Personalmangel in der Altenpflege

Sehenden Auges laufen wir, durch „Privat vor Staat“, auf  die Katastrophe zu.

Wer pflegebedürftig wird, hat das Recht auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. 2017 wurden in Deutschland drei Millionen (3.490.566) Menschen einer der fünf Pflegegrade zugeteilt. 2009 prognostizierte Bertelsmann für 2030, es werden  dreieinhalb Millionen Pflegebedürftige sein und 2050 mehr als vier Millionen. Weit gefehlt; die 3,5 Millionen Leistungsbezieher sind 2018 bereits erreicht. 77 von 100 Pflegebedürftigen werden heute zu Hause versorgt, in Zahlen 2.658.72. 785.000 Menschen in stationären Einrichtungen. Bei mehr als 13.323 Pflegediensten -ambulant –(Stand Dez.15) und mehr als 13.600 Pflegeheimen ( Die Mehrzahl der Heime =53 % bzw. 7 200) befand sich in freigemeinnütziger Trägerschaft (z.B. DIAKONIE oder CARITAS); der Anteil der Privaten betrug 42 % – er liegt somit niedriger als im ambulanten Bereich. Öffentliche Träger haben, wie im ambulanten Bereich, den geringsten Anteil  mi 5%).

Rund eine Million Personen (Stand 2015) sind in der Pflege beschäftigt, davon 355.600 im ambulanten und 730.000 im stationären Bereich. Mehr als 85 Prozent aller Pflegekräfte sind Frauen, und über 70 Prozent sind davon teilzeitbeschäftigt.

Im Bereich des Pflegesektors versagt die wettbewerbliche Ausrichtung des Gesundheitswesens in besonders auffälliger Weise. Zum einen, weil sie die Zahlungsfähigkeit die vielen Senioren und chronisch Kranken überfordert, die kaum Möglichkeiten haben, sich Leistungen hinzuzukaufen. Zum anderen, weil es an Menschen mangelt, die für die Pflegeberufe überhaupt in Frage kommen. Das einzige Wettbewerbselement, das funktioniert, besteht darin, dass Deutschland Pflegepersonal aus östlichen Grenznationen mit schwächerer Wirtschaft, manchmal aus Spanien, gelegentlich aus Rumänien, neuerdings wieder aus Polen abwirbt, das dann in den Heimatländern fehlt. In der Hausbetreuung ist Deutschland schon seit vielen Jahren auf hunderttausende osteuropäische Hilfskräfte angewiesen, um Alleinlebende zu unterstützen.

Eigentlich müssten Pflegekräfte von einem einfachen ökonomischen Gesetz profitieren. Steigt die Nachfrage, steigt auch der Preis. Aber die Pflege ist ein zu tiefst regulierte Branche. Die Beiträge zur Pflegeversicherung etwa können nicht einfach erhöht werden. Ausländische Investoren wie der Carlyle Group oder Oak Tree Capital Management suchen in Zeiten niedriger Zinsen nach verlässlichen Geldanlagen und übernehmen mit Milliardenbeträge Einrichtungskonzerne (Alloheim SE etc.). Man sollte meinen, Renditesteigerungen, Gewinnentnahmen ist angesichts der begrenzten finanziellen Ressourcen kaum möglich, den die Pflegesätze und Versicherungsbeiträge sind gedeckelt. Gewinne von mehr als 10 % werden erzielt. Allein zu erreichen durch Kostensenkung und wo?  70 % sind Personalkosten.  

Somit liegt auf der Hand: Was gut  für die Investoren ist, ist schlecht für die Bewohner, kranken Menschen mit Demenz und seine Pflegekräfte in den Altenheimen.

Wir sprechen in Deutschland zu schnell von Notständen. Der Begriff wird damit entwertet. In zwei Bereichen trifft er den Kern. Beim Bildungsnotstand und beim Pflegenotstand, in beiden Bereichen hat man die Zeichen der Zeit zu spät erkannt oder verdrängt, das ist eindeutig Politikerversagen. Wenn zutreffen sollte, dass ohne Pflege eine Gesellschaft keine gute Gesellschaft sein kann, dann hätte der Notstand eine gesellschaftspolitische Dimension erreicht. Der Misere zu begegnen kann nur ein langfristiges und komplexes Unterfangen sein. Viele Dinge müssen auf unterschiedlichen Ebenen ineinander greifen. Die schnelle Anhebung der Löhne um 30 Prozent ist ein sinnvoller erster Schritt,

Der Beruf der Pflegekräfte muss aufgewertet werden, das ist die Parole!

Die Einrichtung von Zwangsmitgliedschaft in Landespflegekammern ist kontraproduktiv.

Siehe auch: Zukunft der Pflege: familien- oder servicebasiert?

Wie lange wollen/können sich Politiker mit dem Slogan „Privat vor Staat“ weiter aus der Vorsorge, der Verantwortung gegenüber den Wählern entziehen?