schonvermögens unterhaltspflichtiger Kinder von verschiedenen Faktoren abhängt und individuell berechnet werden muss, ist dies nicht selten ein Fall für Auseinandersetzungen vor Gericht. Wenn es nach den Plänen der aktuellen Regierungskoalition geht, sollte dies bald der Vergangenheit angehören. Laut Koalitionsvertrag soll künftig das Einkommen und Vermögen bis pauschal 100.000 Euro geschützt werden.

Pflegeheimkosten steuerlich absetzen

Die Kosten für krankheitsbedingte Unterbringung in einem Altenheim oder Pflegeheim können in der Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Wird jedoch für die Unterbringung der private Haushalt aufgelöst, können die Ausgaben aber nicht in voller Höhe berücksichtigt werden. Das bedeutet: Es können nur die Kosten geltend gemacht werden, die die üblichen Kosten für einen eigenen Haushalt übersteigen. Das Finanzamt zieht dann eine sogenannte Haushaltsersparnis von den Kosten ab, die sich am Grundfreibetrag und somit am Existenzminimum orientiert. Dabei gilt: Sind beide Ehegatten in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden dieser Ehegatten eine Haushaltsersparnis steuerlich anzurechnen ( Bundesfinanzhof BFH Az.: VI R 22/16).

Kinder, die für ihre Eltern Pflege- und Betreuungskosten übernehmen, können diese Aufwendungen in ihrer Einkommensteuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistung geltend machen. Dabei gibt es eine wesentliche Voraussetzung: Der Angehörige muss im Seniorenheim einen eigenen Haushalt führen. Dazu müsse nach Ansicht der Finanzverwaltung auch eine eigene Küche vorliegen. Ob eine Etagenküche in einem Seniorenheim dafür ausreichend ist, wird derzeit vom Bundesfinanzhof geklärt (Bundesfinanzhof, Az.: VI R 19/17).

Dies gilt derzeit. Die Pandemie zeigt: es muss schnell und generell eine zukunftsfähige Lösung für die älter werdende Gesellschaft gefunden werden.  Ein Wegsperren, Wegschauen ist unmenschlich. Ein weiteres Aufschieben der notwendigen Regulierung in der Altenhilfe spaltet, radikalisiert und ist fahrlässig.

Der 20igste Bundestag muss eine sozialverträgliche Lösung finden.

Bereits jeder zweite lebt in einem Singelhaushalt. Darf/kann Altwerden eine lukrative außergewöhnliche Belastung für finanzkräftige Verwandte bleiben?

Ein Rahmen für das öffentliche Gesundheitswesen für Gesundes Altern ist überfällig.

Ziel muss sein:
1. Ausrichtung der Gesundheitssysteme auf die Bedürfnisse der älteren Menschen, denen sie heute und in Zukunt dienen;
2. Entwicklung von Systemen für Langzeitpflege;
3. Schaffung eines altersfreundlichen Lebensumfelds;
4. Verbesserung von Messung, Monitoring und Verständnis

Die demographischen Werte zeigen die Not. Diskutieren Sie mit den Bundestagskandidaten. Bilden Sie sich eine Meinung.

Beitrag wird fortgesetzt werden, bringen Sie sich vorher ein.