Der Ukrainekrieg sollte uns aufrütteln.
Reicht die Spielwiese der Bürgerbeteiligung?
Unsere Gesellschaft in Westeuropa ist in den vergangenen Jahrzehnten individualisierter, vielfältiger, digitaler und globaler geworden. Unsere Demokratie ist in Gefahr, sie muss sich an diese Veränderungen anpassen, damit zukünftig wieder vielfältige Interessen zu ausgewogener Politik, Ergebnissen führen. Die Umsetzung im Land durch die Regierungen und Kommunen wirkt im Angesicht der Herausforderungen behäbig und starr. Sie schaffen es nicht, ihre gestalterischen Möglichkeiten zur Problemlösung im Sinne ihrer Bürger effektiv zu nutzen.
Im reichsten Land in Europa ist es kein Zufallsprodukt, es ist der Einsparung zu Gunsten der Privatisierung seit 1990 geschuldet.
Die Bürger merken und spüren nur die Auswirkungen. Das Vertrauen in die Art und Weise, wie die repräsentative Demokratie durch die gewählten Vertreter funktioniert, hat bei vielen Menschen Risse bekommen. Gleichzeitig verstärken die Institutionen durch ineffektive Arbeit die zunehmende soziale Ungleichheit und mangelnde Reformfähigkeit. Die Vertrauensverluste in gewählte Parteienvertretung und die Ineffizienz der Verwaltung befördern ein gesamtgesellschaftliches Gefühl der Unsicherheit, der Angst. Vor allem populistische Bewegungen nutzen und profitieren von diesen Unsicherheiten im Umgang mit den gesellschaftlichen Herausforderungen und der Unzufriedenheit von 10 – 25 % Bürger mit der Demokratie. Werden die Nichtwähler mitgezählt ist jeder zweite Bürger unzufrieden. Die Dividenden sprudeln, die Armen werden ärmer!
Die Demokratie steht vor großen Herausforderungen.
Die Bundestagspräsidentin formuliert: „Wir müssen unser demokratisches System öffnen und den Menschen Wege zu mehr Bürgerbeteiligung aufzeigen. Gerade den Menschen, denen die Politik fremd geworden ist“.
Reicht eine „Spielwiese“ oder müssen wir uns aktiv einmischen, damit wir gehört und gesehen werden? Wenn wir auf der kommunalen Ebene den Abgeordneten und Parteienvertretern unbequeme Fragen oder gar Forderungen stellen, steht schnell der Vorwurf „unqualifiziert“, „zur Unzeit“ oder „populistisch“ zur Abqualifizierung im Raum. Sei es Überheblichkeit, Strategie oder Ohnmacht der angesprochenen Gremienvertreter! Erinnert sei an die Diskussion die Seniorenbeiräte in den Kommunen frei zu wählen, das Ergebnis ist im § 27a GO NRW, alles kann nichts muß. Welcher Bürger kennt seine Seniorenvertreter?
- Wir brauchen keine neuen Parteien; die formale Bandbreite ist gegeben.
- Wir brauchen Parteien, die ein klares Programm der Zukunft für eine älterwerdende Gesellschaft verabschieden.
- Die Kandidaten müssen sich diesem dann verpflichtet fühlen, sich für Ihre Wähler einsetzen und die notwendigen Kompromisse deutlich vor Ort öffentlich vermitteln.
Das Parteienprivileg im Grundgesetz ist kein Selbstzweck. Die Parteien sind zur politischen Willensbildung aufgerufen, sie erhalten Steuermittel zur allgemeinen Bildung der Bürger.
25 Prozent der Wähler sind über 60 Jahre
Wer erinnert sich? Erst nach dem Schock, dass die „Grauen Panter“ im Bundestag waren, gründete die CDU die Seniorenunion und die SPD die AG SPD 60 plus, in der FDP gibt es formal die „Liberalen Senioren“. Der Schock der 70iger Jahre ist verflogen. Die Gruppe der „Grünen“- Senioren gründeten 2008 den gemeinnützigen Verein, DIE GRÜNEN ALTEN. Ein einheitliches Auftreten ist nicht ersichtlich, so gibt es Grüne 60+ oder auch Grüne Igel. Die Senioren-Gruppen der Parteien sind für die Bürger nicht hörbar, sitzen aber in Gremien wie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren (BAGSO).
Die Schaffung altersgerechter Städte und Gemeinden ist angesagt.
„Wir haben die beste Demokratie, die man sich durch Geld kaufen kann.“ Eine Formulierung, die sich bereits in einigen Buchtiteln in Amerika finden lässt. Auch bei uns gilt: Bedürftige Menschen haben schlechteren Zugang zu sozialen Dienstleistungen, der Gesundheitsversorgung. Bereits 85 Prozent der bereits anerkannten Pflegebedürftigen müssen zu Hause ohne gewerbliche Unterstützung allein durch Angehörige für eine Anerkennungsgebühr gepflegt werden. Die wohlmeinenden gesetzlichen Hilfen werden nicht vorgehalten oder von den Pflegekassen formal verweigert. Bisher wird auf Nöte reagiert. Die staatliche Legitimität stützt sich in immer höherem Mass auf den Schutz vor angeblich gefährlichen Anderen, dazu gehören unausgesprochen auch die vulnerablen Gruppen. Dies konsequent weiter gedacht, bedarf es altersgerechter Städte und Gemeinden und keiner „Altersgethos“.
Die ersten Babyboomer werden Rentner. Politiker müssen jetzt gestalten, wenn sie nicht weiter erpressbar sein wollen.
Die Senioren sind gefragt sich einzumischen.
Menschen weltweit leben länger. Heute können die meisten Menschen damit rechnen, bis in die Sechziger und darüber hinaus zu leben. Eine Milliarde Menschen waren 2020 über 60 Jahre und älter in 28 Jahren, 2050, werden es 2 Milliarden Menschen sein. In Deutschland leben zur Zeit über 20.000 Hundertjährige.
Ein längeres Leben bringt Chancen mit sich, nicht nur für ältere Menschen und ihre Familien, sondern für die Gesellschaft insgesamt. Zusätzliche Jahre bieten die Möglichkeiten, neuen Aktivitäten nachzugehen, wie z. B. einer Weiterbildung, einem neuen Beruf oder einer langen vernachlässigten Leidenschaft. Ältere Menschen tragen auch in vielerlei Hinsicht zu ihren Familien und Gemeinschaften bei. Doch das Ausmaß dieser Möglichkeiten und Beiträge hängt stark von einem Faktor ab: der Gesundheit. Der körperlichen und geistigen Beweglichkeit.
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat 2021–2030 zum Jahrzehnt des gesunden Alterns erklärt und die WHO gebeten, die Umsetzung zu leiten. Die Dekade des gesunden Alterns ist eine globale Zusammenarbeit, die Regierungen, die Zivilgesellschaft, internationale Organisationen, Fachleuten, der Wissenschaft, den Medien und dem Privatsektor für 10 Jahre konzertierter, katalytischer und kooperativer Maßnahmen zur Förderung eines längeren und gesünderen Lebens.
Die Daseinsvorsorge für Senioren darf nicht zufällig sein und von den finanziellen Möglichkeiten der Kommunen abhängen. Politische Forderungen an die Parteien reichen nicht, die Hürden für Bürgerbegehren, Einwohnerantrag schrecken ab. Handverlesene Bürger in Bürgerräten ohne eigene Antragsrechte hinter verschlossenen Türen führen nicht zu mehr Transparenz. Feste Bürgersprechstunden in den Quartieren durch die Parteien und gewählten Gremienvertreter können die Akzeptanz erhöhen, wie es in Artikel 17 GG angelegt ist.
Wir alle brauchen ein neues Bewusstsein im Umgang miteinander.
Wagen wir mehr Normalität
Wir bleiben am Ball und werden die Reihe fortsetzen: Ziele und Möglichkeiten kommunaler Seniorenpolitik
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Bitte beachten Sie die nebenstehenden Veranstaltungen, sie könnten interessant sein. Lernen Sie Gleichgesinnte kennen.
Die zweite verbesserter Auflage „Der Bewohnerbeirat“ ist erschienen. Zur Unterstützung auch der An- und Zugehörigen von Heimbewohnern, Seniorenbeiräte, Betreuer. Nur wenn wir uns aktiv einbringen wird sich etwas in unserem Sinne ändern. Nutzen Sie Ihren Ärger positiv.
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