Bürger aufgewacht

Nahe Gemeinde-Gesundheits-Pflege ist überfällig

Durch den demografischen Wandel in Deutschland wird in der Wissenschaft seit Jahren eine Community Health Nursing (CHN) thematisiert andere sprechen von Care Community. Immer wird damit auf die großen Herausforderungen aufmerksam gemacht. Was nutzen Diskussionen im Elfenbeinturm und kleine Korrekturen zu Gunsten der stationären Hilfe auf Kosten der Versicherten. Der Pflegenotstand hat sich bereits zur Pflegekatastrophe verfestigt. Planungen dauern bis zu zehn Jahre. Sie beginnen oft erst, wenn die politischen Weichen unausweichlich gestellt werden müssen. Die Politik lässt sich von Lobbygruppen, nicht aber vom Wähler treiben.

In den Kommunen herrscht überwiegend noch Stillstand, die Gremienvertreter sind auf die Vorarbeiten der Verwaltung angewiesen. Die mit der häuslichen „Pflege“ Versorgung betroffenen An- und Zugehörigen haben keine Luft zum Atmen, sie geben ihre letzten Ressourcen. Von Ihnen ist kein Druck oder gar ein Aufstand zu erwarten. Einige haben die Möglichkeiten, unter Missachtung der Schutzgesetze, in die „24 Stundenpflege“ zu flüchten. Pflegende werden allein gelassen. Bürger verschließen die Augen, sehen weg. Alle hoffen der Kelch wird an mir/uns vorübergehen. Der Schein trügt; jeder vierte wird direkt oder indirekt mit der Pflege früher oder später konfrontiert. Dann ist es für notwendige Änderung noch später. Das Pflegeversicherungsgesetz (heutige SGB XI) wurde 12 ganze Jahre diskutiert und 1994 verkündet. Schönheitsreparaturen reichen nicht. Der Druck kann nur von den Bürgern kommen, wenn die Fakten auf den Tisch gelegt werden.

Jedes verschleppte Jahre verteuert die notwendige Reparatur, hilft argumentativ extremen Gruppen.

Die Babyboomer-Jahrgänge treten in den Ruhestand ein und erreichen das Alter, in dem sich viele, vor allem chronische Erkrankungen verfestigen. In der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen sind laut Robert Koch-Institut 76 % der Frauen und 68 % der Männer von zwei und mehr Erkrankungen betroffen. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung prognostizierte 2017 einen Anstieg der Anzahl der Pflegebedürftigen von rund 2 Millionen bis zum Jahr 2050. Mit diesen Werten wird in der Wissenschaft größtenteils noch heute argumentiert.  Die Fakten:

  • 2017 waren 3.414.378 Menschen als pflegebedürftig anerkannt. Drei Jahre später Ende
  • 2020 waren 4.739.824 pflegebedürftig.
  • 2022 sind bereits über 5,3 Mio. anerkannt Pflegebedürftige, davon müssen über 4,4 Mio. in der eigenen Häuslichkeit („gepflegt„) versorgt werden, überwiegend ohne fachliche Hilfe.

Was für 30 Jahre später vorhergesagt wurde, ist bereits nach 5 Jahren eingetroffen und die Babyboomer Jahrgänge sind noch nicht von der notwendigen Hilfe im Leben betroffen oder gar krank, sie gehen erst allmählich mit 67 Jahren in die Rente.

Die notwendige Unterstützung der wachsenden Zahl älterer und alleinstehender Menschen fordert eine koordinierte Verknüpfung von medizinisch-pflegerischen Leistungen mit Aktivitäten im kommunalen Lebensumfeld. Ansätze von Quartiersmanagement sind erkennbar. Seit Jahren gefördert als Modelle durch die Pflegeversicherung und verschiedene Landeshaushalte. Es fehlt ein durchgehend schlüssiges Konzept. Wir brauchen eine Auswertung der Modelle. Das Ziel muss sein, eine gut entwickelte Primärversorgung, die gesundheitsfördernden, präventiven, kurativen, pflegerischen, rehabilitativen und palliativen Maßnahmen verzahnt und gemeindenah verantwortet wird. Verharmlosende Argumentation, fehlende Transparenz, ein weiteres Abwiegeln höhlt die Demokratie aus, zerstört sie schleichend.

Sehen Politiker (k)eine Verantwortung

Die formale Verantwortlichkeit im Gesundheitswesen ist durch die bestehende Bundes- und Landeszuständigkeit zweigeteilt. Die notwendige Umsetzung in der Kommune wird nicht entsprechend mit den notwendigen Steuermitteln und Manpower unterstützt. Dem Bund obliegt federführend die Krankenfürsorge mit SGB V und dem Land die Ausgestaltung der Pflegelandschaft nach SGB XI. Modelle helfen nicht weiter, werden als Alibi vorgeschoben,  z.B. Quartierpflege Leipzig. Ein anderes Projekt: HandinHand – Hausarzt und Pflegeexperte Hand in Hand

Das Land NRW hat die Verantwortung auf die Kommunen delegiert und verweist auf die Vertragshoheit der Landespflegekassen mit den Einrichtungsträgern als freie Marktteilnehmer. In den Kommunen wird das Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) formal im Sinne der Betreiber umgesetzt. Die zweijährigen Berichte nehmen die Kommunalen Gremien verspätet kommentarlos zur Kenntnis. Die teilweise freigewählten oder gebildeten Seniorenbeiräte sind als Beratungsgremium durch fehlende Schulungen und Informationen überfordert. Das kommunale Gesundheitswesen wird in gesonderten nichtöffentlichen Gremien ausgehandelt. Ein Problembewusstsein kann so und soll so wahrscheinlich nicht entstehen.  Die Verwaltung und Ratsfraktionen vermeiden „Störenfriede“. Entscheidungen könnten fehlerbehaftet sein, dann  lieber die Periode aussitzen, handeln, wo Lorbeeren winken.

Mit dem Pflegeversicherungsgesetz wurde die „Pflege“landschaft zur Versorgung dem „freiem Markt“ den Investoren überlassen. Die Träger nutzen den optimalen Schutz, der sich durch die Gesetze bietet und erpressen die Versicherten über die Bundesregierung, der in seiner NOT, bei der fehlenden Kontrolle und Alternative, diesem durch „Maßnahmen zum Ausgleich außergewöhnlichen Kosten“ (§§ 150 ff SGB XI) nachgibt. Die Zuständigkeit obliegt den Landespflegekassen. Die Anhängsel einer der 96 Krankenkassen, sind intransparent, ohne eigene Sanktionsmittel und überwiegend ohne Vertretung in Bundesgremien. Für den Krankenhausbereich (SGB V) ist der Bund zuständig. Die Bundesregierungskommission Krankenhausversorgung, der Ampelkoalition, legte allein im Jahr 2022 sechs Gesetze und im Jahr 2023 folgende Gesetzentwürfe vor.

·       Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) Gesetz seit 19.7.23

·       Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) Entwurf vom 30.8.23

·       Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) Entwurf vom 30.8.23

·       Gesetz zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz (Krankenhaustransparenzgesetz) Entwurf vom 13.9.23

Die Gesetze haben alle direkt oder indirekt eine Auswirkung auf die versicherten Bürger. Die Überschriften verschleiern oft den wahren Zweck. Sie werden mit den zukünftig betroffenen Bürgern nicht diskutiert. Der Aktionismus auf Bundesebene reagiert auf Forderungen von Lobbyisten. Die Verantwortung nach dem „Pflegeversicherungsgesetz“ (SGB XI), geht ungenannt unter. Wie lange wird der Kopf noch in den Sand gesteckt, die Pflegekatastrophe ignoriert.

Wann werden die Politiker ehrlich?

Es geht nicht um die Pflege, es geht um die Versorgung mit den zunehmenden  Defiziten im letzten Lebensabschnitt. SGB XI kann nicht länger ein Anhängsel von 96 Krankenkassen bleiben. Die Reform ist überfällig, wie sie bereits im Jahre 2021 im Ampelkoalitonsvertrag versprochen wurde. Bleibt es wie immer bei einer Ankündigung. Werden die Wähler ein weiteres Mal sozial enttäuscht.

Reicht es aus, dass:

  • die Träger von Krankenhäusern und Altenhilfeeinrichtungen sich um das Angebot sorgen, ohne für die Ausbildung und Qualität verantwortlich zu sein.
  • Die Pflegekräfte sich zwangsweise in Pflegekammern organisieren und für die Aus- und Weiterbildung verantwortlich zeichnen.

Im Alten Rom erhielt der Arzt ein monatliches Einkommen zur Vorsorge und Gesundheitsförderung. Die Römer wussten, Vorsorge ist preiswerter als Nachsorge.

Gemäß § 1 SGB V ist es eine Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Gesundheit der Versicherten „zu erhalten und dazu auch die gesundheitliche Eigenkompetenz und Eigenverantwortung“ zu stärken. Die 96 Krankenkassen helfen den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratungen und Leistungen. Es folgen weitere über 500 Paragrafen, die Fachleute verstehen und der Bürger Leistungen aus Unkenntnis nicht nutzt oder aus formalen Gründen ihm verweigert werden. Wir brauchen keine 96 Pflegekassen, eine je Bundesland reicht, damit notwendige Ansprechpartner die Verantwortung übernehmen und dem Versicherten die Leistung übermittelt wird. Wir brauchen ein Umdenken. Weg vom Anspruchsdenken zu Lasten Dritter. Wir brauchen Rechenschaftspflicht über Einnahmen und Kosten. In Pflegeversicherung werden im Jahre 2024 durch die sozialversicherten Arbeitnehmer 66 Mrd. € eingezahlt. Eine Ausgabentransparenz fehlt.

Eine Gemeindenahe-Gesundheits-Pflege ist gefragt.

Eine kompetente bürgernahe Anlaufstelle, damit die Gesundheit der Versicherten erhalten wird und auch die gesundheitliche Eigenkompetenz und Eigenverantwortung gestärkt werden kann. Fehlentwicklungen müssen schneller erkannt, abgestellt und optimiert werden. Die Niederländer zeigen auf, wie eine verantwortliche gemeindenahe Versorgung gelingen kann. Umsetzung nach niederländischem Quartiers-Prinzip der Bezugspflege. Weitergehend das dänische Modell.

Aus heutiger Sicht steht mit der Alterung unserer Bevölkerung dem klassischen Generationenvertrag in

Ausblick Erwerbsfähige zu Senioren

den Sozialversicherungszweigen, Krankenkasse (SGB V), Pflegekasse (SGB XI) und Rentenversicherung (SGB VI) ein immer drängender Umbruch bevor. Wenn die Versorgung der Älteren weiterhin maßgeblich aus den Beiträgen der Erwerbstätigen finanziert wird, muss sich die Beitragslast der gesetzlich Versicherten in den kommenden 20 Jahren fast vervierfachen, wenn wir jetzt nicht rechtzeitig die Finanzierung reformieren. Damit mit harten Fakten diskutiert wird, sollen die Zahlen der Versicherten zum 31.12.2021 als Basis dienen. Sozialversichert waren danach rd. 73,51 Mio. Bürger und in der Privaten Versicherung waren rd. 9,17 Mio. Bürger versichert. Diese Zahlen zeigen nicht die Einzahler in den jeweiligen Versicherungszweig. Hier hilft ein Blick in die Einnahmen der Pflegeversicherung.

Die Einnahmen der sozialen Pflegeversicherung (Privaten Pflegeversicherung) waren in den Jahren

30,69 Mrd. € (0,95 Mrd.€) 2015, 562 Mrd. € (1,55 Mrd.€) 2020, 52,5 Mrd. € (1,8 Mrd.€) 2021, 57,78 Mrd. € (2,1 Mrd.€) 2022, im Jahr 2023 werden 66 Mrd. € (2,2 Mrd.€) erwartet. 

Wer kennt die Ausgaben für die 90% in der Häuslichkeit und 10% stationär? – Bitte den Kommentar nutzen –

Warum ist die Quartiersbedeutung so zentral?

Wenn die ambulante Pflege älterer Menschen durch Angehörige und Profis gestärkt werden soll, dann muss sie dorthin kommen, wo die Menschen leben: möglichst direkt in ihre langjährig vertrauten Wohnungen und Häuser. Bei der notwendigen Ausstattung wird es auch Fälle geben, die in ihren Wohnungen nicht mehr zurechtkommen. Diese Menschen wünschen sich alternative pflegerische Angebote und Versorgungssicherheit in der „Pantoffelnähe“ ihrer bisherigen Wohnung. Je schneller Defizite erkannt und abgestellt werden. Es wird effizienter und preiswerter für die Bürger.

Wir brauchen ein ganzheitliches Denken von Gesundheit

zuerst eine gesetzliche Klarstellung:

HinweisPflege wird noch immer überwiegend als Leistung im Krankenhaus (SGB V) gedacht. „Pflege“ – Versorgung – nach SGB XI kann jede Hausfrau, jeder/jede Angehörige! Der gesetzliche Versorgungsanspruch nach SGB XI steht dem anerkannt „Pflegebedürftigen“ als Geldleistung zu. Die gesetzliche Klarheit ist notwendig, damit die Investoren sich nicht länger durch das Modell „Betreutes- oder Servicewohnen“ aus der stationären Anerkennung verabschieden. In Österreich werden ab Beginn des Jahres 2024 Pflegefachpersonen, nach 8 Jahren Übergang, nur noch an Hochschulen ausgebildet. 

Viele Argumente sind noch hinzuzufügen, zu bedenken.

Es folgt Teil 2

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