Insolvenzen im Pflegebereich, Pflegekonzerne wachsen

Heimplätze sind Mangelware, Heimentgelte steigen ungebremst.

Der Bürger steht fassungslos vor den Meldungen. Heimentgelte für die Bewohner steigen und erreichen in bestimmten Regionen monatlich teilweise 4.000 € und mehr. Die Entgelte von 6.000 € inklusiv der Pflegeversicherung je Pflegegrad sind keine Seltenheit. Die Pflegeversicherung steigt jährlich. Die bundesweiten Heimplätze verharren seit Jahren bei rund 800.000 Plätzen.

Laut Statistischem Bundesamt hatte es zuletzt 11.250 Pflegeheime mit vollstationärer Dauerpflege und 15.549 ambulante Pflegedienste in Deutschland gegeben. 

Pflegeheime malen Bankrott durch Insolvenzen in Eigenregie an die Wand. Wer setzt sich für die Bürger, für die Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit ein?

Pflegeanbieter sehen die Hauptursache für die finanzielle Schieflage in der mangelnde Zahlungsmoral der Sozialkassen. Die Leistungen der Heime und Dienste würden meist nicht zeitnah bezahlt, so Verbandsgeschäftsführerin Isabell Halletz des Arbeitgeberverbands Pflege. Es wird so getan, als seien die Pflege- und Sozialkassen die Vertragspartner. Vertragspartner ist der Bewohner, der seine Forderung abtritt.

Aufklärung wäre hilfreich, doch Transparenz ist ungewollt.

Die Pflegewissenschaft befasst sich mit der Pflege. Die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse werden verschwiegen. Welche Pflegequalität kann ohne ausreichende Mittel für die Betreuung und Pflege geleistet werden? Die Anfrage der SPD-Landtagsfraktion vom 29.8.2022 Drs 18/720 „Notlage in den Pflegeheimen in Nordrhein Westfalen – Wie will die Landesregierung den Bankrott der Pflegeheime verhindern?“ steht weiterhin im Raum. Unsere damalige Frage:

Wo bleiben die Erlöse?

Zwei unterschiedliche Trägerarten der Insolvenzen

Der Kreisverband Wesel der AWO eV, ein Wohlfahrtsverband, versucht die Sanierung in Eigeninsolvenz der 100 Einrichtungen, darunter sind 4 Seniorenzentren, drei Tagespflegen und zwei ambulante Pflegedienste mit insgesamt 1.200 Mitarbeitern.

Der Pflegekonzern Argentum Pflege Holding GmbH meldet für 40 Einrichtungen, 3.100 Pflegebedürftige und 2.800 Mitarbeiter ebenfalls Insolvenz in Eigenverwaltung an. Begründung fehlende Fachkräfte.  Wieweit auch die 300 Einheiten im Bereich „Betreutes Wohnen“ betroffen sind, welche Standorte erhalten werden bleibt abzuwarten.

Gut zu wissen im Insolvenzverfahren sind die Gehälter der Mitarbeiter auf Kosten des Staates gesichert, dies bedeutet die Erlöse werden um ca. 50 % gesteigert.

Der Leser, das Vereins-Mitglied erhält maximal die Einsicht in die konsolidierten Konzernbilanzen. Haben die Bilanzprüfer / Wirtschaftsprüfer keine „ordentlichen“ Testate für die Einrichtungen gemäß der Pflegebuchführungverordnung und dem HGB ausgestellt? Bereits die missbräuchliche Verwendung der Investitionsentgelte zeigt Gefahren auf und ist ein früher Indikator für Aufsichts- und Kontrollgremien. Der Schutz der Unternehmungen in der Privatindustrie vor Ausspähungen durch Mitbewerbern gibt das Handelsgesetzbuch.  Im Gesundheitsbereich, besonders im Pflegebereich, entfällt das freie Spiel der freien Kräfte; es gibt keinen Markt, trotzdem gilt der Schutz nach HGB und die Verschleierung durch Konzernbilanzen.

Eine gute Zeit für Einkaufstouren.

Zum Jahresbeginn 2025 hat Alloheim SE die Pflegezentren Niederrhein GmbH & Co. KG aus Rheinberg in Nordrhein-Westfalen übernommen und baut damit die Position als Marktführer in der ambulanten Pflege weiter aus.

Alloheim ist 2024 größter Pflegeheimbetreiber Deutschlands mit 303 Pflegeheimen, mit mehr als 28.000. Dazu kommen 25 Tagespflegestandorte mit 331 Plätzen erweitern. Das Wachstum ist kontinuierlich. 2016 waren es 126 Standorten und rund 11.000 Beschäftigten und die Alloheim-Unternehmensgruppe war der drittgrößte private Betreiber von Senioren-Residenzen, ambulanten Pflegediensten und betreuten Wohneinheiten in Deutschland.  Der Leser kann es sich ohne weitere Darstellung schlecht das Auseinanderfallen am Pflegemarkt erklären.

Der Konzern ist Heimbetreiber

Am größten Pflegekonzern in Deutschland, der Alloheim SE soll das System aufgezeigt werden. Hinter dem verschachtelten Konzern stehen Finanzinvestoren mit festen Rendite Erwartungen, die nach 5 bis 10 Jahren ihr Engagement weiter veräußern. Der Pflegemarkt hat im Bereich des Gesundheitswesens die größten Wachstumsaussichten. Aufgrund des demografischen Wandels der Bevölkerung nimmt der Pflegemarkt weiter an Bedeutung zu, gebremst durch fehlende Fachkräfte.

Die unternehmerische Steuerung des Konzerns erfolgt zentral auf Basis eines Kennzahlensystems, das auf den Grundlagen der handelsrechtlichen Rechnungslegungsstandards (HGB) beruht. Dabei sind die zentralen Steuerungsgrößen im Konzern die Umsatzerlöse sowie das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA). Zur Sicherstellung einer zeitnahen Kontrolle der Zielerreichung wird ein konzernweit über alle Geschäftseinheiten einheitlich angewandtes Berichtssystem eingesetzt. Basis bildet eine detaillierte (Budget-) Planung und daran anschließende Reportings bzw. Abweichungsanalysen.

2013 – 2017

Der Finanzinvestor „The Carlyle Group“ übernahm im August 2013 die Gruppe und schaffte die Voraussetzungen für eine weitere Beschleunigung des Wachstums in den nächsten Jahren.

Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2017 im Gesamtkonzern wurde ein Bilanzgewinn in Höhe von 1.692.578,98 € ausgewiesenen und auf neue Rechnung vorzutragen.

Wer nur die Alloheim SE (Heim) 2017 betrachtet erfährt: 13.489 Mitarbeiter haben Gesamterlöse von 653.236.000 € erwirtschaftet und das Jahresergebnis war durch das vorsorgliche Einbuchen von Steuern negativ.

Die Bilanz hatte eine Gesamtsumme von 477.504.000 € und das Eigenkapital betrug 33.106.000 € = 6,9 %

Nordic Capital Fund VIII

Am 20. DEZEMBER 2013 wurde der Fonds mit 3,5 Mrd.€ geschlossen und ging auf Einkaufstour. Im Jahr 2017 übernahm er die Anteile von der „The Carlyle Group“

Bereits 2018 meldete die Presse den ersten Milliardendeal im deutschen Pflegemarkt durch Alloheim von derzeit 23 Seniorenresidenzen mit rund 2.000 Pflegebetten und 300 Apartments für betreutes Wohnen sowie einem ambulanten Dienst.

Im Coronajahr 2021 sollte die schweizerische UBS Bank einen neuen Käufer finden und nahm 2023 davon Abstand.

Vielleicht geben die Bilanz einen Anhalt

Die Erlöse sind von 2017 bis 2022 um 91% auf 1.245.421.000 € gestiegen.

Das Personal im gleichen Zeitraum

  • im Pflegebereich um 64% auf    105
  • bei den Servicegesellschaften[1] um 67% auf       751
  • in der Zentrale um 72% auf          378

Die Bilanzsumme erhöhte sich im Zeitraum um 148% auf 1.184.983.000 €

Das Eigenkapital von plus 33.106.000 € verkehrte sich in ein negatives von minus 468.672.000 €, welches durch ein Gesellschafter Darlehen in Höhe von in der Bilanz von 2022 um weitere 54.761 auf insgesamt 561.149.000 € ausgeglichen wurde.

Es stellt sich die Frage, was geschieht mit den über 300 Einrichtungen in der Republik, wenn das Gesellschafterdarlehen kurzfristig zurückgefordert würde?

Zur Sicherstellung der Versorgung sind die Pflegekassen nach § 69 SGB XI verantwortlich. § 8 SGB XI sieht die Gemeinsame Verantwortung der Länder, der Kommunen, der Pflegeeinrichtungen und der Pflegekassen, sie wirken unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes eng zusammen, um eine leistungsfähige, regional gegliederte, ortsnahe und aufeinander abgestimmte ambulante und stationäre pflegerische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

Alle verlassen sich auf den anderen

Pflegekassen haben den Blick auf die Beitragsstabilität nach § 70 SGB XI. Die Beiträge werden bundeseinheitlich durch Gesetz festgeschrieben, vgl.§ 55 Abs. 1 SGB XI

Die Länderregierungen verweisen auf den Markt zwischen Landespflegekassen und den Einrichtungsträgern.

Die Kommunen arbeiten mit veralteten Daten und sehen die notwendige der Zukunftsplanung überwiegend gelassen.

Seniorenvertretungen und die Seniorenorganisationen der Parteien befassen sich mit der Pflege, wenn die Betroffenheit gegeben ist.

Die Aufsichtsorgane der Einrichtungen sind gefordert.

Das deutsche Aktiengesetz (§§ 84, 111 AktG) gewährleistet, dass der Aufsichtsrat eigenständig und unabhängig über die Abberufung und Bestellung von Vorstandsmitgliedern entscheiden kann, wenn diese das Unternehmen gefährden. Doch schon vorher haben die Gremienvertreter auf die Einhaltung von Gesetz und Recht zu achten. Wirken die gewählten Heimbewohner bei der Entgeltfindung nach § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB XI mit.  Werden die Rechte der Mitarbeiter eingehalten, ist die Flukti.

Das böse Erwachen kommt

Die Pflegebedürftigkeit nimmt ständig zu. Das Heimplatzangebot stagniert bei 800.000 Plätzen. 6 Millionen müssen in der Häuslichkeit überwiegend ohne fachliche Hilfe gepflegt werden.

Pflegeheime gehen in die Insolvenz, werden übernommen. Im Jahre 2024 wurden112 Pflegeheime, 274 Pflegedienste und 111 Tagespflegen geschlossene. Der Pflegelandschaft in Deutschland sind bisher 5.596 vollstationäre Plätze verloren gegangen. Die geschlossenen Pflegedienste versorgten insgesamt 15.926 Patienten. Die betroffenen Tagespflegen haben 1.409 Plätze zur Verfügung stellten.

Bei der Kommunalwahl am 14. September in NRW werden nicht nur Stadt-, Land- und Kommunalräte gewählt. Es werden die Integrationsräte und im Ruhrgebiet das Ruhrparlament gewählt. Die Fraktionen werden auch sachverständige Bürger in die Ausschüsse entsenden. Wer sich im Vorfeld einbringt, kann die Sorgen später vertreten.

[1] Servicegesellschaften erbringen Dienstleistungen in allen Alloheim-Einrichtungen aus den Bereichen: ― Küche/Catering ― Wäscherei

Es folgt: Weg von den „Wunschentgelten“ in Pflegeeinrichtungen

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