Nicht diskriminiert zu werden, darf nicht länger ein formales Recht in unserem Land bleiben.
Die Pflegekatastrophe darf nicht länger verschwiegen und geduldet werden. Staatlich garantierte Grundrechte müssen auch für Abgeordnete, Beamte und den Staat selbst gelten und von diesen eingehalten werden.
Grundrechte sind gerade jetzt von großer Bedeutung. Wir leben in einer Zeit, in der rassistische und menschenfeindliche Erzählungen Land gewinnen: Für Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen mit Behinderung, Juden, Muslime, Pflegebedürftige und viele andere hat sich das Leben in den vergangenen Jahren nicht zum Guten verändert. Eine Gendergerechte Sprache reicht nicht aus. Viele machen sich Sorgen um ihre Zukunft und um die Sicherheit ihrer Familien in Deutschland. Die 4,5 Mio. pflegenden Angehörigen werden weiter nicht gesehen. Grundrechte dürfen kein Lippenbekenntnis der Verantwortlichen in Bund und Länder bleiben und sind anzupassen. Abgeordnete und Räte sind aufgerufen, sich aktiv einzubringen.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist 2006 in Kraft getreten. 1995 wurde das Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) eingeführt. Der Staat hat sich von der Aufgabe getrennt.
Privat vor Staat
Würde kann man nicht kaufen. Geld kann man nicht essen, Gesundheit nur bedingt kaufen. Zur Erinnerung: Das letzte Hemd hat keine Taschen.
Das Internet, soziale Medien, Künstliche Intelligenz, Mobilität, medizinische Versorgung, die Wirtschaft – kaum ein Bereich, der sich nicht stark gewandelt hat. Auch die Pandemie muss zum Umdenken führen.
18 Jahre später ist das AGG kein einziges Mal inhaltlich reformiert worden und auch das SGB XI wurde 29 Jahre nicht verbessert. Fordern wir die Versprechen der Parteien ein, sonst werden sie wieder in die nächste Legislatur verschoben oder gar verhindert. Ein Auslagern der Verantwortung auf einen Beirat oder eine Pflegekammer ist Aktionismus.
Es fehlt nicht am Geld, es fehlt am Willen.
Der Schutz vor Diskriminierung greift nicht überall. Er gilt im Arbeitsrecht und bei so genannten Massengeschäften, also auf dem Wohnungsmarkt, beim Einkauf oder im Restaurant. Wenn der Kellner die Kundin rassistisch beleidigt, kann sie mit dem AGG dagegen vorgehen. Wenn ein Mitarbeiter beim Jobcenter das gleiche tut, geht das nicht: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist für die Privatwirtschaft bindend, aber nicht für den Staat selbst. Diskriminierungen durch staatliche Stellen machen mittlerweile ein Fünftel aller Beratungsanfragen 2022 aus. So sahen sich über 1.000 Betroffene von Ämtern und Behörden diskriminiert und mehr als 300 durch die Polizei und die Justiz.
Nicht alles, was Menschen als ungerecht empfinden, ist rechtlich gesehen eine Diskriminierung. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet es, Menschen „aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ (§1 AGG) zu benachteiligen. Anders ist es, wenn Menschen wegen ihres sozialen Status schlechter gestellt werden. In diesen Fällen greift das AGG nicht. Das zu ändern, wäre ein wichtiges Zeichen.
Arme Menschen, Alleinerziehende, Obdachlose, Pflegende Angehörige und andere werden bisher in der Politik kaum geachtet oder sogar weiter ausgegrenzt. Die Diskussion ums Bürgergeld zeigt die Spaltung in den Parteien und den Abgeordneten, wenn Empfänger von Sozialleistungen immer wieder pauschal als arbeitsunwillige Problemgruppe markieren und diffamieren. Populismus gegen Arme ist gerade hoch im Kurs. Das führt dazu, dass die Diskriminierung aufgrund des sozialen Status weiter zunimmt.
Nicht nur Empfänger von Pflege- und Sozialleistungen, nein jeder kann früher oder später von Diskriminierung, von Pflege betroffen sein. Dafür reicht es, älter zu werden oder aufgrund einer chronischen Krankheit auf Barrierefreiheit angewiesen zu sein oder schlichtweg, Kinder zu bekommen.
Umdenken und Handeln ist angesagt
Wenn Geld mehr zählt als der Mensch ist es kein Wunder, dass unter diesen Umständen überkommene Rollenbilder hartnäckig fortleben müssen und Familien das Leben schwer machen. Auch Menschen, die Angehörige pflegen, werden in der Arbeitswelt benachteiligt. Damit der Einsatz von Eltern und pflegenden Menschen nicht zum Burnout mit anschließendem Karriereknick führt, muss familiäre Fürsorgeverantwortung ebenfalls als Diskriminierungsmerkmal in das AGG aufgenommen werden.
Eine Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist zu wenig. Nur wenn in jeder Kommune eine Anlauf- und Beschwerdestelle eingerichtet wird, ist die notwendige Information möglich. Die Stelle könnte zum Beispiel die Seniorenvertretung sein, die unabhängig die Informationen prüft und entsprechend weiterleitet, dadurch ist gleichzeitig eine Aufwertung der Arbeit gegeben.
In der Verfolgung der Antidiskriminierung ist Deutschland ein Entwicklungsland. Es gibt nur eine Anlaufstelle zur Beratung. Nur mit Offenheit und Transparenz kann Fakes entgegnet werden, schützt die Demokratie.
Auszug aus dem Jahresbericht 2022 Seite 19
Deutschland ist im EU-Vergleich Schlusslicht.
Eine AGG-Reform ist überfällig, es muss:
- ein Verbandsklagerecht eingeführt werden,
- die Kommunen zur Annahme der Beschwerde verpflichtet werden.
Siehe auch mit weiteren Verweisen:
Mein Nachbar, sind wir in Gefahr
Demokratie ist vielfältig und in großer Gefahr
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