Schlechte Pflegeausbildung gewollt?!

Am Beginn der Corona-Krise wurden Pflegekräfte in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen beklatscht. War der Anlass die Aufopferung ohne entsprechenden Arbeitsschutz, ohne Impfung? Das Klatschen war eine spontane Reaktion, eine einmalige kostenlose Wertschätzung; es fehlte eine Reaktion auf die seit Jahren bestehende Not in der Pflege. Der Pflegeberuf  bleibt das Auffangbecken für niedrig qualifizierte oder ausländische Arbeitskräfte.

Pflege kann doch jeder! 

So wird das BAG-Urteil der „24Stunde-Pflege“ 24.6.2021 (AZ  5 AZR 505/20) letztendlich verkauft. Eine Unterscheidung Haushaltshilfe und examinierte Pflegekraft bringt ja nicht den Aufreger und lenkt von den 100.000 fehlenden examinierten Pflegekräften nach dem Gutachten von Rothgang ab. Vergessen werden wieder die pflegenden Angehörigen.

Die Situation muss auf Dauer verbessert werden.

Insider wissen, in der Altenpflege war und ist Fachwissen schon immer nötig, geronto-psychologisches, präventives Fachwissen. Professionelle Pflege ist nichts für Menschen mit geringem Bildungsniveaus. Dass die professionelle Pflege heute noch mit diesem Image kämpft, zeigt die Abkehr von vielen Pflegefachkräften. Liegt an dem alten Bild der sich selbst aufopfernden Schwester am Bett, die für Gotteslohn unermüdlich wacht. Wie sonst ist die Werbekampagne der CDU/CSU/SPD Regierung 2020 für „Ehrenpflegas“ zu verstehen.

Die Miniserie suggeriert, dass es zum Pflegeberuf keiner besonderen Bildung bedarf und dass man da eine Ausbildung ohne besondere Anforderungen auch dann noch beginnen kann, wenn man 3 andere Ausbildungen zuvor nicht geschafft hat. Nach dem Motto: Mit ein wenig Empathie und gutem Willen reicht es zum „Ehrenpflega“, auch wenn man in der Schule keine Leuchte war.

Dazu passt, dass pflegebedürftige in stationären Einrichtungen im Jahre 2021 pflegetäglich rund 6 € für die Altenpflegeausbildung „spenden“ müssen.

Die Pflegeausbildung ist den Trägern und dem Staat keinen Cent wert.

Was professionelle Pflege leisten soll und kann, orientiert sich am Sozialgesetzbuch 11 (SGB XI). Darin geht es vor allem um die gesicherte Refinanzierung des Trägers einer unter Erlösgesichtspunkten definierten Pflege, nicht um den Anspruch der optimalen Pflege im Sinne und für den betroffenen Menschen. Wer die gewählte Formulierung abstreitet, möge nach einer nachprüfbaren Beschreibung der Pflegeleistung aus Sicht des Bewohners im abgeschlossenen Vertrag suchen. Welche Betreuungs- und Pflegeleistung kann der Bewohner nach seinem individuellen Pflegeplan einfordern.

Wer kennt den individuellen Pflegeplan?

Das Pflegeberufe-Gesetz vom Juli 2017 beschreibt, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten die professionelle Pflege hat: Erhebung des Pflegebedarfs zum Beispiel, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses, die selbstständige, umfassende Pflege, soziale und interkulturelle Kommunikation oder die präventive, kurative, rehabilitative pflegerische Versorgung, um nur Einiges zu nennen – und das Ganze stets auf dem aktuellen Stand der Forschung.

Statt mit dieser Definition ernst zu machen, wird die Fachlichkeit der beruflichen Pflege immer noch nicht anerkannt.

In anderen europäischen Ländern wurde die Pflege im Zuge der Akademisierung politisch aufgewertet. Wir sind in der EU fast die einzigen, die keine durchgehend akademisierte Ausbildung zur Pflege anbieten. Dies darf nicht verwechselt werden mit den qualifizierenden Studiengängen, die auf einer Ausbildung an Pflegeschulen aufbauen, vielfach von Einrichtungsträgern geleistet, die in anderen Ländern längst nicht mehr existieren. Nicht zu verwechseln mit den 6 Prozent der Fachhochschüler eine Duale Ausbildung mit Hilfe des Arbeitgebers leisten. Und deshalb erreichen wir auch nicht das pflegerische Niveau, das in anderen Ländern längst gang und gäbe ist.

Die pflegerische Qualität wird dem wirtschaftlichen Interesse der Einrichtungsträgern geopfert. Wie anders können die §§ 112ff SGB XI verstanden werden.

Ich wage die Behauptung, nach der Pandemie wird durch die neue Bundesregierung eine bundesweite Personalbemessung eingeführt und die 50% Fachkraftquote entfällt.

„Die Träger der Pflegeeinrichtungen bleiben, unbeschadet des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen (§ 69), für die Qualität der Leistungen ihrer Einrichtungen einschließlich der Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität verantwortlich.“ Auch die Ausführungen der nachfolgenden §§ helfen nicht, sie verschleiern weiter. Auf Bundesebene kann vieles vereinbart werden. Solange keine entsprechenden Sanktionen bei Nichtbeachtung folgen, wird der Einrichtungsträger den Vorgaben des Investors folgen.

Wer weiß schon, dass vor einigen Jahren Schweden auf EU-Ebene die Initiative angeregt hat, dass die deutsche Pflegeausbildung EU-weit nicht mehr anerkannt wird, weil sie unter Qualifikationsniveaus aller anderen EU-Länder die Ausbildung durchführt.

Die Bewohner, Angehörige beschweren sich aus ihrem Gefühl heraus. Die WTG-Aufsicht (früher Heimaufsicht) sieht 50 Prozent der Beschwerden rechtlich als nicht gerechtfertigt an. Den Beschwerdeführern wird eine lapidare Auskunft erteilt. Die Anlassbezogenen Prüfungen werden nicht veröffentlicht. Die zweijährlichen Berichte werden kommentarlos in den Gremien zur Kenntnis genommen und bleiben ohne Konsequenzen.

Fazit

Wenn Bürger sich mit der Pflege auseinandersetzen und erkennen, dass gute Pflege ein Teil einer guten und notwendigen Gesundheitsversorgung ist, werden Pflegefachpersonen keine Bittsteller mehr sein, die dauernd beweisen müssen, dass sie nicht zu teuer sind oder einen Mehrwert haben für eine gute Gesundheitsversorgung.

Pflege darf nicht das Schlaraffenland für Investoren bleiben!

Die Durchsetzung der Pflegekammer in NRW zeigt die Interessenlage auf. 200.000 Pflegefachkräfte sollen besänftigt werden und zur eigenen Ausbildung einen Zwangsbeitrag bezahlen. Die Nutznießer einer guten Ausbildung sind die Arbeitgeber. Das Landesparlament und die Regierung verlagern die Verantwortung in die Kammer. Die Beteiligung nach § 118 SGB XI erfordert nicht zwingend eine neue Interessenvertretung in Form einer  Pflegekammer.

Ein Mitglieds-Beitrag kann nur einmal gezahlt werden.

Die Gewerkschaften werden weiter geschwächt, damit entfällt das ureigene Recht des freiwilligen Zusammenschlusses der Arbeitnehmer. Die Pflegekammer kann keine Löhne verhandeln. Das Grundgesetz hat in Art. 9 Abs. 3 den Arbeitnehmern ein starkes Recht eingeräumt, was immer weniger wahrgenommen werden kann. Gewerkschaften waren und sind staatstragend. Die Mitbestimmung, bedeutet mitwirken auf Augenhöhe. Solange Mitarbeiter als unmündig erklärt werden, helfen auch keine neuen Organisationsformen, wie eine Pflegekammer auf Länderebene und eine Bundespflegekammer, auch wenn sie vordergründig paritätische besetzt sind. 

Der Mensch muss im Vordergrund stehen, nicht der Profit. Die Gesundheitsvorsorge muss als Daseinsvorsorge des Staates begriffen und angenommen werden.

Prüfen und messen wir die Bundestagskandidaten, die Parteien, ihre bisherigen Gremienvertreter an ihren bisherigen Taten! Wägen wir Ihr Versprechen.

WIR IST PLURAL 

zum 70 Jahrestag des Bundesverfassungsgerichtes und zur Stärkung der Demokratie haben wir uns in der Kategorie MIKRO-Projekte beworben und wurden zum Online-Voting zugelassen. Mit unserem Projekt „Der Bewohnerbeirat“ wollen wir aktiv die gewählten Interessenvertretungen in den Pflegeeinrichtungen stärken.

Wer kennt nicht die Schlagzeilen “Pflegeheime sind in NRW am teuersten“.

Wer weiß, dass

  • die Heimbeiräte mit Ihrer Unterschrift unter das Erhöhungsverlangen der Einrichtung erst die Verhandlungen mit den Pflegekassen ermöglichen.
  • Angehörige, Betreuer und Seniorenvertreter in das Gremium gewählt werden können.

Pflegeeinrichtungen in jeglicher Ausgestaltung und Angebotsform dürfen durch desinteressierte Mitbürger kein Ort des Grauens werden. Versicherte, Bewohner, Seniorenvertreter sollten aktiv die gewährten Rechte der Mitwirkung nutzen und mitgestalten.

Bitte stimmen Sie bis zum 8. August 2021 für uns ab, unter die Top 50 Nominierten zu kommen.

Weiße Schrift Jetzt abstimmen, auf Rotem Grund im Viereck; mit Link
Please Vote Now!

Wir haben einen Leitfaden veröffentlicht und bieten Schulungen und Vorträge an.

Alle zur Abstimmung stehenden Einreichungen können Sie unter www.wiristplural.de/abstimmen abrufen und dort für das jeweilige Projekt Ihre Stimme abgeben. 

Wir danken für Ihre Stimme.

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