Plötzlich verwirrt?

Unterscheidungshilfe Delir oder Demenz?

Dieser Begriff ist schon 2000 Jahre alt. Er stammt von dem römischen Arzt Aulus Cornelius Celsus und leitet sich vom dem lateinischen de lira ire, ab was so viel wie aus der Spur geraten bedeutet. Dass ein Delirium bei Alkoholentzug auftreten kann, wissen viele. Aber was löst das Delir akut aus? Das können zum Beispiel Infektionen sein, ein Unfall und seine Folgen, Schmerzen oder unangenehme körperliche Empfindungen, etwa bei Verstopfung. Aber auch Flüssigkeitsmangel, psychische Belastungen (selbst erfreuliche wie ein großes Familienfest) oder eine ungewohnte Umgebung, fremde Gesichter, Gerüche und Geräusche wie etwa bei einem Krankenhausaufenthalt sind Risikofaktoren. Eine besondere Belastung stellen Operationen dar. Immer mehr Krankenhäuser vermeiden ein Delir, fragen Sie vorsorgliche nach den Maßnahmen für Senioren. 

Es ist wichtig, dass ein Delirium schnell behandelt wird. Je länger es dauert, desto schwerer sind die bleibenden geistigen Defizite. Jeder Tag zählt. Die Wahrscheinlichkeit, dauerhaft pflegebedürftig zu werden, steigt nach einem Delir deutlich, das Risiko, an Demenz zu erkranken, sogar um das Zwölffache. Liegt bereits eine Demenz vor, schreitet sie schneller voran.

Einmal erkannt, ist das Delir gut in den Griff zu bekommen

Bei der Therapie geht es vor allem darum, die Auslöser des Delirs zu finden und zu behandeln, etwa Infektionen oder Schmerzen zu therapieren, die Medikamentengabe zu prüfen oder Flüssigkeit zuzuführen. Im zweiten Schritt werden die akuten Symptome betrachtet, die aber in der Regel nachlassen, sobald die Delir-Ursache richtig therapiert wird. Bei Halluzinationen oder Wahn kann die kurzfristige Gabe von antipsychotisch wirkenden Neuroleptika sinnvoll sein, um posttraumatische Belastungen zu vermeiden. Ein guter Schlaf-wach-Rhythmus trägt sehr zur Verbesserung des Zustandes bei.

Unterscheidungshilfe: Delir oder Demenz

                                                          Delir                                           Demenz

Beginn                                         akut, plötzlich                            schleichend

Auftreten der Symptome       wechselnd                                eher gleichbleibend

Aufmerksamkeit                     stark beeinträchtigt               erst im späteren

                                                                                               Stadium der Krankheit

Wahrnehmungsstörungen

und Halluzinationen             häufiger                                  möglich sind aber nicht

                                                                                                        typisch

Störung der Psychomotorik    häufig, entweder               kann vorkommen, ist

                                            unruhig oder antriebslos          aber kein Leitsymptom

Schlafstörungen, Albträume   häufig                                         möglich   

 

Delire, die nicht durch Rauschmittel verursacht werden, sondern gehäuft bei älteren Menschen auftreten. Etwa 20 Prozent der über 70-Jährigen durchleben während eines Krankenhausaufenthaltes ein Delir. Nach einem chirurgischen Eingriff, insbesondere solchen am Herzen, oder nach einer Notfall-Operation sind es bis zu 50 Prozent. In Pflegeheimen ist innerhalb eines Jahres schätzungsweise die Hälfte der Bewohner mindestens einmal von einem Delir betroffen. Bei den zu Hause lebenden Senioren müssen im gleichen Zeitraum nur etwa drei Prozent wegen eines Delirs behandelt werden, sie sind seltener demenziell erkrankt und meist in einem besseren gesundheitlichen Allgemeinzustand.

Die Symptome sind vielfältig und mitunter gegensätzlich

Typisch für ein Delir ist die akut auftretende Verwirrtheit, manchmal sogar innerhalb von Stunden. Die betagten Patienten wissen oft nicht mehr, wo sie sich befinden, das Zeitgefühl geht verloren. Konzentration und Aufmerksamkeit sind verändert. Den Betroffenen fällt es schwer, bei der Sache zu bleiben. Das logische Denken ist eingeschränkt. Einige sind sehr unruhig, andere verfallen in einen Dämmerzustand. Halluzinationen sind möglich. Auch können sich die Emotionen auffällig verändern, von unpassend fröhlich bis tieftraurig.

Risikofaktoren

Für eine Delir sind vor allem ein hohes Alter, Gehirnerkrankungen und Demenz. Die Vermutung ist, dass der im Alter entstehende Mangel des Botenstoffs Acetylcholin (ACh) im Gehirn die Vernetzungsleistung stört. Zusätzlich erhöhen das Risiko: Seh- oder Hörschwierigkeiten, chronische Einschränkungen der Nierenfunktion, Depression, Angst und Einsamkeit, Mangelernährung sowie das gleichzeitige Bestehen mehrerer Erkrankungen (mehr als drei) und die Einnahme vieler verschiedener (mehr als fünf) oder für Ältere nicht geeignete, weil nebenwirkungsträchtige Medikamente.

Wird ein Delir sofort erkannt?

Etwa 60 Prozent der Delirien, die in Krankenhäusern auftreten, werden nicht erkannt. Deshalb sind Aufklärung, speziell geschultes Personal und standardisierte Testverfahren so wichtig.

Was ist das Problem?

Es gibt zwei Arten von Delirien. Die Patienten mit einem hyperaktiven Delir sind unruhig und motorisch überaktiv, zum Teil aggressiv. Sie werden in der Regel als verhaltensauffällig erkannt und behandelt. Bei älteren Menschen tritt jedoch viel häufiger das hypoaktive Delir auf. Typisch sind hier Dämmerzustände und Antriebslosigkeit. Dort wird die Problematik besonders oft übersehen oder als Demenz verkannt.

Können Angehörige dazu beitragen, dass ein Delir schneller diagnostiziert wird?

Absolut. Der Partner oder nahe Verwandte können etwa darauf hinweisen, dass sie die Patienten anders erleben als sonst, weniger klat, weniger selbstständig. Wir betrachten die Angehörigen als Experten für die Patienten. Ihre Einschätzung ist wichtig und hilfreich

Warum ist das so wichtig?

Ein Delir kann ein Frühwarnhinweis auf eine postoperative Infektion sein. Zudem sind Patienten mit Delir schwieriger zu behandeln, sie gefährden unter Umständen das OP-Ergebnis, etwa weil sie sich zu viel oder zu wenig bewegen. Auch ist die Prognose deutlich schlechter. Das Risiko für Demenz, Pflegebedürftigkeit und Sterblichkeit steigt mit jedem Tag, den das Delir anhält.

Demenz geht uns alle an. 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind an einer Demenz erkrankt. Statistisch gesehen ist eine Person in jedem 25. Haushalt betroffen. Und die Zahl der Erkrankten nimmt zu: Im Jahr 2050 könnte sie bei circa 2,8 Millionen Menschen liegen.

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Weitere Informationen:

die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Frau Giffey, hat das Defizit erkannt und wirbt mit einer neuen Homepage

Logo des Bundesgesundheitsministeriums

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„Demenz durch OP“

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