„Pflegerische“ Betreuung

Zu unserem letzten Beitrag „Kennen Sie die Bekanntschafts-  Nachbarschaftshilfe!?“ über die mögliche Einsetzung des Entlastungsbetrag zur Finanzierung, tauchen verständlicher Weise Fragen auf, die wir weiter allgemein beantworten wollen. Es fehlt an Unterstützung in der Pflege an allen Ecken und Enden.

Wir formulierten: Ehrenamtlich, bedeutet nicht: es muss für ein gutes Wort, sondern es darf nicht gewerbsmäßig (auf Dauer mit der Absicht zur Gewinnerzielung) erfolgen. Über die Höhe des Entgeltes wird keine Aussage getroffen.  Diesem Punkt der Entgeltfindung wollen wir uns ausführlich, auch wegen der fehlenden Erfahrungen widmen. Der Blick auf die Gesamtsituation des Pflegemarktes ist hilfreich. 

Viele Pflegedienste bieten ihren Kunden eine Vielzahl pflegerischer Betreuungsmaßnahmen an. Der Gesetzgeber in NRW fasst die „Pflegerische Betreuung“ als gleichberechtigte Sachleistung zusätzlich zu den „körperbezogenen Pflegemaßnahmen“ und den „Hilfen bei der Haushaltsführung“ auf. Die Häusliche Betreuung, Beaufsichtigung (etwa von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz) zur Entlastung von pflegenden Angehörigen, Anregung und Unterstützung bei sozialen Kontakten, kann in Nordrhein-Westfalen (NRW) nach § 124 SGB XI seit dem 1. Januar 2017 abgerechnet werden.  Voraussetzung ist, dass diese Leistungen schriftlich im Pflegevertrag oder einer Zusatzvereinbarung vereinbart sind.

Die Hilfe ist nicht neu; wer hat aber schon  vom „Niederschwellige Betreuungsangebot“  (§ 45 c SGB XI) gehört?  Seit 2015  gibt es die Betreuungsangeboteverordnung (BetrAngVO 2015, Teil 2) darin sind die Angebote definiert, in denen ehrenamtliche bzw. freiwillige HelferInnen unter pflegefachlicher Anleitung die Betreuung von Pflegebedürftigen mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen, um pflegende Angehörige zeitweise entlasten zu können.  Anleitung, Beaufsichtigung und Betreuung sowie Entlastung dienen dazu, die Bewältigung von pflegebedingten Anforderungen des Alltags zu unterstützen. Hierzu zählen Wäschepflege, Erledigung des Einkaufs, Reinigungsarbeiten, Fahrdienste zu Ärzten oder anderen Terminen. Für Pflegebedürftige im häuslichen Bereich kann dafür ein Entlastungsbetrag von 125 € monatlich gezahlt werden. Dieser Anspruch gilt seit 01.01.2017 für alle fünf Pflegegrade. 

Pflegedienste lassen sich oft Abtretungen zum  Einzug des monatlichen Entlastungsbetrages geben. Eine Kontrolle durch den Pflegebedürftigen findet nur bei Kombileistungen statt. Dies ist ein anderes Problem. Hier soll vorrangig auf den Preis, nicht auf die Wertung der Leistung, eingegangen werden.

Vor Leistung über anfallende Kosten informieren

Wie bei Leistungen zu den körperbezogenen Pflegemaßnahmen müssen auch die pflegerischen Betreuungsmaßnahmen in einem Vertrag schriftlich vereinbart sein. Bei jeder wesentlichen Veränderung über die voraussichtlichen Kosten sind die Pflegebedürftigen nachweislich vorab zu informieren. Betreuungsangebote werden nach Zeit abgerechnet. Bei der Abrechnung von Leistungen nach § 45b SGB XI, der sogenannte „Entlastungsbetrag“, darf die verlangte Vergütung die Preise für vergleichbare Sachleistungen von zugelassenen Pflegeeinrichtungen nicht übersteigen. Deshalb gibt es für die Leistungspakte gibt es feste Punktewerte von zur Zeit 625. Doch was bedeutet ein Punktwert? Jeder „Ambulante Dienst“ hat mit den Pflegekassen individuelle feste Vereinbarungen über den Wert pro Minute, z.B. 5 Cent, geschlossen. So ergeben sich für die Pflegedienste unterschiedliche Stundensätze zwischen 29 bis 34 Euro. Bei der Betreuung kann zusätzlich auch eine erhöhte Hausbesuchspauschale (LK 15a). von z.B. 4,49 €“ abgeschlossen werden. Das Bespiel zeigt, die Auswahl des Pflegedienstes entscheidet über die mögliche Leistungszeit. Der gewerblich anerkannte ambulante Dienst rechnet pro Stunde für die „Betreuung“ als Unternehmen mit den Vorhaltekosten nicht unter 30 € ab.

Selbstständige Betreuungskräfte, siehe unter Angebotsfinder , berechnen in einer Bandbreite von 20 € bis 35 € inclusiv Anfahrtkosten.

Ein Anhaltspunkt für die Nachbarschaftshilfe kann weiter der Mindestlohn für Pflegekräfte von 11,35 Euro pro Stunde sein, in Privathaushalten gilt der Pflege-Mindestlohn jedoch nicht, es gilt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von deutschlandweit derzeit 8,84 Euro pro Stunde.

Sehr unterschiedlich werden Sie für sich beantworten: Was Ihnen als Pflegebedürftige(r) die vielfältige Hilfe ihres Nachbarn Freundes/Freundin wert ist, die sich nachweislich in einem Pflegekurs weitergebildet hat, um Ihnen zu helfen. Soll es wirklich ein einseitiges Opfer oder eine verlässliche Hilfe werden?  Wenn Sie den vorherigen Satz verneinen, sprechen Sie es mit den Betroffenen ab, formulieren gemeinsam die Bedingungen, wie Zeiten, Leistungen und Entgelt, und senden Sie den „Vertrag“ an Ihre Pflegekasse mit dem Nachweis des Pflegekurses.

Eine ehrenamtliche Tätigkeit schließt eine entsprechende Aufwandsentschädigung nicht aus. Sie ist im Rahmen bestimmter Grenzen steuerfrei. Deshalb hat der Gesetzgeber die „Pauschalierte Aufwandsentschädigung“ gem. §3 Nr. 26a EStG eingeführt. Damit sind Einnahmen aus der ehrenamtlichen Tätigkeit (im gemeinnützigen, kirchlichen, mildtätigen Bereich) bis zu EUR 720,– pro Jahr von der Einkommenssteuer und der Sozialversicherungspflicht befreit.

Wer will sich schon irgendwann dem Vorwurf aussetzen den Freund, den Nachbarn auszunutzen.

Ihre Anregungen, Erfahrungen mit der Pflegekasse, sei es bei der Hilfe des Freundes oder Nachbarn, nehmen wir gerne auf. Hat Ihnen der Beitrag geholfen, sagen sie es weiter, nutzen Sie  unten stehende Möglichkeiten. Schreiben Sie einen Kommentar.