Warum nicht ein englisches Wort, wenn es hilft Strukturen, Denken aufzubrechen, um die Pflegekatastrophe abzumildern.
Unser gemeinsames Haus brennt, die Welt verändert sich in einem immer schnellener Tempo. Das Misstrauen gegenüber der Regierung ist groß. Können oder müssen die Bürger erwarten, dass sie sich alle Verantwortlichen in den Regierungen und Unternehmen für das Allgemeinwohl engagieren. Alle müssen sich vernetzen und austauschen, zusammenarbeiten, nicht nur die direkt Handelnden auch die betroffenen Versicherten im Gesundheitsbereich.
Ausgangslage
Nach Berechnungen des DAK-Reports werden in den kommenden 25 Jahren 2,3 Millionen Menschen mehr als heute auf Pflege angewiesen sein. Die Zahl der Pflegebedürftigen werde von 5,2 Millionen im Jahr 2022 auf 7,5 Millionen steigen. Dies entfaltet auch Auswirkungen auf das gesamte Gesundheitssystem und muss mitgedacht werden. Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz, kein weiteres Schielen der Anbieter auf verschiedene Erlöstöpfe von SGB V, SGB IX, SGB XI und XII. Wir brauchen mehr Fürsorgepflicht, mehr „kollektives“ Interesse aller Handelnden. Das Beklatschen in der NOT ändert nicht die Notlage.
Die Pflegeversicherung wurde auch eingeführt mit dem Slogan: „Private Equity“ die Chance wurde gesehen den zukünftigen Bedarf der notwendigen Pflegebetten durch Öffnung für Private Investoren zum Bau neuer Einrichtungen zu gewinnen, um den Kommunalhaushalt zu entlasten. Im Gegenzug wurde die Abrechnung mit der Sozialhilfe nach SGB XII, SGB IX gewährt. Die Bedingung, dass 30% der Pflegebedürftigen einen Pflegeplatz erhalten, ist seit Jahren nicht mehr gegeben.
Die Kommunen zogen sich teilweise aus dem Altenhilfemarkt zurück; sie wollten nicht als Quislinge gelten. Auch mit dem Argument, wir können nicht auf zwei Schultern gleichzeitig tragen. Eine ordentliche Heimaufsicht und gleichzeitig die Eigenbetrieb ordnungsrechtlich unabhängig gewährleisten. Die Einrichtungen wurden so größtenteils von den Wohlfahrtsverbänden übernommen, so im ehemaligen Landkreis Köln.
Einrichtungsträger und Pflegekassen
Mit dem SGB XI wurde eine Pflegebuchführungverordnung erlassen, damit alle Einrichtungen nach den gleichen Bedingungen die Kosten und Erlöse erfassen. Die Abgeordneten entledigten sich ihrer Pflicht und bestellten die neu zugründenden Pflegekassenzu zu Hütern ohne Befugnisse. Mit dem neuen Teil im Sozialrecht wurde nicht gesehen oder bedacht das allgemeine Gesellschaftsrecht und das Steuerrecht anzugleichen. Die Freiheiten des HGB insbesondere durch die Konzernbildung nach den §§ 291ff. HGB geben den Trägern alle Macht Gewinne auf Kosten der Pflegebedürftigen zu generieren. Zum Ausgleich wird den Wohlfahrtseinrichtungen zugebilligt, Gewinne einzupreisen.
Die gesetzliche Mitwirkung der Bewohner nach § 85 Abs.3 SGB XI wird bewußt von den Einrichtungsträgern umgangen und von den Vertragspartnern auf seiten der Kostenträger durch die Verhandlungsführer der Landespflegekassen nicht gesehen und nach dem Bundessozialgerichtsurteil mit Urteil vom 26.09.2019, Az.: – B 3 P 1/18 R1, weiterhin nicht beachtet. So läuft auch die Pflegebuchführung ins Leere; entsprechende Daten müssen nicht vorgelegt oder gar testiert werden.
66 Mrd. Euro werden jährlich durch die Sozialversicherten in die Pflegekasse eingezahlt. Die Verwendung kommt den Trägern von Pflegeeinrichtungen überproportional durch das Sachleistungsprinzip zu Gute. Die Forderungen der Einrichtungen steigen, die Qualität vermindert sich. Bereits heute werden bis zu 90% der Pflegebedürftigen, 4,2 Millionen Menschen in der Häuslichkeit in allen Pflegegraden und überwiegend ohne fachliche Hilfe und Unterstützung gepflegt.
Im Bund werden die Stimmen der Einrichtungsträger gehört! Gesetzliche Änderungen und weitere Zuschüsse werden im SGB XI verankert. Die 4,2 Millionen anerkannt Pflegebedürftigen und ihre Zu- und Angehörige sind weiter hin stumm und leiden still. Warum haben sie keine Lobby in und durch ihre Abgeordneten?
Die Länderregierungen verweisen auf den „freien“ Markt zwischen Träger und Pflegekassen und auf die Planungsverantwortung der Kommunen, Landkreise und freien Städte.
Wie lange noch gelingt das Verschieben der Verantwortung?
Es bedarf einer grundsätzlichen Reform unter Mitwirkung der direkt Betroffenen.
Zukunft gestalten
Die Bundesländer sind formal verantwortlich für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur. Das Nähere zur Planung und zur Förderung der Pflegeeinrichtungen wird durch das jeweilige Landesrecht bestimmt (§ 9 SGB XI). Die Umsetzung wird den Marktteilnehmern, Betreibern und Pflegekassen überlassen. Die fehlende Betroffenheit der gewählten Gremienvertreter resultiert auf den Werten, der Markt richtet es. Wegen weiter fehlender öffentlicher Mittel wird kein Handlungsbedarf, keine Verantwortung gesehen.
Kann Seniorenpolitik länger als notwendige Daseinsvorsorge ausgeblendet werden?
Bereits heute leben 42% mit steigender Tendenz in Singlehaushalten. Einrichtungsträger stehen vor neuen Anforderungen. Die Landesregierungen, die Wohlfahrtsverbände sehen teilweise ihre Rechenschaftspflicht, verweigern die gesetzliche Mitwirkung der Bewohnerbeiräte nach § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB XI. Patientenvertreter in Krankenhäuser sind noch selten.
Pflegende An- und Zugehörige sorgen.
Social Purpose, ein Denken seit 25 Jahren aus den USA. Im Januar 2020 als „Davoser Manifest“ auf dem Weltwirtschaftgipfel aktualisiert. In dem englischen Begriff Purpose schwingen verschiedene Bedeutungen mit. Er bezeichnet einen frischen Wind, der Themen wie Sinn, Zweck, Bestimmung in unsere Lebens- und Arbeitswelten trägt. Im Gesundheitswesen ist die Verantwortung eines Jeden gefragt. Warum zur Sinn- und Zweckgestaltung nicht an die Gedanken der Eigenverantwortung von Kant anschließen. Transparente politische Prozesse stärken demokratische Institutionen, erhöhen das Vertrauen, beugen Machtmissbrauch und Korruption vor.
Spanischen Verhältnissen wollen wir nicht das Wort reden, dass Pflege nicht nur in der Häuslichkeit auch in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser von den An- und Zugehörigen übernommen werden müssen. Nein, wir wollen die Tendenz rechtzeitig unterbrechen. Wir brauchen ein neues Bewußtsein.
Verantwortungseigentum
Die demografische Entwicklung führt zu einer Zunahme chronischer Krankheiten und Multimorbidität, traditionelle Familienstrukturen wandeln sich, brechen weg. Wir brauchen einen neuen Ansatz im Gesundheitswesen nicht nur in der Altenpflege, auch um dem Personalmangel unter anderem bei Pflegekräften und Ärzten zu begegnen. Die betroffenen und handelnden Menschen müssen in den Mittelpunkt gerückt werden. Das Kapital darf nicht länger der bestimmende und gesetzlich geschützte Faktor sein. Wir brauchen ein neues Denken. Es gilt die Prinzipien der Selbstbestimmung und Selbstorganisation neu zu beleben und einzufordern. Eine Qualitätsbestimmung im Sinne für und aus der Sicht der zu versorgenden Menschen ist gefragt und keine allgemeine Qualitätsbeschreibung als freiwillige Mindeststandards aus Sicht des Anbieters mit dem Ziel der Gewinnsteigerung.
Im Jahr 2024 werden 66 Mrd. Euro in die Pflegeversicherung (SGB XI) nach dem Solidarprinzip von 90 Prozent den gesetzlich sozialversicherten Arbeitnehmer eingezahlt. Die Pflegekassen, Anstalten öffentlichen Rechtes (AöR), werden als jeweiliges Anhängsel der 96 Krankenkassen verwaltet. Die Ausgaben sind nicht nur für die Versicherten eine Black Box.
- 85 Prozent müssen in der Häuslichkeit gegen eine geringere Geldleistung allein durch Angehörige oft rund um die Uhr versorgt werden. Die Pflichtberatungen dienen oft als zusätzliche Einnahmequelle der Anbieter.
- Gewerbliche Anbieter werden nach dem erhöhten Sachleistungsprinzip auf Grundlage vergleichbarer Einrichtungen entgolten. Das SGB XI stellt allein auf den wirtschaftlichen Erfolg des Trägers ab. Die Pflegebedürftigen werden als Erlösfaktoren nach Qualitätsstandards der Industrienorm (EN ISO 8402) behandelt.
Pflegeeinrichtungen und anderen Gesundheitsorganisationen werden hierarchisch durch Managementebenen zum Wohl des Trägers organisiert. Die gesetzliche Mitwirkung der Bewohnerbeiräte bei der Entgeltfindung nach § 85 Abs. 3 SGB XI wird weiterhin gröblich missachtet, die mögliche gesetztliche Personalvertretung ungern gesehen, die Eigenverantwortung der Mitarbeiter vernachlässigt. Die Niederlande haben innerhalb der letzten 30 Jahre ihr System dreimal unter Gemeinwohlgesichtspunkten grundlegend verändert. In Deutschland wurde und wird nicht der Versicherte, der Pflegebedürftige geschützt, er bleibt Objekt, anders beim niederländischen Ansatz.
Ein Gewinnstreben mit der Gesundheit der Arbeitnehmer ist nach dem Solidarprinzip nicht vereinbar. Wir brauchen ein Verantwortungseigentum im Gesundheitswesen, insbesondere im Pflege- und Betreuungsbereich der Senioren. „Die Demokratie steht unter Druck, das Vertrauen schwindet.“
Ziel:
Zu einem ganzheitlichen Gesundheitsansatz gehört als wichtiger Bestandteil die soziale Genesung; die alleinige Heilung der körperlichen Symptome reicht nicht aus. Das Wohlbefinden gedeiht am besten in der gewohnten Umgebung, in der eigenen Häuslichkeit. Alle Beteiligten müssen sich verantwortlich fühlen und entsprechend eingebunden werden. Die Erlöse und Kosten dürfen nicht länger das Hauptaugenmerk bilden. Neben den Anbietern und Kostenträger sind die Betroffenen mit Sitz und Stimme, auch zur Stärkung der Demokratie, einzubinden. Die Transparenz und die geregelte Kommunikation stärkt das gegenseitige Vertrauen.
Verantwortung:
In einem Leitfaden sind Grundregeln festzulegen. Zum Beispiel:
- Behandlungen immer in Zusammenarbeit mit den Hausärzten durchführen.
- Die Familie und die Nachbarschaft ist immer miteinzubeziehen.
- Die Teams entscheiden selbst, wie sie arbeiten. Sie sind frei, so zu arbeiten, wie sie es für jeden einzelnen sich in Behandlung befindenden Menschen für richtig halten.
Innerhalb dieses Rahmens organisieren sich die Teams völlig selbständig und eigenverantwortlich. Das reicht von der Einstellung eines neuen Teammitglieds über die Organisation der Arbeitsabläufe bis hin zur Auswahl der richtigen Behandlung für jeden Bewohner/Patienten. Durch den Abbau des Überbaues – Overhead – wird die Verantwortung an der Basis getragen. Die Verschlankung führt zu kurzen Wegen und kann durch Transparenz gleichzeitig die Kosten optimieren und im Sinne des Qualitätsmanagement reduzieren.
Um Missverständnisse vorzubeugen: eine Koordination und Optimierung durch die Digitalisierung bei den Akteuren, sei es im Einkauf, der Buchhaltung oder anderer Absprachen zur Kostenminimierung ist wirtschaftlich notwendig und sinnvoll. Die Mögliche Einsparung darf nicht länger zu einer Kostenverlagerung für eine besser dotierte Führungsebene nach Umsatz, Untergebenen etc. führen, oft bei gleichzeitiger Delegation der Verantwortung. Die Aufsichts- und Führungsfunktion ist durch die Eigentümer, die Gesellschafter in Eigen- und Selbstverantwortung zu leisten.
Die einzubeziehenden Akteure sind:
- alle Personen und Institutionen, die in der Region mit der Gesundheitsförderung und -versorgung im Zusammenhang stehen, wie die Krankenhäuser, die niedergelassenen Ärzte, Anbietende von Gesundheits- und Pflegedienstleistungen, Vereine, die Hochschule und die öffentlichen Gesundheitsdienste.
- Daneben sind die Patienten- und Bewohnervertreter als Betroffene und
- die Versicherten der Region als Kostenträger neben den Sozialhilfeträgern zu beteiligen.
Die aktuellen Herausforderungen zwingen zu einem schnellen gesellschaftlichen Umdenken, einer Neuorientierung und einem grundlegenden Strukturwandel. Das Gesundheitswesen darf nicht länger durch Konzernbildung geschützt und unterstützt werden. Sozialversicherungsgelder müssen den Versicherten vollumfänglich zurückgegeben werden.
Damit der Wandel gelingt und nicht länger ein Lippenbekenntnis bleibt, sind die Angehörigen, die Berufsgruppen des Gesundheitswesens, die Bürger und insbesondere die Senioren aufgerufen, sich in Politik und Gesellschaft mit neuen Ideen, Konzepten und Lösungsmöglichkeiten für eine bedarfsgerechte Versorgung einzubringen und einzufordern.
Die Wähler sind aufgerufen, die Parteien und deren Kandidaten bereits im Vorfeld entsprechend auf ihr festes Wollen zu prüfen. Wer nur höhere Belastungen ohne Substanzverbesserung im Sozialversicherungssystem fordert oder anstrebt, hält an alten Strukturen mit dem Denken weiter fest. Wenn Entgelte zu Lasten Dritter ohne Mitwirkung der Betroffenen vereinbart werden, dürfen Rückforderung und Schadensersatz nicht länger ausgeschlossen bleiben.
Aus dem Denken muss endlich ein Handeln auf allen Ebenen werden.
Wer kennt den Expertenrat „Gesundheit und Resilienz“
Der neue Expertenrat befasse sich mit der Frage, wie Gesundheitswesen und Gesellschaft künftigen Gesundheitskrisen bestmöglich begegnen könnten. Zudem berate das Gremium die Bundesregierung ad hoc bei Fragestellungen zur öffentlichen Gesundheit. Die Themenschwerpunkte sind Public Health, Prävention, Innovation, Teilhabe, Health Security und Klimawandel. Ein theoretisches Vordenken darf nicht länger allein zum Vorteil der Anbieter und der Führungsebene, durch Qualitäts- und Bürokratieabbau gereichen. Das Gemeinwohlinteresse muss notwendiger Bestandteil der Rechenschaftspflicht der handelnden Personen werden. Die aktive Mitwirkung der Leistungsempfänger muss als eigenständiges Recht ausgestaltet und umgesetzt werden.
Theorie kann Realität werden:
„Emdener Pflegegenossenschaft“ und „Genossenschaft statt Übernahme durch Investor„
Die Anzahl der zugelassenen Medizinische Versorgungszentren (MVZ) nimmt seit 2013 mit der Öffnung für Private Equity in Deutschland rapide zu. Ende 2022 waren bereits knapp 4.600 Zentren zugelassen, davon
- 43 Prozent im vertragsärztlichen Eigentum,
- 43 Prozent im Eigentum von Krankenhäusern und
- 14 Prozent sonstige.
An diesem Boom beteiligen sich private Anleger, Investitionsfirmen oder -gruppen. Diese investieren in Gesundheitsunternehmen, um deren Wert zu steigern und beim Verkauf Gewinne zu erzielen.
Es folgt:
Keine weitere Reparatur – Ganzheitlicher Ansatz im Gesundheitswesen ist gefordert!
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