Verschärft die Pflegekammer die Not der Pflege?

Demokratie Verweigerung durch Lobbying

Im März 2022 soll die Pflegekammer NRW noch vor der Landtagswahl in Betrieb gehen. Wir wollen Licht ins Dunkle bringen.

Über 200.000 Personen wurden durch Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ungefragt dem Errichtungsausschuss der Pflegekammer NRW als ausgebildete Pflegekräfte gemeldet. Bis zum 21. Dezember 2021 sollen sich diese Personen 200.000 und weitere 20 bis 40 Tausend examinierte Pflegekräfte unter Bußgeld-Androhung nun registrieren. Nur registrierte dürfen sich zur Wahl stellen und auch wählen.

Notstand in der Pflege oder Pflegenotstand

Der Begriff Pflegenotstand ist in aller Munde. Bereits 2019 fehlten 24.000 Pflegekräfte allein in NRW, davon 8.800 in der Altenpflege. In dieser Situation beschlossen die Landtagsabgeordneten in NRW mehrheitlich, dass eine Pflegekammer mit Zwangsbeitrag der Mitglieder in bisher unbekannter Höhe installiert werden soll. Der Gedanke der Zwangsrekrutierung drängt sich mir auf.

Aktive, ehemalige auch bereits berentete examinierte Pflegekräfte sollen es in einer Zwangskammer mit eigenen Beiträgen richten, was Arbeitgebern zum Betreiben von Einrichtungen ohne eigenen Einsatz von Mitteln hilft. Der Frust der ehemaligen und berenteten Pflegekräfte wird bewusst in Kauf genommen. Die Hoffnung der:

Abgeordneten ist die Problem- und damit die Entscheidungsverlagerung.

Betroffenen, sie werden angehört. Eine Mitwirkung oder gar Mitbestimmung bei der Umsetzung am Arbeitsplatz zum Wohle der Patienten und Bewohnern ist nicht gegeben.

Zweck der Kammer nach dem Gesetz:

  • Entwicklung einer Berufsordnung.
  • Festlegung von Qualitätsrichtlinien.
  • Zuständigkeit für die Weiterbildung.

Die Berufsordnung wird in der Wirtschaft zwischen den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften in gemeinsamer Verantwortung aus Artikel 9 des Grundgesetzes verabschiedet und die Prüfungen werden in paritätisch besetzten Kommissionen abgenommen. Bemerkenswert ist die Zusammensetzung des Errichtungsausschusses zur Pflegekammer NRW. Es fällt auf, dass keine anerkannte Gewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vertreten ist, dafür der Beamtenbund, Verbände der Leitende Angestellte der Krankenhäuser und Pflegekräfte etc.

Dem Qualitätsversprechen der Einrichtungsträger wird die Würde des Einzelnen geopfert. Der Notstand in der Pflege ist ein Systemfehler und kein Fehler der Pflegekräfte. Pflege kann nicht beliebig bis zum Erreichen einer notwendigen Qualität nachgeholt werden. Ein Versprechen gegenüber der Pflegekasse kann vom Bewohner in den seltensten Fällen eingefordert werden. Qualitätsrichtlinien einer Pflegekammer sind nicht per se verbindlich.

In der Wirtschaft war und ist es Brauch, die Berufsordnung zwischen den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften in gemeinsamer Verantwortung aus Artikel 9 des Grundgesetzes zu verabschieden und die Prüfungen abzunehmen. Die Gewerkschaftliche Organisation der Pflegekräfte ist bescheiden. Berufsverbände sehen ihre Vorteile, sind jedoch nicht tariffähig, können keine Löhne oder Gehälter mit den Trägern, somit auch keine Arbeitsbedingungen, wie die Weiterbildung und Übernahme der Kosten, vereinbaren.

Mindestlöhne sind ausreichend.

Zweck der Kammer ist es nicht, in die Tarifautonomie der Arbeitgeber einzugreifen. Bezogen auf die Altenhilfe sind im Jahr 2020 6 Prozent der Einrichtungen Kommunal, 42 % von Wohlfahrtsverbänden und 52 % Privatbetreiber, letztere mit weiter wachsender Tendenz. Durch die geringe gewerkschaftliche Organisation der Beschäftigten ist das Gehalt im Sinne der Nächstenliebe und nicht der Verantwortung und Leistung angemessen. Die geführte Auseinandersetzung von Arbeitsminister Heil und Gesundheitsminister Spahn um einen Allgemeinverbindlichen Tarifvertrag scheiterte auch am Widerstand des Caritasverbandes. Einrichtungen die dem Caritasverband oder der Diakonie angeschlossen sind, übernehmen den Tarifabschluss der (6 %) öffentlichen Einrichtungen durch ihre Arbeitsrechtlichen Kommissionen (Dritter Weg).

Mindestlöhne in der Pflege sind ausreichend. Es geht ausschließlich um Renditen und das gnadenlose Ausquetschen von Personal und Patienten zu eben diesem Zweck. Um nichts anderes.  

Nächstenliebe bedeutet nicht Selbstaufgabe.

Mit staatlichen Einmalzahlungen kann keine auskömmliche Lebensplanung erfolgen. Die Abkehr hin zu besseren Arbeitsbedingungen und Entlohnung ohne Zwangsbeitrag und Weiterbildung auf eigene Kosten ist nachvollziehbar. Wer den Beruf als Berufung sieht, muss sich registrieren und aktiv mit anderen gezielt einbringen, sei es für den bayrischen Weg der Kostenfreiheit.

Die SPD-Fraktion im Landtag von NRW fordert ein Moratorium zur Pflegekammer und die Urabstimmung der Pflegekräfte. 

Wer für einen Erhalt einer menschenwürdigen Pflege auch in Zukunft ist, muss an Demonstrationen der Pflegekräfte und pflegenden Angehörigen teilnehmen. Die Landtagskandidaten müssen sich für die Daseinsvorsorge einbringen.

Pflege darf nicht länger an Geld oder fehlender Planung in den Kommunen scheitern.

Die Ratsmitglieder und Seniorenbeiräte sind gefordert.

  • Nur wer sich aktiv einbringt wird wahrgenommen. Gemeinsamkeit macht stark.
  • Jeder Senior kann morgen betroffen sein, unterstützen wir die Pflegekräfte!

NICHT VERGESSEN:

Die Errichtung der Pflegekammer NRW im März 2022 vor der Landtagswahl, ohne vorherige Vollbefragung der Pflegekräfte, birgt die Gefahr der notwendigen Rückabwicklung, wie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

Unterstützen Sie/Ihr die Pflegekräfte, 11.12.2021, 15:00 Uhr  Bahnhofsvorplatz – Essen-West 

Pflege geht uns alle an. Engagement ist der Humus unserer Gesellschaft.


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