Care – im Quartier

In welcher Gesellschaft wollen wir leben und sterben?

»Care« steht im Zentrum des Lebens – aber am Rande der Gesellschaft. 

Folgebeitrag von „Kann/will der freie Markt Care Arbeit leisten?

Alle wollen alt werden, aber keiner will es sein.

Die Frage, wie würdevolles Altern bei gleichzeitig wachsendem Pflegekräftemangel und dem Rückgang pflegender Angehöriger künftig gestaltet wird, ist unzureichend geklärt.

Diese Frage wird verdrängt. Jetzt müssen wir sparen. Für die neue Heizung, die Dämmung. Alt werden wir von allein. Nur nicht daran denken. Es wird sich alles regeln, sollen sich andere drum kümmern. Wer so denkt, sollte nicht weiterlesen. „Et hätt no immer jot jejangen„.

Care-Arbeit oder Sorgearbeit beschreibt die Tätigkeiten des Sorgens und des Sich Kümmerns im weitesten Sinne. Von der Kinderbetreuung bis zur Altenpflege, aber auch familiäre Unterstützung, häusliche Pflege oder Hilfe unter Freunden. Diese Arbeiten werden überwiegend noch von Frauen geleistet und diesen in Europa zugeschrieben.  Als unbezahlte Hausarbeit selbstverständlich angesehen und unausgesprochen gesellschaftlich angenommen. Mit dem Wandel der Geschlechterordnung werden auch Hausarbeit, Sorge und Fürsorge neu verteilt – weiterhin überwiegend zwischen Frauen. Migranten aus armen Ländern bedienen die steigende Nachfrage zu Mindestlöhnen.

Das Wohn- oder Stadtquartier hat in unterschiedlichsten Bereichen einen wachsenden Stellenwert.  Die wissenschaftliche Begleitforschung hat Konjunktur, die sich mit den immer vielfältigeren planungspolitischen Interventionen in Quartieren beschäftigt. Jedes Fach diskutiert im Elfenbeinturm, die Bürger werden selten oder nicht einbezogen, die Entlohnung geflissentlich ausgeblendet, die unbezahlte Sorgearbeit  soll künftig gleichberechtigt verteilt werden. Den kostenlosen Gender Gap gerecht zu verteilen, wird offiziell im Jahre 2021 von der Bundesregierung noch verbreitet.

Wer kennt nicht den Spruch: Was nichts kostet, is nicht´s.

Was nutzen theoretische Abhandlungen, die von den Bürgern nicht verstanden, geschweige angenommen werden. Der Glaube an den funktionieren Markt hat sich verfestigt und wenn er nicht funktioniert, sind „die da oben“ schuld. Das es nicht so einfach ist, wollten wir mit unserem vorherigen Beitrag „Kann/will der freie Markt Care Arbeit leisten?“ aufzeigen. Die Insolvenzen im Gesundheitsbereich verschärfen die Situation auch durch die gesetzlich ermöglichte Intransparenz durch die Konzernstrukturen.

Sollte ich mich kümmern, mich sorgen?

Die offizielle Sichtweise der Regierenden, siehe die Broschüre: „Kinder, Haushalt, Pflege –

nachdenklich

wer kümmert sich?“, der Parteien zeigt das Denken von Markt und Wirtschaft einerseits und kostenloser Verteilung von Sorgearbeit durch Arbeitslose, Frauen und Rentner. Gestützt durch die abzugsfähigen Spenden der wirtschaftlich soliden „Stützen der Gesellschaft“. Die erkannten ungeregelte Marktangebote, die Versorgungslücken werden durch die Wohlfahrtsverbände unter betriebswirtschaftlichen Aspekten geschlossen.

Unausgesprochen steckt dahinter: Nur nicht die „kostenlose Verteilung“ ändern, es könnte ja Begehrlichkeiten wecken, die Furcht des Kontrollverlustes. Unüberschaubar wird es, wenn der mündige Bürger mitdenkt und sich einbringt und so das Primat der politischen Willensbildung der Parteien, nach Artikel 21 GG, stören könnte.

Das Gegenteil wird sich bei einer guten Information und Kommunikation einstellen, die Belebung der politischen Diskussion um den besten und nachhaltigsten Weg. Wir müssen uns einbringen!

Ausgangslage:

Im Jahr 2020 ist die Lebenserwartung in Deutschland auf ein Durchschnittsalter von 78,9 Jahren für Männer und 83,6 Jahren für Frauen gestiegen. Die Männer werden erst im Jahr 2030 eine Lebenserwartung von mehr als 80 Jahren erreichen.

Dazu kommt ein Rückgang der Erwerbstätigen, der auch das pflegerische Berufsfeld betrifft. Mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit chronischer und multipler Erkrankungen, die eine pflegerische Betreuung erfordern. Eine der häufigsten Erkrankungen, die dazu führt auf Hilfe angewiesen zu sein, ist Demenz: 2018 war jeder Sechste unter den 80-jährigen und nahezu jeder Zweite unter den 90-jährigen an Demenz erkrankt ist, was bei einem Drittel aller Fälle zu Pflegebedarf führt. Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt weiter. Der Fokus in der Diskussion ist hauptsächlich auf das Krankenhaus und den stationären Pflegebereich gerichtet. Die Möglichkeiten der stationären Pflegeeinrichtungen nehmen weiter ab. Konnte 1995 am Beginn der Pflegeversicherung noch 40 % der anerkannt Pflegebedürftigen einen Heimplatz erhalten, sind dies derzeit noch gut 10 %, die zudem noch die Heimbedürftigkeit amtlich bestätigt erhalten müssen, damit die Pflegeunterstützung nicht um 20 % gekürzt wird.  90 Prozent müssen ambulant in der Häuslichkeit gepflegt werden und überwiegend wegen fehlenden Fachkräften ohne fachliche Hilfe.

Im Jahr 2035 werden aus heutiger Sicht 1,8 Millionen Pflegefachkräfte fehlen. Gleichzeitig nimmt die Pflege durch Angehörige aufgrund der Zunahme von Einpersonenhaushalten ab. Die informelle häusliche Pflege durch Angehörige und Bekannte ist perspektivisch kein verlässlicher Baustein, der den Fachkräftemangel kompensieren kann.

Die gute Nachbarschaft ist gefragt.

Quartiere, in der Größe von Dörfern, sind die Grundbausteine der Stadt. Städte stehen im Zentrum der Probleme der Nachhaltigkeit und bergen gleichzeitig alle Elemente zu ihrer Lösung in sich. Quartiere sind ideale „urbane Reallabors“, um im kleineren Maßstab Transformation zu lernen; um Transformationsprozesse zu initiieren, zu experimentieren und voranzutreiben, die dann auf die ganze Stadt übertragen werden können.

Nur jede vierte Wohnung barrierefrei

„Würde man den altersgerechten Umbau nach Einkommen und Maßnahmen gestaffelt mit Zuschusspaketen von bis zu 7.500 Euro pro Wohneinheit fördern, könnte man Problemen vorbeugen, die auf die Menschen im Alter zukommen“, sagte BDB-Präsidentin Katharina Metzger, laut Berliner Zeitung. Derzeit kann bei jeder Pflegegradänderung ein Zuschuss von 4.000 € vor Maßnahme Beginn beantragt werden. Wir brauchen ein ganzheitliches Denken.

Welche Veränderungen werden diskutiert.

  • Technische Lösungen
  • Quartierspflege

Den technischen Lösungen im Haushalt stehen eine große Innovation bevor, die sich aus heutiger Sicht jedoch nicht jeder finanziell leisten kann. Warum nicht die technischen Lösungen in Verbindung mit der Quartierspflege zusammendenken.  Warum sollte jeder sich mit der künstlichen Intelligenz auseinandersetzen oder gar selbst anschaffen. Nachhaltig ist ein Ausleihen mit technischer Unterstützung im Quartier oder gar ein Wohnungstausch.

Soziale Netzwerke, die lokal organisiert sind und auf Selbstmanagement, dezentrale Dienstleistungen und Interaktionen setzen, bergen durch die Kombination aus informeller und formeller Pflege großes Potential. Solche lokal konzipierten Netzwerke, die kleine Pflegeteams aus informeller und formeller Pflege organisieren, könnten eine flexible und effektive Unterstützung für alternde und pflegebedürftige Menschen bieten. In den Niederlanden wird dies bereits seit 2018 erfolgreich umgesetzt.

Ziel würdevolles Altern

  • Zuhause
  • Autonomieerhalt
  • Unabhängig
  • Soziale Einbindung

Herausforderungen

  • Akzeptanz neuer Technologien
  • Finanzierbarkeit
  • Kompetenz in der Anwendung
  • Nachhaltig

Handlungsfelder

  • Politik
  • Gesellschaft
  • Technologie

Während die meisten Menschen die Welt oder den Staat als „weit weg“ empfinden, ermöglicht die räumliche Nähe, direkte Beziehungen und Erfahrungen. Die wenigsten kennen ihre Gremienvertreter im Rat, im Sozialausschuss oder möglichen Senioren(bei)rat. Nur wer emotional motiviert ist, kann wirklich etwas verändern in der eigenen Stadt oder mit dem eigenen Stadtteil und braucht entsprechende Mitstreiter, ein Netzwerk.

würde, wollen, können, machen.

Die ersten Babyboomer gehen in Rente, sie können nicht weiter abwarten. Eine Idee braucht bis zur Umsetzung mehr als eine Legislatur. Die Seniorenorganisationen der Parteien, die ZWAR-Netzwerke, die gewerkschaftlichen und kirchlichen Gruppen sind gefragt. Wir wissen wie  schwierig es ist, in den vorgenannten Gruppen Diskussionen anzuregen; sie bringen keinen schnellen Ergebnisse. Wenn wir uns nicht kümmern, dürfen wir auch nicht über die verschlechterten Bedingungen klagen.

Gerne zeigen wir Modellvorhaben auf, erarbeiten mit Ihnen gemeinsam die Ziele, Herausforderungen und Handlungsfelder.

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