Qualität der Pflege(-einrichtung)

Qualität, bei jährlich steigenden Entgelten, ein Geheimnis mit sieben Siegel.

Alle beschweren sich über die ständig steigenden Heimentgelte. Wer kennt die zu erwartende Gegenleistung. Die Rechte und Informationsmöglichkeiten. Der Bundesinteressenvertretung der Pflegebedürftigen und Angehörigen (BIVA) fordert öffentliche Informationen der verhandelten Soll-Personalzahlen und die Offenlegung der wirklich eingesetzten Kräfte. Menschlichkeit, mehr Qualität und eine bedarfsgerechte Versorgung – so lauten die Schlüsselbegriffe zum Thema Pflege im aktuellen Koalitionsvertrag von SPD, GRÜNEN und F.D.P. Qualität ist von und für Menschen.

Die Gegenleistung in der Pflege

Zukünftige Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, Bewohner in Pflegeeinrichtungen, Mieter im „Betreuten oder Service Wohnen“; schließen mit Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse den den Vertrag mit dem jeweiligen Einrichtungsträger. Im Pflege- und Gesundheitsbereich handeln die Kranken- und Pflegekassen für die Versicherten im Vorfeld Rahmenbedingungen unter Beachtung fachlicher, gesetzlicher und behördlicher Standards aus. Sie beeinflussen die zu erbringende Leistung und sind zur Auslegung zu beachten. Die Träger werden aus Kostengesichtspunkten die Anforderungen an eine notwendige Pflege aus ihrer Sicht erfüllen, die Erwartungen der Bewohner/Patienten sieht ein optimales Verhältnis der Leistung zum Entgelt. Bereits hier deutet sich durch die Zielkonflikte ein Missverständnis durch fehlende Information auf Aufklärung an.

Warum ist alles so unübersichtlich und kompliziert?

Deutschland ist ein Sozialstaat und regelt die Ansprüche, die Menschen an das Sozialsystem haben in Gesetzen. Diese geben den allgemeinen Leistungsrahmen vor. Auf der Bundesebene ist das für die Pflege das elfte Sozialgesetzbuch (SGB XI), die gesetzliche Pflegeversicherung. Diese wird ergänzt durch Gesetze auf Länderebene, Verordnungen und Richtlinien, die wiederum in der sogenannten Selbstverwaltung des Gesundheitswesens begründet sind. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben insgesamt zu einer fachlichen Zergliederung geführt, Pflege ist nicht gleich Pflege. Für einen Menschen, der in einem Krankenhaus pflegerische Leistungen erhält, gelten Regelungen aus der Krankenversicherung (SGB V). Für denselben Menschen wird in einem Pflegeheim die pflegerische Situation nach den Regeln der Pflegeversicherung (SGB XI) beurteilt. Wieder anders gestaltet sich Pflege bei anerkannter Behinderung auf Grundlage der Teilhabe-Gesetzgebung (SGB IX), wenn zum Beispiel eine Beeinträchtigung oder Behinderung zu einem Pflegebedarf führt. Wir wollen uns auf die Pflege nach SGB XI konzentrieren.

Der Einzelvertrag

Der Pflegevertrag muss nachweisbar alle Informationen enthalten, die eine genaue Gegenüberstellung von Leistungen und Entgelten ermöglichen. Dies ist entscheidend, weil nur auf dieser Grundlage nicht erbrachte Leistungen eingefordert und Pflegemängel beanstandet werden können oder gemindert werden kann. Auch wenn Pflegeverträge heute nur noch selten ‚grobe Schnitzer‘ beinhalten, kommt es häufig zu Streitigkeiten aufgrund von Unsicherheiten oder höheren Erwartungen. Die nachfolgenden Grundgedanken sind bei ambulanten Pflegeverträge noch wichtiger. Auch hier gilt: die pflegebedürftige Person muss als Vertragspartner genannt werden und kein Angehöriger, Verwandter oder Betreuer. Ein Verweis auf Gesetze etc. reicht nicht.

Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI)

§ 7 Aufklärung, Auskunft

Abs 3 Zur Unterstützung der pflegebedürftigen Person bei der Ausübung ihres Wahlrechts nach § 2 Absatz 2 sowie zur Förderung des Wettbewerbs und der Überschaubarkeit des vorhandenen Angebots hat die zuständige Pflegekasse der antragstellenden Person auf Anforderung unverzüglich und in geeigneter Form eine Leistungs- und Preisvergleichsliste zu übermitteln;   Satz 4 Auf der Internetseite nach Satz 2 sind auch die nach § 115 Absatz 1a veröffentlichten Ergebnisse der Qualitätsprüfungen und die nach § 115 Absatz 1b veröffentlichten Informationen zu berücksichtigen.

§ 72 Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag

(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag). – Abs. 2 Die Quartiersnahe Gesamtversorgung ist anzustreben. –

§ 104 Pflichten der Leistungserbringer

(1) Die Leistungserbringer sind berechtigt und verpflichtet:

  1. im Falle der Überprüfung der Notwendigkeit von Pflegehilfsmitteln (§ 40 Abs. 1),
  2. im Falle eines Prüfverfahrens, soweit die Wirtschaftlichkeit oder die Qualität der Leistungen im Einzelfall zu beurteilen sind (§§ 79, 112, 113, 114, 114a, 115 und 117),

2a.          im Falle des Abschlusses und der Durchführung von Versorgungsverträgen (§§ 72 bis 74), Pflegesatzvereinbarungen (§§ 85, 86), Vergütungsvereinbarungen (§ 89) sowie Verträgen zur integrierten Versorgung (§ 92b),

  1. im Falle der Abrechnung pflegerischer Leistungen (§ 105)

die für die Erfüllung der Aufgaben der Pflegekassen und ihrer Verbände erforderlichen Angaben zu speichern und den Pflegekassen sowie den Verbänden oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen zu übermitteln.

Ergebnis: der Versicherte hat im Pflegefall einen direkten Anspruch gegen seine Pflegekasse, die er aber aktiv anfordern muss. Gegenüber seinem Vertragspartner steht nach dem Gesetz kein direktes Recht zu. Im Einzelfall ist die Hilfe eines Rechtsanwaltes oder der BIVA einzuschalten. Darüber hinaus ist die zuständige Ordnungsbehörde in den Kreisen und kreisfreien Städten zu kontaktieren.

Wohn- und Teilhabegesetz der Länder (WTG)

  • 4 Abs. 1 WTG-NRW Angebote und Leistungen nach diesem Gesetz müssen dem jeweiligen Stand der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und barrierefrei sein. Den individuellen Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer ist, insbesondere wenn sie körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, durch angemessene Vorkehrungen Rechnung zu tragen.

Streit, Missverständnisse sind bei den allgemeinen Aussagen vorprogrammiert, wer kennt den fachlichen, wissenschaftlichen Stand der Erkenntnisse der Pflege und Verpflegung, wenn nicht im Einzelvertrag die Leistungen näher bezeichnet und mit den notwendigen Preisen ausgewiesen sind.

Wissenschaftliche Qualitätsstandards

Verpflegung

Für die Ernährung in Senioreneinrichtungen gibt es wissenschaftlich Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. Wer den 120seitigen Leitfaden liest, wird erstaunt sein, welche Vorschriften gelten. Ein Ansprechpartner für die Überwachung wird nicht genannt. Ausarbeitungen für „das Essen auf Rädern“ sind vorhanden. Hier finden Sie eine Checkliste für die Seniorenverpflegung als aktive PDF-Datei.

Das Essen ist in Senioreneinrichtungen die Abwechslung des Tages. Jeder kann sich darüber ein Bild machen und urteilen. Die Variationen und Angebote in einer Einrichtung sind vielfältiger als in der Häuslichkeit. In den Verhandlungen werden neben den drei Hauptmahlzeiten auch Zwischenmahlzeiten eingeplant und verpreist. Preisbestandteile sind der reine Wareneinsatz, die Zubereitung in einer eigenen Küche mit entsprechendem Personal und die Servicekräfte.

Pflege

Die Pflege ist für Bewohner und Angehörige ohne entsprechende Vorbildung schwer fassbar. Umso wichtiger ist ein Leitfaden, sind Qualitätsstandards notwendig. Standards für die Pflege in Krankenhäusern gibt es. Wissenschaftliche Forschungen im Bereich der Pflegekassen sind spärlich. Pflegequalität muss unabhängig vom Ort der Pflege gewährleistet sein. Sei es in der Häuslichkeit (ambulant) oder in einer stationären Einrichtung. Pflege wird ganzheitlich gesehen, eine Unterscheidung in Grund- und medizinische Pflege wird selten aufgezeigt. Auch 25 Jahre nach der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes ist Qualität in der Pflege in Deutschland ein Lernfeld.

In den Niederlanden kümmert sich seit 2014 das staatliche Zorginstituut um die Qualität in der Pflege. Bei der Festlegung, was gemessen und veröffentlicht wird, entscheiden Patientenorganisationen mit. In der Bundesrepublik sind viele Gesetze und Verordnungen verabschiedet, die den Bürgern sehr oft unbekannt sind, umso wichtiger sind staatliche Kontrollen zur Einhaltung der Gesetze, Verordnungen und Vereinbarungen.

Behördliche Kontrolle

Dem Bürger ist der Wirrwarr in der Zuständigkeit Behörden oft nicht nachvollziehbar und damit unverständlich. Es gelten Gesetze, Durchführungsverordnungen und

In der Häuslichkeit

In der Häuslichkeit ist eine Kontrolle durch den grundrechtlichen Schutz nach Artikel 13 – Unverletzlichkeit der Wohnung – behördlich nur durch einen Richter aufzuheben. Wird die Pflegekasse als Behörde angesehen, könnten die notwendigen Beratungseinsätze für Pflegegeldbezieher, zur Sicherung einer nicht näher ausgeführten Qualität, als Kontrollen angesehen werden. Von den über 4 Millionen zu Hause gepflegten, mussten über die Hälfte Pflegegeld beziehen. Die „Kontrolle“ wird durch ambulante Pflegedienste ausgeführt. Pflegequalität wird nicht in der Häuslichkeit verlangt. Erklären sich so die über 600.000 „24 Stunden“ Pflegekräfte.

In der Einrichtung

Bei der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes 1994/95 kann von einem Markt gesprochen werden. 40 Prozent der Pflegebedürftigen konnten einen Pflegeplatz erhalten. Im Jahre 2022 können maximal 15% einen Pflegeplatz in einer anerkannten Pflegeeinrichtung finden. Angebot und Nachfrage sind nicht mehr ausgeglichen. Was die Niederländer bereits 2014 eingeführt haben, ist in der Bundesrepublik überfällig.

Die Qualität in der Einrichtung soll vom Medizinischen Dienst und von der WTG-Behörde, frühere Heimaufsicht, durch Prüfungen sichergestellt werden.

Medizinische Dienst

Der Medizinische Dienst (MD)/Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. (PKV-Prüfdienst) prüft im Auftrag der Verbände der gesetzlichen Pflegekassen vor Ort, ob die Pflegeeinrichtung die vereinbarten Qualitätsstandards einhält. Der MD und der PKV-Prüfdienst sind unabhängige Prüfinstitutionen. Ihre Gutachter sind entweder Ärztinnen und Ärzte oder Pflegefachkräfte. Gesetzliche Grundlage für die Qualitätsprüfungen des MD/PKV-Prüfdienst sind die §§ 114 ff SGB XI. Die Qualitätsprüfungen werden aufgrund der Qualitätsprüfungs-Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes durchgeführt. Für die Veröffentlichung der Ergebnisse der Qualitätsprüfungen (Qualitätsinformationen) sind die Qualitätsdarstellungsvereinbarung stationär (QDVS) und die Qualitätsdarstellungsvereinbarung teilstationär (QDVTP) maßgeblich. Für die ambulanten Dienste die Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant (PTVA). Die regelmäßigen Prüfungen (Regelprüfungen) erfolgen angekündigt. Ein zweijähriger Prüfrhythmus ist Pflicht. Es erfolgen prozentuale Stichproben.

Beschwerden werden von den Pflegekassen/Krankenkassen oder deren Landesverbänden entgegengenommen und es erfolgen unangekündigte Anlassprüfungen des MD. Im Zusammenhang mit einer zuvor durchgeführten Regel- oder Anlassprüfung kann von den Landesverbänden der Pflegekassen eine Wiederholungsprüfung veranlasst werden, um zu überprüfen, ob die festgestellten Qualitätsmängel durch die angeordneten Maßnahmen beseitigt worden sind.

Das Ergebnis der Prüfung wird dann als Transparenzbericht veröffentlicht. Die Ersatzkassen veröffentlichen die Pflegenoten der Einrichtung auf dem Internetportal https://www.pflegelotse.de sowie die übrigen Mitgliedskassen (AOK, BKK; KnappschaftK) auf ihren kassenspezifischen Lotsen. Nicht alle Lotsen sind auf dem gleichen aktuellen Stand je Einrichtung. Die Bertelsmann-Stiftung pflegt die Weisse Liste. Intensiv für Hamburg mit entsprechenden allgemeinen Hinweisen.

Heimaufsichtsbehörde als Ordnungsbehörde   Beitrag wird fortgeführt!

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Die zweite verbesserter Auflage „Der Bewohnerbeirat“ ist erschienen. Zur Unterstützung  auch der An- und Zugehörigen von Heimbewohnern, Seniorenbeiräte, Betreuer. Nur wenn wir uns aktiv einbringen wird sich etwas in unserem Sinne ändern. Nutzen Sie Ihren Ärger positiv.

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