Wem gehört das Pflegeheim?

Pflegeimmobilie eine sichere Geldanlage oder notwendige Einrichtung der Bürger

Die bekannten Betreiber, wie Alloheim, AWO, Caritas, Diakonie, Johanniter, Korian, Kursana, Stadt und andere sind als Betreiber oft nicht direkt die Eigentümer der Gebäude, der Einrichtung.  Eigentümer sind die Besitzgesellschaften oder Fonds. Aus Vorsicht und zur weiteren Gewinnerzielung wird noch eine Verwaltungsgesellschaft zwischen Betreiber und Investor eingeschaltet. Dieses System wurde möglich durch die Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes 1994 (SGB XI) und die Öffnung des Marktes für Privatinvestoren und die Abkehr vom Sozial- hin zum Wohlfahrtsstaat.  Es gilt nun „Privat vor Staat“.

Die Finanzkrise 2008 kann als Vorläufer einer zukünftigen Rezession gesehen werden. Wie die Geschichte des Geldes zeigt, wird eine öffentliche Verschuldung, wie wir sie heute in Europa sehen, durch eine Nullzinspolitik hinausgezögert und nur durch eine Geldwertinflation oder eine Währungsreform abgebaut werden können. Einige wollen deshalb raus aus dem Euro, zurück zur DMark. Geworben wird mit Sachwerten in Form von Aktien oder in richtigen Steinen, in Immobilien.  Nationale und internationale Kapitalgeber investieren verstärkt in Altenpflegeheime und setzen bei Ihren Ankaufskriterien eine Bettenanzahl von mindestens 80 Plätzen voraus. Der Betreiber zahlt oft eine indexierte Pacht für die gesamte Immobilie gegenüber der Verwaltungsgesellschaft. Der Eigentümer trägt nicht das Risiko bei Leerstand des Apartments oder der Reparatur von Dach und Fach. 

Finanzierung

Wenn ein Bewohnerzimmer 21 qm groß ist, werden bis zu 45 qm insgesamt benötigt; auch die Allgemeinflächen müssen gebaut und unterhalten werden. Die 45 qm kosten pro qm maximal 2.500 € = 112.500 €. Dies ergibt bei dem benötigten Kapital und heutigem Zins von 2% einen jährlichen Zins von 2.250 € oder täglich 6,25 €. Dem Investor werden aber bis zu 5% Zins versprochen = 5.625 € (15,63 €/tgl.) Bei einer Abschreibung/Laufzeit von 25 Jahren sind zusätzlich jährlich 4.500 € (12,50 €/tgl.) zu tilgen. So erklären sich reine Fremd-Investitionskosten von über 27 €uro täglich bei einem Neubau. Ist der Betreiber gleichzeitig auch Eigentümer, ist er laufend bemüht, mit der erzielten Abschreibung den Standard zu halten und bleibt immer vergleichbar mit einem Neubau bei  gleichzeitig erheblich niedrigeren anerkannten Investitionskosten. Nicht zu unterschätzen ist die entsprechende Atmosphäre in einer zu einer modernen Senioreneinrichtung gewachsenen Altersversorgungs-Anstalt aus dem 19. Jahrhundert.

Wie werden die Erträge besteuert?

Es handelt sich bei den Erträgen eines Investors um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Damit unterliegen die Einnahmen der Einkommenssteuer. Von den Mieteinnahmen werden die AfA (Abschreibung für Abnutzung), die Verwaltergebühr und mögliche Zinskosten abgezogen. Ein Vorteil bei der Abschreibung ist, dass der Grundstücksanteil geringer ist als bei Wohnimmobilien. Die Besteuerung der Einnahmen fällt in der Regel deutlich günstiger aus, als bei Kapitalerträgen, auch wenn sie pauschal für Deutsche mit 25% versteuert werden.

Was passiert bei einer Insolvenz des Betreibers

Selbst wenn ein Betreiber Insolvenz anmeldet, ist die Immobilie interessant für andere Betreiber. Zahlreiche expansiv ausgerichtete Betreiber suchen nach Übernahmemöglichkeiten, da es deutlich einfacher ist eine bestehende Einrichtung zu übernehmen. Eine Besonderheit bei Pflegeimmobilien ist zudem, dass die Bewohner und „Zahler“ in der Immobilie verbleiben. Ein neuer Betreiber hat also direkte Einnahmen, aus denen er die Miete für das Objekt zahlen kann. Verliert der Investor einer Pflegeimmobilie oder nur eines Pflegeapartments den Mieter, hier den Betreiber, durch eine Insolvenz, keine Sorge; der pflegebedürftige Bewohner bleibt erhalten.  

Eine weitere Sicherheit bei Pflegeobjekten ist die „staatliche Fürsorgepflicht“. Die zuständige kontrollierende Kommunal- oder Landesbehörde (WTG-Behörde), frühere Heimaufsicht, sorgt für einen neuen Betreiber. Dies ist der Vorteil für Kapitalanleger, die in die Form der Sozialimmobilie investieren.  Auch der Betreiber profitiert bei Pflegeheimen vom Status der „Sozialimmobilie“. Nach § 72 SGB XI erhalten Betreiber von Pflegeheimen einen Ausgleich durch das Sozialamt (Grundsicherung), wenn ein Bewohner nicht in der Lage ist die Tagespflegesätze in voller Höhe zu erbringen. In Nordrhein-Westfalen werden die Investitionskosten separat ermittelt und als eine Form des Wohngeldes direkt an den Betreiber ausgezahlt.

Notwendige Einrichtung der Bürger

Pflegeimmobilien sind in Deutschland der Zukunftsmarkt. Die Bürger der Kommune treten voll in das Risiko ein. Wer dies nicht glaubt, kann die Auswirkungen in England bereits beobachten. Die Betreiber reinvestieren nicht wie verantwortliche Eigentümer in die Einrichtung, sie ziehen einen optimalen Kapitalzins. Die laufenden Instandhaltungen und Erneuerungen werden nicht durchgeführt, obwohl dies in den Investitionsgeldern refinanziert wird. Die Pflegebedürftigen nehmen zu, die Kommunen sind gezwungen die maroden Pflegeimmobilien nach Ablauf der 25 Jahre zu erwerben, um die Pflege der Bürger zu gewährleisten. Wohlhabende haben ein besonderes Interesse ihre weitgehende Unabhängigkeit vor konjunkturellen Schwankungen weiter zu sichern und fordern punktuell entsprechende Planungen. Dass die Altenhilfeplanung nach Landesgesetz in der Kommune wegen fehlender Vorarbeit für die Bürger unterlassen wird, weil sich Räte und Bürger nicht aktiv einsetzen, zeigt den Stellenwert der Altenhilfe, sie ist bisher keine Pflichtaufgabe. Was nutzen Formulierungen: „Ziel dieses Gesetzes ist die Sicherstellung einer leistungsfähigen und nachhaltigen Unterstützungsstruktur für ältere Menschen und pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige durch die Förderung der Entstehung, Entwicklung und Qualität von Dienstleistungen, Beratungsangeboten, Pflegeeinrichtungen und alternativen Wohnformen“.  

Dies könnte eine Aufforderung an die Bürgergesellschaft sein, bei Zeiten mit Gleichgesinnten Vorsorge zu betreiben.

Zur Klarstellung: Altenhilfeeinrichtungen in öffentlicher Hand, ohne echte professionelle  wirtschaftliche und fachliche Führung mit unabhängigen Kontrollorganen, gewährleisten keine würdevolle Pflege. Es bedarf einer breiten gesellschaftlichen Werte-Diskussion. Empathie und Zuneigung entziehen sich wirtschaftlichen Messgrößen. Die Alterung der Gesellschaft – eine Herausforderung für den Sozialstaat. Die Herausforderungen beruhen vor allem auf den drastischen Veränderungen der Familienstrukturen hin zur Individualisierung. Die Leistungen der informellen Wohlfahrtshilfen in Familie und Nachbarschaft nehmen massiv ab. Staatliche gesamtgesellschaftliche Verantwortung und Planung kommt nicht ohne rechtzeitige Einmischung zukünftig Betroffener.

Was mit dem Verkauf der Sozialwohnungen in den 90iger Jahren begonnen wurde, „Privat vor Staat“ wird sich,  solange  die Gewinne sprudeln, im Altenhilfemarkt wiederholen.  

Wann beginnt das notwendige politische Umdenken? Theoretische Abhandlungen gibt es zu genug. Oder müssen die Bürger selbst handeln?  Ihre Meinung direkt oder leiten Sie den Beitrag weiter!