Mitwirkung durch den Heimbeirat Teil 1

Mehr Demokratie wagen

In diesem und zwei weiteren Beiträgen wollen wir die Grundlage für unser Seminar vom 19.-22. im September in Königswinter legen.  Die Entgeltverhandlungen ab September werden spannend in den Privateinrichtungen; die Pflegekräfte erhalten dann Mindestlöhne und oft nicht die Entgelte von Caritas und Diakonie. Pflegequalität ist bisher nicht messbar aber vergleichbar.

Die Mitwirkung ist nicht neu,

sie war bereits einer der inhaltlichen Schwerpunkte des alten Heimgesetzes

Die Veränderungen des sozialpolitischen Umfeld in den letzten Jahren der Ära Brandt zu einer stärkeren Demokratisierung unseres Lebensstiles und der ihm dienenden Institutionen, konnte auch nicht an jenen Gruppen der Gesellschaft vorbeigehen, die aus den verschiedensten Gründen nicht im Blickfeld täglichen Geschehensablaufes stehen. Damit gestaltet sich die Verordnung des Heimgesetzes als ein Versuch, in einem ausgewogenen Verhältnis die Interessen des Trägers mit dem Erfordernis einer technisch organisatorischen Effizienz einerseits und dem Wunsch der Heimbewohner auf stärkeren Schutz sowie ihr Bedürfnis nach möglichst autonomer Lebensführung andererseits zu berücksichtigen. (Inkrafttreten der Heimmitwirkungsverordnung von 1976).

In der Begründung zeigt sich der Geist, aus dem die Mitwirkung 1974 in das Bundes-Heimgesetz aufgenommen wurde und sich ebenso in der Heimmitwirkungsverordnung 1976 manifestierte. Die Mitwirkung war einer der inhaltlichen Schwerpunkte des alten Heimgesetzes, wie auch der Reformbestrebungen mit dem 1. ÄndG (1990) zum Heimgesetz, und in besonderer Weise für das 3. ÄndG (2001), die wesentliche Weiterentwicklungen der Heimmitwirkung beinhalteten (vgl. Giese in Heimrecht 2002, Einleitung Rz. 1). Es war die Zeit Montanmitbestimmung und der Mitbestimmung in Unternehmen und Betrieb mit dem MitgestimmungsG 1976.

Das „alte“ Heimgesetz sah vor, dass aus Insassen nun Bewohner*innen wurden, die durch einen Heimbeirat in Angelegenheiten des Heimbetriebs, wie Unterkunft, Betreuung, Aufenthaltsbedingungen, Heimordnung, Verpflegung und Freizeitgestaltung mitwirken (§ 10 Abs. 1 HeimG). Zudem erstreckten sich die Mitwirkungsrechte auf die Sicherung einer angemessenen Qualität der Betreuung im Heim und auf die Leistungs-, Vergütungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarungen. Auf die Verwaltung sowie die Geschäftsführung und Wirtschaftsführung des Heims konnte sie sich insoweit erstrecken, wie diese die Entgelte betrafen.

Mitwirkung ist, der Begründung der §§ 25 bis 28 Fassung 1976 zufolge, eine schwächere Form der Beteiligung, und bedeutet im Gegensatz zu Mitbestimmung keine Abhängigkeit des Trägers oder Leiters der Einrichtung von dem Einverständnis des Heimbeirates. Die Einrichtungsleitungen und Träger bleiben also bei Entscheidungen selbstständig, auch besteht kein Vetorecht. Gleichzeitig ist die Mitwirkung aber auch ein Mehr als ein Anhörungs- und Informationsrecht. ( HGBPAV 2019, § 22, Rz. 3). Der Heimbeirat hat ein Recht darauf, dass sich mit seinen Vorschlägen und/ oder Beschwerden ernsthaft auseinandergesetzt wird. Ansonsten liefe die Mitwirkung ins Leere ( HGBPAV=Hessisches Gesetz über Betreuungs-Pflegeleistung AusführungsVerordnung 2019, § 22, Rz 3). An diesen Regelungen orientieren sich auch nach der Föderalisierung die meisten Heimgesetze der Bundesländer. Grundsätzlich werden in einem eigenen Paragraphen zur Mitwirkung substanziell unverändert zentrale Elemente aus dem Heimgesetz in allen Nachfolgegesetzen der Bundesländer aufgegriffen.

Im Regelfall soll in Pflegeheimen gewählt werden, dessen Recht und Pflichten weitgehend denen entsprechen, die im Heimgesetz a. F. als Angelegenheiten des Heimbetriebs benannt werden. Auch die Regelung aus § 10 Abs. 3 HeimG a. F., dass die Beiräte mindestens einmal im Jahr die Bewohner*innen zu einer Versammlung einladen, wurde in gleicher oder ähnlicher Weise in 15 der 16 Landesgesetze aufgenommen. Diese Regelung ist zentral für die allgemeine Legitimität des Beirats, denn die Bewohnerversammlung ist die zentrale Veranstaltung zur Rückbindung des Mitwirkungsorgans Heimbeirat zur Bewohnerschaft während seiner laufenden Amtszeit (Giese in Heimrecht 2002, § 20, Rz. 5). In der HeimMwV a. F. existierte der Begriff der Bewohner*innen Versammlung nicht, es war lediglich verpflichtend in geeigneter Weise den Bewohner*innen einmal im Jahr einen Tätigkeitsbericht abzustatten. Geringe Abweichungen und Konkretisierungen dieser Regelungen zur Bewohner*Innenversammlung bestehen z. B. in Hessen (Versammlung pro Amtsjahr statt pro Kalenderjahr) oder im Saarland (mind. zwei Versammlungen pro Jahr, Einladung durch den Träger). Nicht in allen Gesetzen und Vorordnungen wird explizit die Möglichkeit eingeräumt oder benannt, dass Vertrauenspersonen zu diesen Informationsveranstaltungen hinzugezogen werden können. Ausnahmen bilden z. B. Hessen und Nordrhein-Westfalen. Lediglich im Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz und der zugehörigen Mitwirkungsverordnung wird auf die Pflicht zu mindestens jährlichen Versammlung verzichtet. Hier heißt es zu den Aufgaben des Heimbeirates, dass dieser regelmäßig und zeitnah den Informationsaustausch mit den Nutzerinnen und Nutzern, insbesondere zu Gesprächsergebnissen mit der Einrichtungsleitung sowie zu Planungen und Entscheidungen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 9 (Mitwirkungsbereich) sicherzustellen habe. § 11 Abs. 1 Nr. 3 WBMitwVO (Wohn-und Betreuungsmitwirkungsverordnung Hamburg)

Bereiche der Mitwirkung

Die Bereiche der Mitwirkung bezogen sich im alten Heimgesetz auf Angelegenheiten des Heimbetriebs wie Unterkunft, Betreuung, Aufenthaltsbedingungen, Heimordnung, Verpflegung und Freizeitgestaltung (§ 10 HeimG a. F.) Besonders weitgehend wird im Bremischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz die Mitwirkung in allen Angelegenheiten des Betriebs des Wohn- und Unterstützungsangebotes (13 Abs. 1 BremWoBeG) als Aufgabe des Heimbeirats beschrieben, während beispielweise in anderen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt lediglich die sie betreffenden Angelegenheiten des Betriebs der Einrichtung (§ 1 Abs. 1 WTG-MitwVO LSA)( Wohn- und Teilhabegesetz-Mitwirkungsverordnung Sachsen-Anhalt) unter die Mitwirkung fallen.

Aufgaben des Heimbeirats nach der Heim Mitwirkungsverordnung

° Beantragung von Maßnahmen des Heimbetriebes, die den Bewohner*innen des Heims dienen, bei der Leitung oder dem Träger des Heims.

° Entgegennahme von Anregungen und Beschwerden von Bewohner*innen und erforderlichenfalls Hinwirkung auf ihre Erledigung durch Verhandlungen mit der Leitung oder in besonderen Fällen mit dem Träger der Einrichtung.

° Förderung der Eingliederung der Bewohner*innen in dem Heim.

° Mitwirkungsrecht bei Entscheidungen* zu

    ° Aufstellung oder Änderung der Musterverträge für Bewohner*innen und der Heimordnung

    ° Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen

   ° Änderung der Entgelte des Heims

   ° Planung oder Durchführung von Veranstaltungen

   ° Alltags- und Freizeitgestaltung

   ° Unterkunft, Betreuung und Verpflegung

   ° Erweiterung, Einschränkung oder Einstellung des Heimbetriebes

   ° Zusammenschluss mit einem anderen Heim

   ° Änderung der Art und des Zweckes des Heims oder seiner Teile

   ° umfassende bauliche Veränderungen oder Instandsetzungen des Heims

   ° Maßnahmen zur Förderung der Betreuungsqualität

   ° Leistungs-, Qualitäts-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarungen mit dem Pflegekassen und Sozialhilfeträgern

° Bestellung eines Wahlausschusses vor Ablauf der Amtszeit

° Durchführung von Bewohnerversammlungen und Abgabe von Tätigkeitsberichten

° Mitwirkung bei Maßnahmen zur Förderung einer angemessenen Qualität der Betreuung

Der Heimbeirat wird von den Bewohner*innen eines Heims in regelmäßigen Abständen gewählt. Die Amtszeit des Heimbeirats beträgt zwei Jahre, in Einrichtungen der Behindertenhilfe vier Jahre.

Heimbeiräte können nicht nur Bewohner*innen der Einrichtung sein, sondern auch externe Personen aus dem Kreis der Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen, Mitglieder von örtlichen Senioren- und Behindertenorganisationen sowie von der Heimaufsicht vorgeschlagene Personen.

Zur Unterstützung der Arbeit des Heimbeirates können Angehörigen- oder Betreuerbeiräte gebildet werden. Es ist auch die Bildung von gemischten Beiräten möglich. Diese Beiräte können nebeneinander bestehen und sollen den Heimbeirat bei seiner Arbeit beraten und unterstützen.

Ende Teil 1 von 3     

*insbesondere bei – nur beispielhaft –

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