Pflegeeinrichtungsbetreiber nutzen die Chance

Privatinvestoren schüren als Heimbetreiber die Angst und blasen zum vorletzten Angriff auf staatliche Unterstützung. Viel Betroffenheit, keine Ideen.

Die Presse titelt: Dramatische Entwicklung im Pflegesektor durch Insolvenzverfahren. Ein Zusammenhang mit dem aktuellen Gesetz (PUEG) wird durch die Medien nicht hergestellt; es dient auch zur Sicherung der stationären Einrichtungen.

In der Öffentlichkeit werden die Privatbetreiber hervorgehoben. Nach Convivo, Hansa, Novent und Curata hat die Dorea Familie Ende April als weiterer großer Pflegebetreiber beim Berliner Amtsgericht Insolvenz angemeldet.

Es versichert der CEO und Betriebswirt Dr. Walter von Horstig, bei Dorea GmbH: „Man sei weder zahlungsunfähig noch überschuldet“. Im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens will sich das Unternehmen neu strukturieren und zukunftssicher aufstellen. Neue Besen kehren gut. Walter von Horstig ist seit  Januar 2023 berufen. Die Dorea GmbH veröffentlicht keine eigene Bilanz, die Werte gehen in der konsolidierten Bilanz der Holding auf. Der frühere Geschäftsführer der Dorea-Holding und GMDF-(Personal)Holding stieg auf in die Mutterholding in Frankreich.

Die Dorea-Gruppe zählt zu den größten privaten Pflegedienstleistern in Deutschland. Der Schwerpunkt liegt auf der klassischen Altenpflege mit nahezu 80 stationären Einrichtungen. Hinzu kommen 17 Standorte mit Betreutem Wohnen sowie neun ambulante Pflegedienste. Insgesamt beschäftigt Dorea rund 5.500 Mitarbeiter und betreut rund 7.500 pflegebedürftige Menschen. Wage heißt es: Der Jahresumsatz der Gruppe lag 2022 bei rund 280 Millionen Euro. Dies bedeutet, mindestens 140 Millionen Euro sind direkt der originären Pflege zuzurechnen. 

Nicht alle der 80 stationäre Einrichtungen sollen betroffen sein. Welche Pflegebedürftigen sind akut gefährdet, welche Mitarbeiter sind betroffen? Angst als Mittel, um Druck auf die Mitarbeiter und die Behörden auszuüben und gleichzeitig das Heft durch das „Schutzschirmverfahren“ in der Hand behalten.

In das Schutzschirmverfahren und die nachgelagerten weiteren Restrukturierungsverfahren sind etwa 25 operative Gesellschaften der Dorea-Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Berlin eingebunden. Dorea wurde 2015 gegründet und ist seit 2020 Teil der französischen Groupe Maisons de Famille (GMDF) und gehört mit der französischen Milliardärsfamilie Mulliez. 

Pflege als Steuersparmodell

Die Geschäftsführung will in enger Abstimmung mit den Gläubigern und unter Aufsicht des Sachwalters einen Restrukturierungsplan ausarbeiten. 

Das gewählte Vorgehen bietet eine Reihe von gesetzlichen Instrumenten zur Stabilisierung und Neuausrichtung des Geschäftsbetriebs, die außerhalb einer solchen Maßnahme nicht zur Verfügung stehen. So können z.B. ungünstige Verträge leichter gekündigt oder neu verhandelt werden. Lieferanten sollen auf Erlöse verzichten. Der Jahresumsatz der Dorea GmbH lag nach eigenen Angaben bei rund 280 Mio. Euro.

Daneben gibt es noch die Dorea Ambulant GmbH und beide GmbHs gehören zu 100% zur Dorea Holding GmbH, diese gehört wiederum der DOREA Beteiligungs-GmbH und der aptus 980. GmbH. Diese Verschachtelung und Konzernbildung werden durch unsere Gesetze gefördert und geschützt. Die Bilanzen werden konsolidiert und sind für die Pflegekassen und Heimbeiräte undurchsichtig, wie für eventuelle Betriebsräte.

Die Arbeitsverwaltung soll als erstes für drei Monate die Gehälter der betroffenen Arbeitnehmer übernehmen und das Weitere wird die Zeit zeigen. Wenn ein Betriebsrat besteht, kann es einen Sozialplan geben.

Die Gesamt-Entgelte der Bewohner für die Pflege, die Kalt- und Warmmiete und Verpflegung werden weiter als Erlöse vereinnahmt werden, obwohl 50 % der Kosten von der Bundesanstalt für Arbeit gleichzeitig gefordert werden.  

Nicht zu vergessen: Die Pflegekassen verhandeln die laufenden Kosten. Zusätzlich haben die Einrichtungen nach § 154 SGB XI Energiezuschüsse erhalten. Damit entfällt der angegebenen Grund der gestiegenen Energiekosten; sie wurden erstattet. Manche Betreiber fordern zusätzlich die 300 € der Energiepauschale von den Bewohnern, wie die BIVA verlauten läßt.

Die Investitionskosten, die Kaltmiete, die von den Bewohnern gezahlt werden sind gesichert. Die Darlehenszinsen und die Abschreibung sind auf 25 Jahre gerechnet.

Wer oder was soll geopfert werden?

Die Pflege ist seit 1995 eine Leistung der Betroffenen. Die Sachleistung im Krankheitsfall ( SGB V) schützt die Versicherten bis auf kleine Zuzahlungen. Für den Pflegefall zahlen die Versicherten aktuell über 60 Mrd. € jährlich, die FDP will weitere erwägt weitere Belastungen. Damit der Schutz der staatlichen Daseinsvorsorge weiter entfällt und die Betreiber das Doppelte Entgelt in der Pflege als sogenannte Sachleistung direkt erhalten. 90 Prozent der Pflegebedürftige erhalten nur die Halbe Leistung als Entgelt.

Die Einrichtungsträger haben betriebswirtschaftlich ihre Entgelte nebst Gewinnmarge verhandelt.

„Man sei weder zahlungsunfähig noch überschuldet“.

Im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens will sich das Unternehmen neu strukturieren und zukunftssicher aufstellen. Dies wird bedeuten: abgeschriebene Einrichtungen abgestoßen, mit „Service-Wohnen“ können bessere Renditen erzielt werden.

Nicht erwähnt werden die gleichzeitigen Erwerbungen neuer Holdings. Als Beispiel kann dabei die VitalCare GmbH aus Düsseldorf dienen. Der Geschäftsführer Simon Voß eröffnete, dass Gruppe bis 2027 von derzeit 17 auf 150 Standorte wachsen will.

Als Nebensatz meinte der Gesundheitsminister Lauterbach in der ARD Sendung „Hart aber fair“ vom 24.4.2023, es ist ungerecht, dass nicht alle in die Pflegeversicherung einzahlen. Mit der FDP ist dies nicht zu machen. Wird es auch keine weitere „freiwillige“ Pflege-Privatversicherung, wie die FDP fordern lässt, geben? Diese direkte Belastung der Arbeitnehmer zur Entlastung des Sozialhaushaltes verschiebt das Problem der Belastung und Sicherung der Investoren weiter.

Wann fordert der Gesetzgeber klare und strengere Regeln?

Wie lange werden die Pflegebetreiber und -investoren gepampert mit Sonderleistungen und Förderungen und Zuschüssen, §§ 150 ff. SGB XI. 

Solange nicht die Einhaltung der Pflegebuchführung und die Kosten je Einrichtung durch Testat gefordert wird und erfolgt, wird Steuergeld verschleudert.

Heime dürfen nicht länger Gewinnmaschinen für Konzerne und Investoren sein.

Immer mehr Unternehmen veröffentlichen neben ihren finanziellen Berichten auch Nachhaltigkeitsinformationen, die über ökologische und soziale Aspekte ihrer Tätigkeit wie auch Korruptionsprävention Auskunft geben. Bei den Pflegeeinrichtungen der Kommunen, Privateinrichtungen und bei den Wohlfahrtsverbänden angeschlossenen Betreibern Fehlanzeige. Ein freier Markt existiert nicht. Die Investoren haben gesicherte Erlöse. Wenn die Immobilien abgeschrieben sind, werden sie veräußert oder durch Insolvenz aufgegeben. Die eingenommenen Gelder als anteilige Abschreibungskosten wurden nicht zur Erhaltung reinvestiert.

Es darf nicht länger sein, dass Arbeitnehmer für die Pflege selbst mit jährlich 67 Mrd. Euro aufkommen und damit die Sozialhilfe entlasten. Weiter lässt die FDP durch die Privatversicherung eine weitere gesonderte Pflegeversicherung fordern. Man darf auf die Haltung der Grünen in der Ampelkoalition gespannt sein.

Es folgt: Kann/will der freie Markt Care Arbeit leisten?

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