Finanzielle Überlastung der Menschen in Pflegeheimen beenden!

Oder abgezockt im Altenheim! Ein Wahlkampfthema?

Gegenwärtig häufen sich Medienberichte über drastische steigende Heimkosten für Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen. Seit Januar 2017 sind die pflegebedingten Eigenanteile für alle Bewohnerinnen und Bewohner innerhalb einer stationären Pflegeeinrichtung unabhängig vom Pflegegrad gleich hoch. Für Menschen in den unteren Pflegegraden bedeutete diese Neuregelung bereits eine Erhöhung des Eigenanteils. Seit Jahresbeginn 2018 werden die im Jahr 2017 festgelegten einrichtungseinheitlichen Eigenanteile nun in  vielen Pflegeheimen angehoben. Nicht nur die Arbeiterwohlfahrt (AWO) begründet diese Erhöhung mit dem Abschluss eines Tarifvertrags für die Pflegebeschäftigten. Neben dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteilen der Pflege (EEE) erhöhen viele Einrichtungen zusätzlich auch Unterkunft und Verpflegungskosten sowie Investitionskostenzuschläge. Es ergeben sich monatliche Mehrbelastungen für die Bewohnerinnen und Bewohner zwischen 500 und 900 Euro. ohne dass sich die Pflegeleistungen verbessern. Viele Menschen mit Pflegebedarf, vor allen Rentnerinnen und Rentner, können sich die Kosten für den Platz im Pflegeheim nicht mehr leisten. Sie sind auf Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) angewiesen. Das ist ein Weg in die beschämende Bedürftigkeitsprüfung und in Armut durch Pflege, wenn nicht Angehörige finanziell oder als Pflegeperson einspringen. Die Kommunen werden als Sozialhilfeträger zusätzlich finanziell belastet.

Die Kosten für Pflege und Unterbringung in einem Pflegeheim übersteigen die Leistungen der Pflegekasse um ein Vielfaches. Hierfür müssen die Pflegebedürftigen oder deren Angehörige aufkommen. Wer weiß  schon: wie hoch der zu zahlende Eigenanteil ist und welche Freibeträge und Schonvermögen beim Pflegebedürftigen und den Angehörigen anzurechnen sind.

Anders als bei der gesetzlichen Krankenversicherung übernimmt die Pflegeversicherung nur einen festgelegten Betrag als Zuschuss zu den Pflegekosten. Das bedeutet, die Pflegekassen zahlen je Pflegegrad einen festen Anteil an den Pflegekosten. Darüber hinausgehende Kosten müssen von den Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen getragen werden, die zuvor von den Pflegekassen mit den Einrichtungen verhandelt wurden. Das heißt in der Regel einen eigenen Anteil an den Pflegekosten als Differenzkosten zum Pflegekassenanteil, zuzüglich die Aufwendungen für die Unterbringung &  Verpflegung (Hotelkosten) und Investition in einem Pflegeheim.

Ein Pflegeheimplatz in Deutschland kostet in Monat durchschnittlich brutto 3.000 Euro, bei großen regionalen Unterschieden. Anfang 2018 mussten Pflegebedürftige für die Unterbringung in Pflegeheimen im Durchschnitt selbst 1.751 Euro pro Monat zahlen. Im Mai 2017 waren es noch 1.696 Euro, wie Daten der Pflegedatenbank des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen zeigen. Damit sind die Pflegekosten im Bundesdurchschnitt um gut drei (3) Prozent gestiegen. Können die Menschen ihren Eigenanteil nicht aufbringen, muss die Sozialhilfe einspringen. Und: Mittlerweile sind immer mehr Pflegebedürftige auf ergänzende Fürsorgeleistungen angewiesen.

Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegegrad

Gesetzlich oder privat Pflegeversicherte haben Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. Diese richten sich nach dem Pflegegrad und werden unabhängig vom Vermögensstand gewährt. Je höher der Pflegegrad, desto höher sind die Leistungen der Pflegekasse.

Die Pflegekassen übernehmen die Kosten für die Pflege bis zu einem Betrag in Höhe von:

Pflegegrad                              Leistung Pflegekasse

Pflegegrad 1                                              125 Euro

Pflegegrad 2                                              770 Euro

Pflegegrad 3                                            1.262 Euro

Pflegegrad 4                                            1.775 Euro

Pflegegrad 5                                             2.005 Euro

Erhöht sich der Pflegegrad, muss der Pflegebedürftige nicht mit einem höheren Eigenanteil an den direkten Pflegekosten rechnen. Er zahlt bereits die Durchschnittskosten für alle Pflegekräfte!

Eigenanteil an den Pflegekosten variiert je nach Bundesland.

Die tatsächlichen Pflegekosten sind in der Regel höher als der Zuschuss der Pflegekassen. Den Differenzbetrag müssen die Pflegebedürftigen oder deren Angehörige selbst tragen, auch Eigenanteil genannt.

Seit Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes II am 1. Januar 2017 gilt für die Pflegegrad 2 bis 5 ein einrichtungseinheitlicher pflegebedingter Eigenanteil (EEE). Damit werden die Pflegebedürftigen finanziell nicht schlechter gestellt, wenn sie in einen höheren Pflegegrad wechseln. Dies ist die offizielle Begründung, doch in Wahrheit ist es eine Verbesserung für die Einrichtung; sie erhält ohne weiteren Nachweis von Anbeginn die verhandelten Differenzkosten im Pflegebereich für die Pflegegrade 2-5. Nur der Eigenanteil den Pflegegrad 1 liegt höher. Der Grund: Menschen mit diesem Pflegegrad sollten vorrangig zu Hause gepflegt werden.

Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil: Der pflegebedingte Eigenanteil ist innerhalb einer Einrichtung jeweils für die Pflegegrade 2 bis 5 gleich.  Zwischen einzelnen Pflegeeinrichtungen kann es hier jedoch große Unterschiede geben.

Der Eigenanteil, den Patienten in einem Pflegeheim allein für die Pflegekosten zahlen müssen, betrug im Jahr 2017 im Bundesdurchschnitt 581 Euro pro Stand 2017. Hinzu kommen die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten, eine Ausbildungsumlage und Kosten für Zusatzleistungen. Die sich daraus ergebenen Pflegeheimkosten variieren ebenfalls je Einrichtung.

Änderung seit 2017: Der zu zahlende Eigenanteil ist seit Anfang 2017 nicht mehr abhängig vom Pflegegrad.

Über die Höhe der Pflegekosten und den Eigenanteil verhandeln die Pflegekassen mit jedem einzelnen Anbieter im jeweiligen Bundesland. Aus diesem Grund kann es zu großen Unterschieden kommen, wie die folgende Auflistung des durchschnittlichen Eigenanteils an den Pflegekosten zeigt.

Thüringen: 225 Euro                                           Schleswig-Holstein: 289 Euro

Mecklenburg-Vorpommern: 295 Euro                   Sachsen-Anhalt: 303 Euro

Sachsen: 312 Euro                                                       Niedersachsen: 346 Euro

Bremen: 473 Euro                                                           Brandenburg: 479 Euro

Hessen: 587 Euro                                                                  Hamburg: 600 Euro

Rheinland-Pfalz: 663 Euro                                                        Bayern: 725 Euro

Nordrhein-Westfalen: 758 Euro                   Baden-Württenberg: 768 Euro

Berlin: 856 Euro                                                                       Saarland: 869 Euro

Der ausgehandelte Eigenanteil gilt für alle Pflegegrade und erhöht sich nicht, wenn ein Patient höher eingruppiert wird. Damit reagierte der Gesetzgeber darauf, dass sich vor dieser Neuregelung bis Ende vergangenen Jahres viele Patienten nicht höher eingruppieren lassen wollten, obwohl es von der Pflegebedürftigkeit her nötig gewesen wäre. Sie befürchteten, einen höheren Eigenanteil zahlen zu müssen.

Einrichtungsabhängiger Anteil an den Pflegeheimkosten

Ein Platz im Pflegeheim kostete im Bundes-Durchschnitt 2017  1.750 Euro pro Monat. Zum oben aufgeführten Eigenanteil summieren sich somit die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten, eine länderspezifische Ausbildungsumlage und sonstige individuelle Zusatzleistungen. Aufgrund der großen Unterschiede dieser Posten lohnt ein Vergleich verschiedener Pflegeheime und Standorte. Siehe hierzu unsere Ausführungen und Auswertungen.

Wichtig: Pflegebedürftige müssen die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und für sogenannte Investitionskosten selbst tragen.

Nach einer Aufstellung des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen  aus dem Jahr 2017 beträgt der gesamte monatliche Eigenanteil an den Pflegeheimkosten 1.697 Euro. Auch hier zeigen sich erhebliche Unterschiede je Bundesland.

Mecklenburg-Vorpommern: 1.104 Euro               Sachsen-Anhalt: 1.108 Euro

Sachsen:  1.144 Euro                                                           Thüringen: 1.242 Euro          

Brandenburg: 1.368 Euro                                           Niedersachsen: 1.396 Euro            

Sschleswig-Holstein: 1.451 Euro                                           Bremen: 1.663 Euro           

Hessen: 1.686 Euro                                                                   Bayern: 1.692 Euro        

Berlin: 1.749 Euro                                                                 Hamburg: 1.849 Euro

Rheinland-Pfalz: 1.878 Euro                                  Baden-Württemberg: 1.893 Euro

Saarland: 2.071 Euro                Nordrhein- Westfalen: 2.163 Euro

Durchschnittskosten in einem Bundesland schwanken stark von Gemeinde zu Gemeinde. Die Betreiber richten sich auch rein preismäßig nach der Konkurrenz bei variierenden Kosten.  Unsere beispielhafte Auswertung!

Diese rückwärtsgewandte Argumentation mit veralteten Daten erklärt auch den Ansatz des Bundesgesundheitsminister mit einer auf drei Jahre begrenzten Zuzahlung für den Pflegeanteil von 700 € pro Monat. Zwischenzeitliche und zukünftige Erhöhungen allein im Pflegebereich von bis zu 36 Prozent sind zu erwarten. Keiner spricht davon, dass auch die Hotelkosten weiter steigen und allein vom Bewohner gezahlt werden müssen. Dazu kommt, dass allein von 2017 bis 2019 25 Prozent mehr pflegebedürftig wurden. Nun müssen über 80 Prozent zu Hause gepflegt werden.

Durch die knappen Bettplätze haben die Einrichtungsträger goldene Zeiten.

Die Diakonie veröffentlichte bereits Ende 2020 ihr Konzept für eine grundlegende Änderung der Finanzierung. Sie schlägt eine Pflegevollversicherung mit begrenzter Eigenbeteiligung vor.

Ist nur Ministerpräsidentin Frau Schwesig rechtzeitig aufgewacht! 

Ist der Antrag dem Bundestagswahlkampf geschuldet?

Mecklenburg-Vorpommern fordert mehr Mitwirkung der Länder bei der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung und hat einen entsprechenden Entschließungsantrag im Plenum des Bundesrates am 26.03.2021 vorgestellt. Er wurde zur weiteren Beratung in den Gesundheitsausschuss überwiesen.

Hintergrund: Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit

„Mit Blick auf die sehr unterschiedlichen Strukturen und Voraussetzungen innerhalb der Pflege haben die Länder der Bundesregierung bereits mehrfach eine enge und zielgerichtete Beteiligung bei der Erarbeitung einer Gesamtlösung angetragen. Im Sinne einer adäquaten Gesamtlösung fordern sie erneut von der Bundesregierung ein, intensiv an der Erarbeitung der Pflegereform mitzuwirken.“

Ab 19. April 2021 berät der federführende Gesundheitsausschuss über die Landesinitiative. Sobald er seine Beratungen abgeschlossen hat, kommt der Entschließungsantrag zur Abstimmung wieder auf die Plenartagesordnung. 

Welche Sprengkraft liegt in diesen Forderungen?  KEINE, wenn die Bürger weiter hoffen, der Kelch wird an mir vorbeigehen. Unsere beiden kostenfreien Seminare wurden nicht angenommen. Wir müssen uns kümmern.

Fortsetzung folgt am 16. April 2021