Ihr Recht

Wir wollen mit Ihnen interessante Urteile aufzeigen und haben Sie nach Gebieten aufgeteilt von Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) bis Wohn- und Teilhabegesetz (WTG). Sie werden diese Urteile und weitere demnächst unter Dokumenten geordnet finden.

BGB

Sorgerecht: Wille von Kindern unter 14 zählt

In Sorgerechtsverfahren elterlichen Sorge oder Teilen gemäß § 1671 BGB müssen Kinder unter 14 Jahren persönlich angehört werden. Das gilt, wenn der Wille und die Bindung des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind. In dem verhandelten Fall hatte die Mutter auf ihren Antrag hin das alleinige Sorgerecht erhalten. Der Vater ging dagegen vor und bekam Recht. Das zuvor zuständige Familiengericht habe versäumt, die Kinder persönlich zu befragen. Dazu sei es verpflichtet gewesen, entschied das Saarländische Oberlandesgericht ( Az.: 9 UF 54/17 )

Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk ist vererbbar

Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2047 Abs. 2 und § 2373 Satz 2 BGB

Urteil vom 12. Juli 2018 – III ZR 183/17 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben. So werden analoge Dokumente wie Tagebücher und persönliche Briefe vererbt, wie aus § 2047 Abs. 2 und § 2373 Satz 2 BGB zu schließen ist. Es besteht aus erbrechtlicher Sicht kein Grund dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln.

Heim siehe Wohn und Teilhabe (WTG)

Allgemeines SGB I

Beratungspflicht des Trägers der Sozialhilfe

gem. § 14 Satz 1 SGB I i.V.m. § 17 SGB I

Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG wegen fehlerhafter Beratung.

Besondere Beratungs- und Betreuungspflichten aufgrund von Kompliziertheit des Sozialrechts

Im Sozialrecht bestehen für die Sozialleistungsträger besondere Beratungs- und Betreuungspflichten. Eine umfassende Beratung des Versicherten ist die Grundlage für das Funktionieren des immer komplizierter werdenden sozialen Leistungssystems. Im Vordergrund steht dabei nicht mehr nur die Beantwortung von Fragen oder Bitten um Beratung, sondern die verständnisvolle Förderung des Versicherten, das heißt die aufmerksame Prüfung durch den Sachbearbeiter.

Bundes­gerichtshof (BGH)  entschied (Az.: III ZR 466/16) 2.8.2018

Gesetzliche Krankenversicherung  SGB V

Wechsel von Privater zur Gesetzlichen Kranken-Versicherung (GKV)

Bei fehlenden oder nicht ausreichenden Vorversicherungszeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung hat ein Rentner keinen Anspruch darauf, von seinem privaten Krankenversicherer in die gesetzliche Krankenversicherung der Rentner zu wechseln. Das hat das Sozialgericht Stuttgart mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 28. September 2017 entschieden (S 11 KR 3012/16).

Nach Ansicht des Gerichts ist die Regel gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 11 SGB Verfassungskonform. Dieser sieht vor, dass nur dann ein Recht auf Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung der Rentner besteht, wenn nur bestimmte Vorversicherungszeiten erfüllt worden sind.

Wer in der aktiven Erwerbsphase die Vorteile der kostengünstigeren Versicherung mit einem breiteren Leistungsspektrum in der privaten Krankenversicherung nutzt und damit bewusst keinen Beitrag zur Solidargemeinschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht, kann nicht nachträglich  den Eintritt in die GKV verlangen, um der allgemein bekannten Kostensteigerung in der privaten Krankenversicherung im Alter zu entgehen. .

Hilfsmittelanspruch  gegenüber Krankenkasse

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Bei schweren Erkrankungen können Patienten Anspruch auf teure Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich haben. Krankenkassen dürfen Versicherte nicht ohne Weiteres auf billigere Hilfsmittel verweisen, die weniger wirksam sind, entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg in zwei Fällen ( Az.:L 4 KR 531/17 und L 11 KR 1996/17

Schwerbehindertenrecht  SGB IX

Zuerkennung des Merkzeichens aG (außergewöhnliche Gehbehinderung)

Die neue Rechtslage nach § 229 Abs. 3 SGB IX (gültig ab dem 01.01.2018) verlangt zusätzlich zu einer außergewöhnlichen Gehbehinderung einen mobilitätsbedingten Grad der Behinderung von 80. Hierbei sind nur solche Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen, welche sich konkret auf die Mobilität auswirken (Gerichtsbescheid vom 24.01.2018, S 9 SB 3849/17).

Nach den ärztlichen Befundberichten war sie noch in der Lage, 100m am Rollator zu gehen. Danach war eine Pause erforderlich. Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Es bestand zwar ein GdB von 40 für eine Erkrankung der Kniegelenke mit Kniegelenksendoprothese beidseits sowie ein GdB von 20 für degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen. Die nach § 229 Abs. 3 SGB IX vorausgesetzte mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung mit einem GdB von 80 wurde hierdurch jedoch noch nicht erreicht. 

Pflegeversicherung  SGB XI

Treppenlift kein individuelles technisches Hilfsmitteln

Die Kranken- und Pflegekasse sind zur Übernahme der Kosten der Reparatur eines Treppenliftes eines auf einen Rollstuhl angewiesenen Versicherten nicht verpflichtet, auch wenn beim Einbau des Treppenliftes von der Pflegeversicherung der Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen gewährt worden ist (Stuttgart Urteil vom 16.08.2016, S 27 KR 5559/14, rechtskräftig).

Die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen wirken sich im Gegensatz zu Hilfsmitteln nur wohnungsbezogen aus. Die Gewährung eines zweiten bzw. weiteren Zuschusses nach § 40 Abs. 4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch komme erst in Betracht, wenn sich die Pflegesituation objektiv ändere und dadurch im Laufe der Zeit zusätzliche weitere Schritte zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes erforderlich würden. Gesetz sieht ausdrücklich keinen Anspruch auf die notwendige Instandsetzung und Ersatzbeschaffung vor.

Sozialhilfe SGB XII

Schenkung, die zurückverlangt werden kann, wird als Vermögen berücksichtigt

  • 90 Abs. 1 SGB XII. Ausnahmen hiervon regelt § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII.

Beantragt eine pflegebedürftige Person Hilfe zur Pflege, sind im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit auch kleinere monatliche Überweisungen zu berücksichtigen, wenn sie in der Summe eine Schenkung darstellen. Zu dieser Entscheidung kam das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg vom 19.10.2017; Az.: L 7 SO 1320/17

Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG)

Keine Grunderwerbsteuer für Zubehör wie Einbauküche oder Markise .

Gegenleistung i.S.d. §§ 8, 9 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG)

 

Beim Erwerb einer Immobilie müssen Käufer für eine mitgekaufte Einbauküche oder Möbel keine Grunderwerbsteuer zahlen. Wird ein Grundstück zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern, die nicht als Teil des Grundstücks anzusehen sind, einheitlich zu einem Gesamtpreis erworben, so ist die Grunderwerbsteuer nur von dem Teil der Gesamtgegenleistung zu erheben, die auf das Grundstück entfalle. Das Entgelt für Zubehör, das zusammen mit einem Grundstück erworben wird, gehört nicht zur Gegenleistung. Als Zubehör sei insbesondere das Inventar im Sinne des § 98 BGB anzusehen. Urteil des FG Köln zeigt ( Az.: 3 K 2938/16 ) vom 8.11.2017

Wer bezahlt die neue Heizung?

Nicht jeder Tausch ist eine Modernisierung.

Der Ersatz eines älteren Heizkessels durch eine neue Anlage mit Brennwerttechnik spart bis zu 23 Prozent Energie und kann als Modernisierung gelten, die eine Mieterhöhung rechtfertigt. Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes darf der Vermieter dann elf Prozent der Kosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Nicht möglich ist das aber, wenn die bisherige Heizung sehr alt und störungsanfällig war und während der Heizperiode immer wieder ausgefallen ist. Hier stellt der Austausch eine fällige Instandsetzung dar, entschied das Landgericht Berlin ( LG Berlin 64 S 63/17 ). Dabei spielt es keine Rolle, ob zum Zeitpunkt des Tausches die alte Anlage funktionsfähig war. Für die Fälligkeit der Instandsetzung komme es perspektivisch gesehen auf deren gesichertes Funktionieren an.

Schulbegleitung für Kinder mit Diabetes.

Leidet ein Kind an Diabetes, hat es Anspruch, nach der Einschulung begleitet zu werden. So soll die notwendige Behandlung sichergestellt werden, also häufiges Messen und anschließendes Eingreifen. Der Anspruch besteht zunächst für eine Übergangszeit. Auf Einkommen und Vermögen der Eltern kommt es dabei nicht an. Das geht aus einer Entscheidung de Sozialgerichts Dortmund hervor ( Az.: S 11 SO 221/18 ER ), auf das die Arbeitsgemeinschft Sozialrecht hinweist.

Diese und folgende Urteile werden geordnet abgelegt unter (Links/Dokumente)