Die Seniorenpolitik ist heute keine notwendige Daseinsvorsorge. Allein abhängig von den jeweiligen kommunalen Finanzen und nicht vom Bedarf.
Das kann doch jeder sehen, dass das nicht jeder kann.
Reformation muss sein!
Die Lebenserwartung war noch nie so hoch. Ältere Menschen sind heute oft gesünder, fitter und engagierter als jede ältere Generation zuvor. Der Wunsch älterer Menschen, möglichst lange selbstbestimmt in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung leben zu können, ist verständlich. Warum werden wir ausgrenzt, lassen Sie uns mitwirken.
Rentner sein und nicht vergessen werden.
Eine wichtige Zukunftsaufgabe ist es, nachhaltige seniorengerechte Strukturen in den Kommunen aufzubauen und neue Wohn- und Unterstützungsformen für und mit uns älteren Menschen weiterzuentwickeln und umzusetzen. Welche begründete Angst besteht, uns einzubinden.
Von den Parteigremien- und den Regierungsvertretern ist zur Kenntnis zu nehmen, dass nur noch 10 % einen Pflegeplatz erhalten, dies oft nach langem Warten und nicht in der bekannten Umgebung. Der Blick ist allein auf die gewerblichen Anbieter gerichtet. Die fehlende Qualität, die fehlenden Kräfte werden gesehen, die Träger werden ohne Auflagen und Kontrollen unterstützt.
2022 gab es 16.115 Pflegeheime in Deutschland und 15.300 ambulante Pflegedienste. Ende 2021 wurden in Einrichtungen 702.059 Personen gepflegt und 3.763.305 in der Häuslichkeit. Die nächsten amtlichen Zahlen werden für Ende 2023 erhoben und Ende 2024 veröffentlicht werden. Ende 2022 waren weitere 600.000, damit insgesamt 5,2 Millionen anerkannt pflegebedürftig, oft wird noch mit Zahlen aus 2019 argumentiert und verharmlost.
Ambulante Dienste können derzeit maximal nur jeden zweiten Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit unterstützen. Dies bedeutet über 2 Millionen Pflegebedürftige in der Häuslichkeit müssen ohne fachliche Hilfe gepflegt werden.
Keiner spricht über die
- osteuropäischen Pflegehilfen in der Häuslichkeit, die aus Not die Angehörigen rund um die Uhr unterstützen. Was nutzen Schutzgesetze, die wegen fehlender Zuständigkeit nicht kontrolliert werden. Der Mindestlohn beläuft sich im Jahre 2014 auf 12,41 €. Zum Vergleich:
- Selbstständige Hilfen, mit freier Zeiteinteilung, müssen einen durchschnittlich Stundenlohn von 20 – 25 €uro haben, um die Sozialversicherung leisten zu können und eine auskömmliche Entlohnung zu erhalten. Bei 172 Stunden (40 x 4,3) werden zwischen 3.500 € (abzüglich SV von 860 €) und 4.300 Euro (abzüglich SV von 1.075 €) im Monat gezahlt. Seit dem 1.11.2023 gelten in Deutschland höhere Durchschnittslöhne in der Pflege. Die durchschnittlichen Stundenlöhne sind im Vergleich zum vergangenen Jahr um circa zwei Prozent auf 20,77 Euro gestiegen. Deutschlandweit betragen die neuen Durchschnittslöhne im Schnitt zukünftig 17,53 Euro für Pflegehilfskräfte ohne Ausbildung. Das sind knapp drei Prozent mehr als im Jahr 2022. Pflegeassistenzkräfte, also Hilfskräfte mit mindestens einjähriger Ausbildung, erhalten 19,53 Euro. Das sind über 2,5 Prozent mehr als bisher. Der neue Durchschnittslohn für Pflegefachkräfte beträgt 23,75 Euro, ein Plus von knapp 1,6 Prozent.
Angehörige arbeiten weiter, um ihren Lebensunterhalt zu zahlen und in ihrer „Freizeit“ pflegen sie bis zum Umfallen. Gut betuchte können sich Haushaltshilfen leisten, doch sie arbeiten selten angemeldet.
Angehörige stellen den größten Pflege(not)dienst der Nation.
Dieser „Liebesdienst“ wurde bereits bei Einführung der Pflegeversicherung 1995 in der Größenordnung um die 70 Prozent einkalkuliert. Die übrigen 30 Prozent der Pflegebedürftigen, bei denen die häusliche Pflege durch Angehörige und Dienste nicht sichergestellt werden kann, müssen, ob sie wollen oder nicht ins Heim. Dies war auch 1995 gesichert; es standen für 40% der Pflegebedürftigen Plätze der Wohlfahrtspflege zur Verfügung. Heute 2023 sind über 50 % der Plätze von Privatbetreibern auf dem Markt, aber nur 10% aller Pflegebedürftigen können ein Platz erhalten. Diese Plätze können, durch fehlende Ausbildungsunterstützung von Pflegekräfte der Anbieter, nicht mehr alle vorgehalten werden. Wie lange wird dies noch gut gehen?
Laut den Ergebnissen der Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom März 2023 wird die Zahl pflegebedürftiger Menschen in Deutschland allein durch die zunehmende Alterung bis zum Jahr 2055 um rund 37 Prozent zunehmen. Ursache hierfür ist vor allem die kontinuierlich zunehmende Zahl älterer Menschen in Folge einer stetig besser werdenden medizinischen Versorgung.
Stärker als früher müssen vor diesem Hintergrund die Potenziale älterer Menschen aktiviert und genutzt, gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und abgestufte Wohn-, Betreuungs- und Unterstützungsleistungen vor Ort eingerichtet werden. Auch künftige Seniorengenerationen werden wohl andere Anforderungen an die Strukturen und Angebote für ältere Menschen stellen. Die ältere Bevölkerung aktiv bei der Gestaltung seniorengerechter Wohn- und Lebensbedingungen zu beteiligen, ist daher ein wichtiger Pfeiler einer modernen Seniorenpolitik.
Die effiziente Koordination begrenzter personeller und finanzieller Ressourcen stellt eine existenzielle Herausforderung für die Sicherstellung der Grundversorgung in strukturschwachen, meist ländlichen Regionen vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung dar. Schon heute zeigen sich vielerorts Lücken in der Gesundheitsversorgung, die in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden und damit Vorboten einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung sind. Doch das Phänomen ist nicht neu: Es gibt Landstriche in Deutschland, die bereits gealtert sind, etwa in der Lausitz oder in Thüringen, in Bayern oder Schleswig-Holstein. Dort sind Kooperationsmodelle entstanden, die uns Ideen zur Gestaltung von regionalen Versorgungsbrücken liefern können, mit denen sich die Lücken zwar nicht beseitigen, aber im Patienteninteresse verkleinern lassen. Siehe dazu die Broschüre auf (www.neue-gesundheitsnetze.de).
Finanzielle Absicherung gewährleisten
Eine aktive und selbstbestimmte Teilhabe setzt auch im Alter finanzielle Sicherheit voraus. Die Rente in der Sozialversicherung wird derzeit zum 1.7. d. Jahres in Abhängigkeit der tariflichen Lohnerhöhungen erhöht. Minirenten werden nicht gesondert erhöht und wie bei Geringverdienern maximal bis zur Höhe des Bürgergeldes aufgestockt. Die bisherigen „Rentenverbesserungen“ der Regierungen sind Brosamen.
Wenn Arbeitnehmer ihre Angehörigen pflegen, müssen sie so gestellt werden, dass sie keinen Verlust an Kaufkraft und Rentenpunkten erleiden. Die Kaufkraft kann erhalten werden, wenn die Pflegekassenleistung je Pflegegrad einheitlich entgolten und nicht mehr in Sach- und Geldleistung unterschieden wird. Die Geldleistung steht dem Pflegebedürftigen zu und er kann frei entscheiden. Will er mit dem Geld den/die An-, Zugehörige(n) oder die „osteuropäische“ Haushaltshilfe bezahlen.
Alter(n) ist lokal
– Sorge und Mitverantwortung muss in der Kommune ausgebaut werden –
Das alltägliche Leben findet vor Ort in den Städten und Gemeinden, in den Ortsteilen und Quartieren statt. Die „sorgende Gemeinschaften“, bereits im 7. Altenbericht 2016 Seiten 16ff gefordert, sind auf lokaler Ebene endlich mit Landesmitteln flächendeckend aufzubauen. Den gesetzlichen Forderungen zur Planung müssen Taten folgen. Die notwendigen Schritte sind bekannt. Die inhaltliche Ausgestaltung und Umsetzung müssen unter Berücksichtigung regionaler Bedarfe und Schwerpunktsetzungen der Handlungsfelder erfolgen.
Bürgerschaftliches Engagement und gesellschaftliche Teilhabe im Alter bis hin zur Hospiz- und Palliativversorgung, kann nicht befohlen aber auf Augenhöhe aktiviert werden. Die derzeitigen Strukturen dienen allein der Sicherung der Finanzierung der örtlichen Beteiligten Anbieter, oft unter Leitung der kommunalen Verwaltung.
Wir müssen offen, transparent und ehrlich diskutieren; es fehlt an ausgebildeten Pflegekräften. Diese werden sich auch nicht dauerhaft aus armen Ländern rekrutieren lassen. Wir alle sind gefordert.
Es hilft die Zahl der Krankenhäuser zu dezimieren, um im Verhältnis die notwendigen Pflegekräfte nachweisen zu können. Der Anspruchsdruck wird sich auf die niedergelassenen Ärzte und weiter auf die An- und Zugehörigen auswirken.
Wir brauchen einen neuen Werteansatz in der Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass sich Lobbyverbände aus den Sozialkassen bedienen und die Qualität nicht offen auf den Prüfstand der Einzahler kommt. Die versprochene Transparenz durch die Sozialwahlen alle 6 Jahre ist weder durch eine echte Auswahl noch durch notwendige jährliche Transparenzberichte gegeben. Die Pflegeversicherung, als Anhängsel der jeweiligen Krankenkasse, ist weiterhin eine Black-Box. Die Klagen sind bekannt, es fehlt nicht an befristeten Modellversuchen. Es fehlt am Bewusstsein zur notwendigen breiten Umsetzung im Land.
Umsetzung
Ein Bewusstsein bildet sich nicht, ohne allgemeine, zugängliche Informationen oder/und durch Schönfärberei. Es ist verständlich, dass aktive Rentner ungern von Parteien und Räten eingebunden werden; sie stören die eingefahrenen Strukturen. Wie lange kann sich die Gesellschaft noch den Luxus leisten, auf die Erfahrungen der älteren Generation zu verzichten. Erinnert sei an Frau Trude Unruh, die Mitbegründerin des Seniorenschutzbundes und der Partei Graue Panther. Mann/Frau darf gespannt sein, ob die Sozialpolitik bei der Partei „BSW“ einen größeren und konkreteren Stellenwert einnehmen wird als bei den derzeitigen Parteien. Es fehlt nicht an der Erkenntnis, es fehlt an Handlungen. Die Seniorenorganisationen der Parteien, gegründet zur Zeiten von Trude Unruh, sind nicht mehr hörbar.
Einfach mal die Senioren einbinden, ihnen zuhören und mit ihnen gemeinsam umsetzen. Demokratie ist kein Wunschkonzert und darf nicht länger zum Finanzproblem erklärt werden. Den gesellschaftlichen Zusammenhalt müssen die Parteien durch ständige Einbindung und Diskussionen mit den Bürgern fördern. Parolen, Worthülsen sind zu wenig.
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Diskutieren Sie mit:
zur Unterstützung auch der An- und Zugehörigen von Heimbewohnern, Seniorenbeiräte, Betreuer. Nur wenn wir uns aktiv einbringen, wird sich etwas in unserem Sinne ändern. Nutzen Sie Ihren Ärger positiv; wer weiter schweigt, macht sich mitschuldig an der fehlenden Reformation.
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Vielen Dank für den Artikel! Es werden Themen angesprochen, die dringend gesellschaftlich und politisch diskutiert werden müssen!
Einige Gedankensplitter zum Angesprochenen:
Senioren sind wer? Wie wird der Begriff definiert? Über Alter, über Renteneintritt, über körperliche Einschränkungen?
Warum wird Alter in Deutschland so betont? Weil man damit auf vielen Ebenen gut verdienen kann?
Und wie wird über Alter gesprochen und politisch gehandelt? In meinen Augen vor allem defizitorientiert. Auch damit kann man wohl bessere Geschäfte machen.
Wie wäre es denn, wenn wir einmal unsere Ressourcen betonen und unsere Fähigkeit uns selbst zu organisieren verstärkt einbringen würden?
Kein Sozialraum gleicht dem anderen. Wir hangeln uns von einem nicht nachhaltigen Projekt zum anderen. Was soll das bringen?
„Pflege“ wird als Synonym für „professionelle Pflege“ verwendet. Nie und nimmer kann jetzt und künftig die 24/7/365 Versorgung durch professionelle Pflege sichergestellt werden. Aber auch durch sog. „pflegende Angehörige“ wird diese Versorgung nicht mehr zu weit über 80% so nebenher von einem nicht flächendeckend vorhandenen familiären Umfeld sichergestellt werden können. Wie denn auch, wenn jede/r Arbeitsfähige arbeiten muss um die Wirtschaft am Laufen zu halten und wenn die immer höheren Wohn- und Lebenshaltungskosten immer mehr Geld verschlingen? Ganz zu schweigen von Sozialabgaben und privat zu tragenden hohen Kosten im Pflegefall. Dass die Pflege- und Sorgearbeit zu über 84% kostenneutral vor allem von Frauen erbracht wird, die dann nicht selten in der Altersarmut landen, ist ja offensichtlich im gesellschaftlichen Diskurs nicht der Rede wert.
Ich denke, an erster Stelle müsste es einen Weckruf in unsere schlafende Gesellschaft hinein geben: Die Themen soziale Absicherung und Pflege gehen uns bzw. uns nahestehende Menschen früher oder später ALLE an.
Sollten wir uns also nicht ALLE darüber Gedanken machen, wie wir GEMEINSAM (!) vor Ort und im Land Zukunft gestalten können? – Manifest für eine menschliche Pflege –
Brigitte Bührlen Stifterin I Gründerin I Vorsitzende
WIR! Stiftung pflegender Angehöriger