Hilfeschrei „Pflege geht uns alle an!“
Pflegende Angehörige fühlen sich allein und im Stich gelassen. Das Land NRW und die Landespflegekassen nehmen sich der Not formal mit der Aktion: „Vereinbarkeit-von-Beruf-und-Pflege“ an. Die Häusliche Pflege soll durch sensiblere Arbeitgeber unterstützt werden. Ein Apell an die 704.000 Unternehmen im Lande und den öffentlichen Dienst mit den 9 Millionen Beschäftigten und der Doppelbelastung durch Arbeit und Pflege von über einer Million (12 %) der Mitarbeiter. Das Soziale Gewissen, wie es Berta Krupp mit der Margarethenhöhe und andere Stifter vorlebten, wird angemahnt.
Ziel:
Durch die Entwicklung und Umsetzung tragfähiger Lösungen sollen Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen gestärkt werden. Eine gelingende Vereinbarkeit führt zu physischen und psychischen Entlastungen der Beschäftigten und dadurch zu geringeren Fehlzeiten. Eine engere Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ein besseres Image zum Unternehmen sind weitere Wettbewerbsvorteile. Ein neuer Anfang!? Siehe unseren Beitrag aus 2019.
Umsetzung:
Die Unternehmen sollen und können durch Unterzeichnung einer (Landes-) Charta für sich im Unternehmen und in der Öffentlichkeit werden.
In der 48seitigen Broschüre „Vereinbarkeit-von-Beruf-und-Pflege“ wird die Notwendigkeit auf der Zahlenbasis 2021 erklärt. Die aktuelle Situation hat sich stark verschlechtert. 90 % der anerkannten Pflegebedürftigen müssen in der Häuslichkeit gepflegt werden, dies überwiegend ohne notwendige Unterstützung von ausgebildeten Pflegekräften.
Ab der Seite 26 wird im Kapitel 6 erklärt, wie sich das Unternehmen „pflegesensibel“ entwickeln kann. Es folgen im Schritt 7 mögliche Hilfen mit verweisen. Im Anhang folgt eine Checkliste für die Unternehmensführung und einen Selbsteinschätzungsbogen für den Beschäftigten und pflegenden Angehörigen.
Die Broschüre gibt eine gute Zusammenfassung der gesetzlichen Möglichkeiten und Hilfsangebote.
Das Wort „sensibel“ wird für das Unternehmen als Ziel benutzt. Geworben wird: „Mit guter Beratung und den richtigen Hilfen muss Pflege nicht immer Belastung sein …
Ein neuer Ansatz nach vier Jahren von „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“ Oder „Wie gelingt der Spagat für den Mitarbeiter und das Unternehmen?“
Es fällt auf:
Sozialminister Herr Karl Laumann des Landes NRW und die Landespflegekassen appellieren durch die notwendige „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“ indirekt an den Gesundheitsschutz. Die bestehenden rechtlichen Voraussetzungen zur Entlastung des Unternehmens werden in der Broschüre dargestellt und müssen im Schulterschluss zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern umgesetzt werden. Die Rechtsansprüche nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG), dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) bis hin zum Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in Unternehmen ab einer bestimmten Größe werden aufgezeigt. Das soziale Verhalten in inhabergeführten Unternehmen wird unterstellt.
Ein unverbindlicher Apell und kein Hinweis auf eine notwendige Mitwirkung der gewählten Interessenvertretung der Arbeitnehmer oder gar eine Betriebsvereinbarung zum Schutze der pflegenden Angehörigen. Sollen Führungskräfte von Unternehmen nicht erschreckt werden?
Die Unterzeichnung der entsprechenden Charta bleibt eine rein freiwillige, nicht näher kontrollierbare, Willensbekundung zur Werbung für das jeweilige Unternehmen. Vor allem mit Blick auf die angespannte Fachkräfte-Situation kann die Charta, die auch als digitales Signet auf der Webseite des Unternehmens geführt werden kann, einen Vorteil bedeuten. Die Charta-Unternehmen bekommen Zugang zum digitalen Portal des Landesprogramms.
Nimmt das Unternehmen die Fürsorgepflicht, die Verantwortung für die Mitarbeiter und die Charta ernst, ist die bestehende Mitarbeitervertretung bei der Umsetzung der Checkliste 1 auf Seite 43 der Broschüre einzubinden.
Ein Ansatz der notwendigen Pflegereform ist weiterhin nicht Sicht. Die Politik und Pflegekassen lenken mit veralteten Zahlen und öffentlichen Appellen von der eigenen Verantwortung und der notwendigen Umkehr zu einer gemeinsam verantworteten Gesellschaft ab.
Wer kein Wort über die notwendige Einbeziehung und Mitwirkung der demokratisch gewählten Interessenvertretung der Mitarbeiter in den Betrieben verliert, muss sich die Frage nach seiner Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und Versicherten, deren Angehörigen und den Bürgern gefallen lassen.
Ist der soziale Rechtsstaat zum Apell verkommen und die demokratische Mitwirkung eine Farce?
Soziales Handeln ist ein Gewinn für beide Seiten.
Die Mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und notwendiger häuslicher Pflege führt durch Fehltage zu Kosten von bis zu 14.000 Euro/Jahr/pro Mitarbeiter. Allein dieses wirtschaftliche Argument, sollte zum Nachdenken und Handeln verhelfen. Vom Halten der notwendigen Fachkräfte ganz zu schweigen. Bereits bestehende gesetzliche Regelungen müssen genutzt werden, entbinden die Parteien nicht eine tragfähige Pflegereform breit zu diskutieren und umzusetzen. Die Pflegekatastrophe verschlimmert sich überschnittlich schnell im europäischen Vergleich. Apelle sind kostengünstig, verbunden mit einer Hoffnung des Umdenkens anderer.
- Auf die angekündigte „Pflegereform“ gehen wir in einem der nächsten Beiträge ein.
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