Das Versprechen der Ampelkoalition läßt auf sich warten.
Unsere Lebenserwartung steigt. Können wir unseren Lebensabend so angenehm wie möglich gestalten und vorsorgen? Gewerbliche Anbieter sehen gerade in Ballungsgebieten der Städte einen immer größeren Bedarf Geld aus dem System zu ziehen. Die Pflegekassen sind macht- und zahnlos den Konzernen ausgeliefert.
Ältere Menschen stehen im Alltag vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die von gesundheitlichen Einschränkungen bis hin zu sozialen und psychologischen Faktoren reichen können. Auch wenn sich in dieser Legislaturperiode, bei dieser Parteienkonstellation, sich für die Bürger nichts ändern wird, braucht es rechtzeitige Informationen zur nächsten Wahl.
Wir nehmen den Faden erneut auf. Die SPD-Fraktion im Bundestag reagiert durch eine Beschlussvorlage vom 11.1.2024 mit: „Das Leben leichter machen – Der Sozialstaat als Partner“ Wer etwas bewirken will, braucht Fakten und Hintergründe; Zielbeschreibungen und „Wollen“ helfen nicht.
Vermittlungsbüros sehen große Chancen.
Sie werben damit, dass sie die vielfältigen Herausforderungen, denen ältere Menschen im Alltag begegnen, erkennen und dafür Hilfestellungen und Lösungsansätze finden. Es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft, Ältere bestmöglich zu unterstützen“, betont Stefan Lux. Er ist Geschäftsführer der SHD Seniorenhilfe Dortmund. Die GmbH vermittelt die Kräfte im Großraum Dortmund-Bochum-Essen-Duisburg-Düsseldorf sowie in Städten wie Wuppertal und Mönchengladbach und die SHD Seniorenhilfe Rhein-Nahe im Bereich Bad Kreuznach in der gesamten Region Rhein-Nahe tätig.
Es gibt weitere bundesweit agierende Firmen
Die Private Seniorenbetreuung Deutschland (PSB Deutschland) mit Sitz in Stuttgart wirbt mit ihren 9 PSB-Partnerbüros für 24-Stunden-Betreuung und 24-Stunden-Pflege im eigenen zuhause mit Qualität und Niveau. 45 Vermittler haben sich bis 2023 zusammengeschlossen im Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) und werben als Lobbyverband, dass sie die Interessen von rund 300.000 Familien vertreten, deren alte, kranke oder sterbende Angehörige durch v.a. osteuropäische Betreuungspersonen in häuslicher Gemeinschaft versorgt werden.
Sie arbeiten mit doppelter Angst:
- der fehlenden Vorsorge und
- der illegalen „Schwarzarbeit“.
Die Hilfskräfte aus dem nichteuropäischen Ausland sind offiziell unsichtbar. Sie werden nicht gemeldet und sind damit nicht unfall-, sozialversichert. Es werden für sie keine Steuern gezahlt. Auch wenn vor Ort die Nachbarschaft dies sehr wohl weiß, dass sie hier leben und arbeiten. Oft werden sie im Dorf in der Verwandt- und Bekanntschaft weitergereicht. Grund für diese Illegalität: Die Betreuungspersonen sind rund € 800-1.000 pro Monat billiger als die Vermittler. Doch wird der Nachbar immer wegschauen. Nur etwa 10% der Haushalte arbeiten mit seriösen Vermittlungsagenturen zusammen. Auch hier wird im Vertrag klar: wie die Kräfte entlohnt werden. Gilt der deutsche oder der Mindestlohn des Herkunftslandes? In Polen gelten ab Juli 2024 28,10 Zloty oder 6,44 Euro je Stunde, in Deutschland sind es 14,42 Euro. Auch rechtlich ist nicht immer nachvollziehbar, wer im Falle eines Fehlers haftet – oder ob die Betreuungskraft wirklich qualifiziert für die Pflegebedürfnisse ist.
Seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Mindestlohnpflicht von Bereitschaftszeit (5 AZR 505/20) vom 24. Juni 2021 werben die Vermittler verstärkt mit der Refinanzierungsmöglichkeit der Betreuung in häuslicher Gemeinschaft (BihG). Siehe auch unseren Beitrag: Betreuungskräfte in der Pflege aus dem Ausland
Es bräuchte zusätzlich allein für die 300.000 vermittelten Pflegebedürftige stationäre Pflegeplätze in 3.750 neu zu bauenden Heimen. Die Wirklichkeit: Das Geschäft mit Gesundheitsimmobilien in Deutschland ist im vergangenen Jahr 2023 erneut eingebrochen. Das Transaktionsvolumen ging um über 60 Prozent zurück und sank auf unter eine Milliarde Euro, so der Immobiliendienstleister CBRE.
Anerkennung der ambulanten Pflege als Sachleistung
Im Bundestags-Wahlkampf und im Koalitionsvertrag der Ampel wurde eine Pflegereform mit einem neuen § 45 f SGB XI vorgesehen. Was wurde bisher mit den 10 Millionen Euro erreicht? Die derzeitige Hilfskonstruktion des „Betreuten“ oder „Service“ Wohnen soll auf gesetzliche Anerkennung gestellt werden. Bisher können nur von den Pflegekassen anerkannte Pflegedienste die Hilfen in der Häuslichkeit als „Sachleistungsentgelt“ abrechnen, einem über doppelten Entgelt als dem reinen Pflegegeld. Dies ändert sich auch nicht durch Presseberichte des Sozialministers Laumann; die 96 Pflegekassen entscheiden autonom. Die Brisanz der Notlage zeigt sich, dass der Verband der Privaten Heimbetreiber aus Personal- und Gewinngründen keine Personen mehr mit einem erhöhten Pflegebedarf aufnimmt. Wo bleiben die anerkannt Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 4 und 5. Die Entgelte aus 2021 zeigen deutlich der Pflegegrad 3 bringt die notwendigen Erlöse in der Pflege. Eine gute Zusammenfassung der Leistungen der Pflegeversicherung von Thomas Gerlinger, ein Auszug:
¹ Es wird entweder das Pflegegeld oder es werden ambulante Pflegesachleistungen gewährt. Beide Leistungen können jedoch auch miteinander kombiniert werden (sogenannte Kombinationsleistung). Das Pflegegeld vermindert sich dann anteilig (prozentual) im Verhältnis zum Wert der in dem jeweiligen Monat in Anspruch genommenen ambulanten Pflegesachleistungen.
² Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2, die ihren Anspruch auf ambulante Pflegesachleistungen in dem jeweiligen Monat nicht oder nicht voll ausschöpfen, können bis zu 40 % des jeweiligen Leistungsbetrags der ambulanten Pflegesachleistung auch für die Erstattung von Aufwendungen für Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag verwenden (Umwandlungsanspruch). Die Regelungen zur Kombinationsleistung finden entsprechende Anwendung.
Auch im Jahr 2024 hat sich im dritten Jahr der Ampelkoalition nichts Wesentliches geändert.Das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen für zuhause Gepflegte steigen ab 2024 um fünf Prozent. Die nächste Erhöhung kommt 2025 mit 4,5 Prozent.
Die Vermittler möchten unausgesprochen von den erhöhten Sätzen der Pflegesachleistung profitieren. Die 66 Mrd. € in der Pflegekassen ab 2024 machen die Begehrlichkeit verständlich. Dies hilft aber den 60 Prozent der An- und Zugehörigen der über 4,5 Millionen Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit nicht wirklich weiter. 2.800.000 anerkannt Pflegebedürftige sind weiterhin auf Unterstützung für kleines Geld angewiesen. Bei Pflegegrad 3 können im Monat gerade mal 36 Stunden von 732 Stunden (30,5 Tage x 24 Std.) oder 8 Stunden in der Woche durch eine nicht angemeldete Hilfskraft abgedeckt und „schwarz“ bezahlt werden. Die Regierenden drücken die Augen zu; in jedem Fall droht die Katastrophe. Jeder ist sich selbst der Nächste. „Steht mir doch zu!“ oder „Wer denkt an mich?“
Bei Beschäftigung durch Agenturen ohne Bewilligung oder bei Arbeitsverhältnissen, die die gesetzlichen Auflagen nicht erfüllen, bestehen folgende Risiken:
Beeinträchtigung der Leistungsansprüche der Versicherten;
Lohndumping und Ausbeutung von Arbeitnehmenden.
Arbeitgeber, die zu pflegende Person und die Familie, machen sich strafbar.
Es drohen Geldbußen, in der Schweiz bis zu Franken 40’000.-, auch formal in Deutschland bis 50.000 € sowie hohe Nachzahlungen von Sozialabgaben, Steuern und Versicherungen.
So ordnen wir es ein: Man mag sich auf den Standpunkt stellen: «Wo kein Kläger, da kein Richter». Aber die Versicherungs- und Steuergesetzgebung, das Arbeitsrecht, sowie den Mindestlohn zu umgehen, kann richtig teuer werden und schadet der Demokratie. Es ist ein europäisches Problem. Auch ein rechtfertigender Notstand in der Häuslichkeit!?
Das Pflege-Geld in der Häuslichkeit wird immer nur ein Aufwendungsersatz bleiben.
Wenn wir die Herausforderung des Älterwerdens meistern wollen, brauchen wir ein Umdenken in unserer Gesellschaft, angefangen bei der Wortwahl, wie zum Beispiel „Pflegesachleistung“; wer ist die Sache, die Pflegekraft oder die zu pflegende Person, bis zu einem anderen Miteinander. Was verstehen wir unter „Pflege“? Können wir weiterhin so einen allgemeinen Begriff im Rechtsverkehr benutzen?
Eine Positionsbeschreibung und ein Wollen reicht nicht!
„Die Reform des Sozialstaates ist nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten und der verschiedenen Ebenen ein Projekt, das mehrere Jahre umfasst und die Expertise aus der Praxis benötigt. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich in den nächsten Monaten in zahlreichen Dialogformaten intensiv mit der Umsetzung beschäftigen.“
Unsere Meinung: Ein weiteres Reden bringt keine neuen Erkenntnisse. Die Pflegekatastrophe ist gegeben. Es fehlt am ganzheitlichen Denken für die alternde Gesellschaft; nur so kann die notwendige Nachhaltigkeit bei optimalen Einsatz des Resourcen gelingen. Der Staat muss wieder der soziale Partner in der Daseinsvorsorge der Bürger, der Wähler werden und darf nicht länger der Marktwirtschaft (Privat vor Staat) verpflichtet sein, die sich auf dem Sozialstaatsgedanken ausruht und diesen gewinnbringend ausnutzt.
- Der Schutz der Gesundheitskonzerne nach §§ 291 ff HGB ist aufzuheben. Heimentgelte dürfen nicht länger allein auf Glauben aufgebaut sein. Eine Stellungsnahme des Heimbeirates nach § 85 Abs. 3 SGB XI muss verpflichtend sein, wie die Beiladung und Teilnahme zur Verhandlung.
- SGBXI muss den Versicherten dienen. Das Sachleistungsprinzip muss fallen. 10% stationäre Plätze sind zu wenig. Die jährliche Förderung von 100 Mio. € brachten bisher keine Entlastung, es war und wird ein Mitnahmeeffekt der gewerblichen Anbieter.
- Das Ausweichen auf „Betreutes Wohnen“ darf sich nicht länger lohnen.
Wir brauchen klare rechtssichere Vorgaben und Sanktionsmöglichkeiten. Keine weitere Ausplünderung der Sozialkassen durch Finanzinvestoren und Lobbyisten. In dieser Legislaturperiode, bei dieser Parteienkonstellation, wird sich für die Bürger nichts ändern.
Wir müssen positiv in die Zukunft blicken.
Senioren sollten nicht abgeschoben, vergessen werden.
Seniorenpolitik ein Wunschtraum?
Lassen Sie uns die notwendige Zeit vorsorgen.
Wir werden einen entsprechenden Beitrag schreiben.
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