Der Bewohnerbeirat das unbekannte Wesen

Mitbestimmung im digitalen Zeitalter – dringender denn je!

Wegen der Pandemiekosten, dem „heimlichen“ Eingriff in die Pflegekassen der gesetzlich Versicherten für die Einrichtungen, sind die finanziellen Reserven aufgebraucht. Das Bundes-Finanzministerium warnt, nach der Wahl, dass nun der Beitragssatz steigen könnte.

Der Pflegekasse droht offenbar die Zahlungsunfähigkeit

Die Pflegekasse benötige dringend eine Finanzspritze aus dem Bundesfinanzministerium, berichtet der „MDR“ und der Tagesspiegel. Das Blatt beruft sich dabei auf ein Schreiben aus dem Finanzministerium an den Haushaltsausschuss.

Die nächste Entgelterhöhung wird Sie erreichen.

Zur Sicherheit des Trägers erbittet dieser rechtzeitig die Unterschrift des Bewohners oder Betreuers. Eine Entgelterhöhung nach § 9 WBVG ist eine Vertragsänderung. Es bedarf einer Zustimmung, damit von Ihnen, und der Einrichtungsträger schreibt formal:

„Ich habe das für mich gültige Entgelterhöhungsschreiben erhalten und erteile das Einverständnis zur Entgelterhöhung.“

Vielleicht finden Sie

in der Begründung im Entgelterhöhungsverlangen, welches Sie als Betreuer oder Angehöriger unterschreiben sollen, versteckt den Hinweis, dass

  1. die Erhöhung bei den Pflegekassen (erst) beantragt wurde und
  2. auch den Satz: „Alternativ können Sie sich auch an die Bewohnervertretung wenden, die in das Pflegesatzverfahren eingebunden ist.“
  3. Im Heimvertrag findet sich der Hinweis auf den (Heim-/Bewohner-)Beirat.

Kennen Sie die Möglichkeiten und Aufgaben der Interessenvertretung der Bewohner?

Haben Sie  den Bewohnerbeirat schon in Anspruch genommen, wissen Sie um die Rechte? Vielleicht haben Sie die Personen beim alljährlichen Sommerfest getroffen oder finden einen Hinweis in der Heimzeitung. Wenige Einrichtungen sind auf die ehrenamtlichen Beiräte stolz und veröffentlichen jedes zweite Jahr die Zusammensetzung des Gremiums in der Tagespresse. Jede Einrichtung läßt eine Interessenvertretung wählen, allein um die Entgelterhöhungen mit den Pflegekassen vereinbaren zu können.

Der Bewohnerbeirat:

  1. hat mit seiner Unterschrift und einer Stellungnahme nach § 85 Abs.3 SGB XI das Erhöhungsverlangen mehr als zur Kenntnis nehmen. Nur dann kann die Pflegekasse mit der Einrichtung einen Erhöhungs-Vertrag vereinbaren.
  2. Ist er Bewohnerbeirat zu einer Prüfung in der Lage?

Die Leistungs- und Preisstruktur wird auf Landesebene von

  • den Verbänden der Einrichtungsträger
  • mit den Kostenträgern, Pflegekassen und Sozialhilfeträgern, über Richtlinien bestimmt.

Der Bewohnerbeirat kennt oft weder die aktuelle Leistungsvereinbarung noch die Kostenstruktur in der Einrichtung.

Ab dem 1. September 2022 wird die Zulassung von Pflegeeinrichtungen an eine Bezahlung nach Tarif gekoppelt.

In der 1006. Sitzung des Bundesrates begrüßte Ministerpräsidentin Malu Dreyer grundsätzlich die letzten Änderungen des Gesetzes zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege. Nach dem Scheitern eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags für die Pflege stärkt das Gesundheitsversorgungsverbesserungsgesetz nun auf einem anderen Weg die tarifliche Entlohnung in der Pflege. Ab dem 1. September 2022 wird die Zulassung von Pflegeeinrichtungen an eine Bezahlung nach Tarif oder nach kirchenrechtlichen Regelungen geknüpft.#

Hedgefonds-finanzierte Altenheimkonzerne fürchten die kommende Tarifpflicht wie der Teufel das Weihwasser. Schließlich könnten die hohen Renditen in Gefahr geraten und die Großinvestoren müssten künftig auf über 10 prozentige Gewinne verzichten. Nicht umsonst legt nun u. a. ausgerechnet der bpa-Arbeitgeberverband unter der Führung der neoliberalen Galionsfigur Rainer Brüderle (F.D.P.) Verfassungsbeschwerde gegen entsprechende Regelungen des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) ein.

Es gibt überaus erfolgreiche private Unternehmer, die trotz des Teufelswerks „anständige Löhne“ auskömmliche Renditen erzielen. Diese Unternehmer nutzen ihre unternehmerische Freiheit, Prozesse ständig zu optimieren, aktiv handeln und durch ständige Reinvestition in Gebäude und Ausstattung, dem Unternehmen die Existenz sichern. Unternehmer, Pflegekunden und Mitarbeiter sind zufrieden.

Aber das interessiert Brüderle und Kollegen nicht: Sie interessiert nur der Schutz der „Haifisch-Investoren“. Man kann nur hoffen, dass diese Raubtierkapitalismus mit ihrer Klage scheitert und die Mitarbeiter inklusive Pflegedienst- und Teamleitungen ihre verdiente, faire Entlohnung bekommen.

In das gleiche Horn, gegen die kommende Tarifanlehnung bzw. der Tarifbeitritt für zugelassene Pflegeeinrichtungen, um auch ab dem September 2022 mit den Kassen abrechnen zu können, tutet Petra Schülke, stellvertretende VDAB-Vorsitzende, Unternehmer-Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. „Wir werden in etwas hineingezwungen, was wir bisher aus gutem Grund gemieden haben oder meiden mussten, weil die Kassen uns die Refinanzierung von höheren Löhnen und Gehältern verweigert haben.“

Pflegekassen und Einrichtungsträger vereinbaren zu Lasten Dritter, den Bewohnern, neue Entgelte. Die zugestandene Mitwirkung der Betroffenen, seit 1995 nach dem Pflegeversicherungsgesetz, darf nicht länger eine Farce bleiben, ebensowenig die mögliche Unterstützung durch Angehörige, Betreuer und Seniorenbeiräte etc.

Nutzen wir die Mitwirkungsrechte

Damit die notwendigen Prüfung, Stellungnahme und Unterschrift geleistet werden kann, wollen wir mit Interessierten in einem Seminar die Grundlagen legen.

Das Seminar „Der  Bewohnerbeirat“ vom 19. bis 22. September 2022 in Königswinter kann gebucht werden.

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