Der Bundesgesundheitsminister stolpert über veraltete, intransparente Daten .
Die Pflege segelt seit 1995 unter falscher Flagge. Nicht die Bürger, nein die Einrichtungsträger und Sozialkassen sollen geschont und gestärkt werden. Der oft und lange versprochene Bericht der Pflegekommission beim Bundesgesundheitsminister wird für die Versicherten keine Vorteile bringen; er wird sich mit guten Arbeitsbedingungen, der Gewinnung von Personal, der Finanzierung und der Beitragshöhe befassen. Die Versicherten und Betroffenen haben keinen Sitz, keine Stimme.
Der Ansatz reicht nicht!
2021 waren in 16.100 Pflegeeinrichtungen 814.000 Kräfte und in 15.400 ambulanten Diensten 442.900 beschäftigt. Anerkannt waren bereits 5 Millionen pflegebedürftige Personen. Ausgewiesen sind für 2023 anerkannt Pflegebedürftige mit Pflegegraden 2-5 insgesamt 5.571.107 Personen, ungenannt sind Personen mit Pflegegrad 1, dies sind geschätzt 700.000 Personen. Zu den 6,2 Millionen kommen nochmals ca. 10 – 12 Millionen betroffene Zu- und Angehörige, über 15 Millionen ruhige, oft entkräftete Wähler.
Dann kam Corona!
Der Gesundheitsminister Prof. Dr. Lauterbach zeigt sich nichtwissend und argumentiert mit Zahlenwerten und einer Steigerung von jährlich 50.000. Steigerungswerte, die es vor 2015 gab. Bereits die Statistik von 2015 zu 2013 zeigt einen Anstieg von 124.765 anerkannten Pflegebedürftigen.
Zur Ehrenrettung des Bundesministers muss gesagt werden, er ist nicht zuständig, die notwendigen Bedingungen der Pflegeversicherung zu gewährleisten, dies sind die Bundesländer und die Pflegekassen der Länder. Die Bürger in den Kommunen sind betroffen und sind oftmals verzweifelt; sie sehen keinen Hoffnungsschimmer. Die Bürger kennen keine nachvollziehbaren Fakten (Zufall! oder Absicht?). Eine aktuelle Zusammenstellung der Daten 2023 sind bis zum 5.6.24 nicht gegeben. Pflegestatistik 2017 bis 2023 geschätzt aaio
Im Jahre 2021 wurden 4,17 Millionen (84%) in der eigenen Häuslichkeit versorgt, davon mussten 2,55 Millionen Pflegebedürftige ohne Unterstützung durch ambulante Dienste auskommen. 793.000 konnten einen Platz in einer stationären Einrichtung ergattern. Ganz vergessen werden die Pflegebedürftigen mit dem Pflegegrad 1, die keinen Anspruch auf einen Heimplatz haben aber von Angehörigen betreut werden müssen. Bereits 2021 waren 5 Millionen Pflegebedürftig und der Pflegenotstand wurde erst durch Corona den Medien und den Bürgern deutlich und nun 2024 dem Minister, der seine Zuständigkeit im Krankenhauswesen sieht. Ja er ist, wie bereits sein Vorgänger Jens Spahn, gesetzgeberisch zuständig das Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) von Norbert Blüm aus 1994 zu überarbeiten. Damals wurde von einer stationären Versorgung von 30 % der Pflegebedürftigen ausgegangen. Wenn nur 10% einen notwendigen Platz ergattern können, ist es eine Zumutung, der notwendige soziale Anspruch des Grundgesetzes ist verletzt.
Wer nun den Kopf des Ministers fordert, impliziert seine Zuständigkeit. Ja, es bedarf einfacher Gesetzesänderungen im SGB V + XI; den Sicherstellungsauftrag erfüllen die Pflegekassen nicht. Die notwendige Einsicht und Mehrheiten der notwendigen Stärkung der anerkannt Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit könnte derzeit im 20. Bundestag über Fraktionsgrenzen hinaus noch gegeben sein. Die Einsicht einer notwendigen Umsteuerung ist nicht erkennbar, unser Vorschlag:
- Die Pflegeversicherung wird in die Krankenkassen eingegliedert. So entfallen 96 Vorstände.
- Die Sachleistungen werden zu Gunsten höherer Geldleistungen gestrichen, dies hat weitere Effekte,
- Die Verhandlungen auf Landesebene mit den Trägern entfallen und dadurch werden Personal und Verwaltungs-Ressourcen frei.
- Die Geldleistung an den anerkannt pflegebedürftigen Versicherten folgen den Pflegegraden. Die ambulanten Dienste und stationären Einrichtungen müssen ihre Leistungen marktüblich offerieren. Eine Auslastung von 90% und weniger, ist dann nicht mehr auf Zuruf ohne testierte Einzelbilanz aus den Sozialkassen zu leisten. Die derzeit über 3,5 Millionen in der Häuslichkeit ohne gewerbliche Unterstützung Gepflegten erhalten dann einen erhöhten Geldleistungsbetrag. Die derzeit jährlich 66 Mrd. € müssen nachweislich für die Betreuung, Unterstützung und Grundpflege ausgegeben werden.
- Leistungen für die notwendige Fachpflege werden bereits heute durch den Kniff des „Betreuten Wohnens“ durch die gewerblichen Anbieter genutzt. Dies soll nun durch „stambulante Pflege“ legalisiert werden. Warum nicht an die 85 bis 90 % in der Häuslichkeit denken und eine Regelung für alle Wähler. Die Bürger sind zu schützen. Der einseitige Schutz der gewerblichen Anbieter mit Zusicherung eines Gewinnaufschlages aus Geldern der Sozialversicherung ist nicht sozial.
Das Gesundheitswesen darf nicht länger nach Erlöstöpfen gedacht werden. Nicht den starken Lobbyisten muss gefolgt werden. Die gewählten Abgeordneten sind ihren Wählern verpflichtet. Die Menschenwürde nach Artikel 1 GG ist zu schützen. Der Schutz der pflegenden Angehörigen ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 GG, auch sie haben ein Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit durch entsprechende Unterstützung. Das Recht des Einzelnen ist nicht dem Eigentum nach Art. 14 GG untergeordnet oder ausgesetzt.
Wer ambulant vor stationär aufrechterhalten will, hat die Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit zu stärken.
Die Pflegekassen nach SGB XI sind Anhängsel der Krankenkassen nach SGB V ohne eigene Rechte gegenüber den Anbietern. Wir brauchen keine 96 Pflegekassen, wir benötigen eine Zuständigkeit, damit der nicht nachvollziehbare Verschiebebahnhof der Sozialversicherungsgelder vermieden wird. Warum sehen die verantwortlichen Politiker und Verbände nicht in andere Länder, wie zum Beispiel Dänemark oder die Niederlande. Vielleicht ist die Antwort, statt sich mit über 15 Millionen Wähler zu beschäftigen, es ist einfacher sich auf maximal 30.000 gut vernetzte Träger zu konzentrieren.
Bei dem Bürgerdialog, organisiert von der Thüringer Allgemeine, nahm Scholz ausführlich Stellung zu der Situation in der Pflege. Ende des Monats werde der Bericht einer Pflegekommission vorliegen, der sich mit guten Arbeitsbedingungen, der Gewinnung von Personal, der Finanzierung und der Beitragshöhe befasse, kündigte der Kanzler an. Und ergänzte: „Also richtig viel Arbeit, und an die machen wir uns sofort, wenn dieser Bericht jetzt vorliegt“, betonte Scholz. Die Äußerungen des Bundeskanzlers am 30.5.24 im Lesergespräch der Thüringer Allgemeinen Zeitung sind per Video dokumentiert (ab Minute 28:30).
Ein klarer Arbeitsauftrag also an den Gesundheitsminister, der durch seine irritierenden Aussagen immer mehr Kredit verspielt. Gegenwind bekommt Lauterbach ebenfalls von seinem SPD-Genossen, dem rheinland-pfälzischen Sozialminister Alexander Schweitzer. Dieser sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Mit dem Eintritt der Babyboomer ins Rentenalter muss jedem klar sein: Eine grundlegende Reform der Pflege darf nicht länger aufgeschoben werden“.
Wer sich eine dauerhafte Stabilisierung der Pflege erhofft, wird enttäuscht werden. Der Auftrag an die Kommission zeigt, das System der gewerblichen Anbieter wird weiter einseitig gestärkt werden. Die Aufwertung der Angehörigenpflege ist nicht ersichtlich. Eine Verringerung der Pflegekassen, vielleicht eine pro Bundesland reicht aus die Beitragsstabilität, bei notwendiger Transparenz, zu sichern.
Pflegebedürftige, pflegende An- und Zugehörige haben keine Lobby.
Wer kennt die BIVA, gegründet 1974. Sie betreibt selbst keine Einrichtungen oder Pflegedienste und steht somit konsequent auf Seiten der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Sie ist gemeinnützig, parteipolitisch und konfessionell neutral, sowie finanziell unabhängig. Die Mitglieder des Vereins werden vertreten. Daneben gibt es weitere Vereine und Stiftungen, die sich im Rahmen der Satzung für die Belange Pflegebedürftiger einsetzen. Allen fehlt die wirtschaftliche Macht für eine ständige Interessenvertretung im Bund und den Ländern, im Gegensatz zu den Trägern der Wohlfahrtspflege und privaten Einrichtungen.
Die derzeit jährlich 66 Mrd. € der Versicherten in die Pflegekassen, müssen nachweislich für die Betreuung, Unterstützung und Grundpflege der anerkannt Pflegebedürftingen ausgegeben werden, unabhängig vom Ort der Pflege. Die einseitige Bevorzugung und wirtschaftliche Stärkung der Einrichtungsträger ohne Kontroll- und Sanktionsmöglichkeit widerspricht dem Rechtsempfinden.
Siehe auch:
Keine weitere Reparatur – Ganzheitlicher Ansatz im Gesundheitswesen ist gefordert
Es reicht nicht die Betrügereien ausländischer Banden anzuprangern und die schwache Verhandlungsmacht der Pflegekassen länger auszublenden. Es bedarf einer generellen Korrektur.
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