Die störenden Angehörigen in den Einrichtungen durch die unbekannte Qualität der Pflege
In konzernabhängigen Einrichtungen ist die Qualitätssicherung formal gegeben. Oft mit einer schönen Urkunde, dem „Qualität Siegel“ im Eingang dokumentiert.
Jede Pflegekraft, jede Führungskraft und jeder Angestellte im Pflegeheim kennt es: – Angehörige, die viele Fragen haben, sich über Beschwerden austauschen oder Input liefern möchten.- Es fehlen die grundlegenden Fakten. So entstehen Erwartungen, Forderungen und Missverständnisse.
Transparenz ein Unwort?!
Mitarbeiter kennen oft nicht den Weg einer Beschwerde, geschweige den Vorteil einer solchen. Selten sind es Beschwerden über das persönliche Verhalten des Mitarbeiters, sondern über die vermeintlich fehlenden Leistungen. Es fehlt an den Grundlagen der notwendigen (Dienst)Leistung zur Gegenleistung des Entgeltes.
Die verhandelten Daten sind oftmals auch den Einrichtungsleitungen unbekannt. Dem Bewohnerbeirat müssten sie nach § 85 Abs.3 Satz 2 SGB XI zur notwendigen Stellungnahme, den Bewohnern und Angehörigen bei Vertragsabschluss bekannt sein. Die Wirklichkeit wird hinter nicht nachvollziehbare Eckdaten versteckt. So entstehen Erwartungen, Forderungen und Missverständnisse. Einrichtungsträger behandeln die verhandelten Daten als Betriebsgeheimnisse.
Die verbraucherorientierte, bedarfs- und verständnisgerechte Pflegequalität kann und muss unabhängig objektiv dargestellt werden!
Jede Einrichtung, wird zumindest im Qualitätshandbuch ihre Mindestleistung zur Zielerreichung beschreiben. Beschwerden müssen ernst genommen und im Rahmen des Beschwerde Managements dokumentiert werden. Durch die fehlende Offenheit besteht die Gefahr, dass notwendige, wichtige Arbeiten vernachlässigt werden und liegen bleiben. Zur Verschleierung der fehlenden Dokumentation wird das Totschlag- und Scheinargument vorgebracht: Bürokratie, Bürokratie!
Kein Leistungsnachweis, keine Zahlungsverpflichtung.
Eine EDV gestützte Pflegedokumentation ist Grundlage der Abrechnung, die reine Anwesenheit ist kein Nachweis der Pflege. Die konkrete Beschwerde muss beantwortet werden.
Damit pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige informiert entscheiden können, welche Versorgungsangebote ihren Bedürfnissen am besten entsprechen, benötigen sie eine geeignete Entscheidungsgrundlage. Dazu gehören fundierte, relevante, leicht zugängliche und verständliche Informationen zu den professionellen Pflegeangeboten und deren Qualität. Näheres siehe Studie der AOK Charité[1]
Um pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen bessere Informationen über die Qualität der Pflegeangebote als bisher zur Verfügung zu stellen, hat der Gesetzgeber mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) 2015 unter anderem festgelegt, dass zum einen das derzeitige Verfahren zur Qualitätsbewertung weiterentwickelt werden muss. Doch bisher sind die „freiwilligen Angaben“ zu denen sich die Einrichtungen verpflichtet haben, weiterhin mangelhaft.
Mit dem 27.2.2019 wurde das Verfahren zur Kürzung der Pflegevergütung nach § 115 Absatz 3 und 3a SGB XI vom 22. Dezember 2017 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Vereinbarung gilt zwischen Einrichtung und Pflegekasse. Wie erfährt die Pflegekasse, dass die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere ihre Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72 SGB XI) ganz oder teilweise nicht einhält?
Was im stationären Bereich gilt, setzt sich im ambulanten Bereich fort.
Informationen über Pflegeangebote sind besonders für pflegebedürftige Menschen als primäre Nutzerinnen und Nutzer und für deren Angehörige relevant. Letztere sind häufig erheblich in die Unterstützung Pflegebedürftiger und mithin in die Entscheidung über professionelle Pflegeangebote involviert. Allein etwa vier bis fünf Millionen informell Pflegende sind deutschlandweit an der häuslichen Versorgung beteiligt.
Wo bleibt der Versicherte, der Pflegebedürftige?
Die Pflegekassen werden durch die Pflichtbeiträge der Versicherten nicht der Träger getragen. Damit besteht zwischen der Pflegekasse und dem Mitglied ein Vertragsverhältnis, aus welchem ein Schutz gegenüber dem Mitglied entsteht. Insbesondere dann, wenn die Pflegekassen selbst nur festgesetzte Pauschalen leisten und zu Lasten der Betroffenen eine Verpflichtung zur restlichen Entgeltzahlung über die Pflege hinaus abschließt.
Die Betroffen selbst, noch Verbraucherschutzorganisationen erhalten notwendige Informationen oder sind bei den grundlegenden Verhandlungen über die Qualität ( §113 SGB XI) auf Bundes- und Länderebene, geschweige denn bei den Einzelverhandlungen, mitbeteiligt. Die Anhörung nach § 118 SGB XI, verweist auf den Qualitätsausschuss nach § 113b und wer Vertragspartei ist. In Geheimsitzungen wird beraten und beschlossen. Die Verbraucherschutzorganisationen am Katzentisch sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
- 1. bei einem planmäßigen und zielgerichteten Verstoß des Trägers der Einrichtung gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung oder
- 2. bei nicht nur vorübergehenden Unterschreitungen der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung.
Hier zeigt sich die Notwendigkeit der Offenlegung der verhandelten Daten in allgemein nachvollziehbarer Darstellung. Der Pflicht wird nicht nachgekommen, die Landesverbände der Pflegekassen prüfen vielleicht, schreiten nicht ein. Es fehlt an Sanktionsmöglichkeiten.
Wer schützt hier wen?
Qualität und Qualitätsmanagement in der Pflege[2] gewinnen gerade zur jetzigen Zeit zunehmend an Bedeutung. In Deutschland gibt es knapp 2.000 Krankenhäuser, über 28.000 ambulante und stationäre Einrichtungen der Langzeitpflege und darüber hinaus weitere Einrichtungen, in denen pflegerische Leistungen erbracht werden. Mit fast 1,7 Millionen Beschäftigten stellt die Pflege die größte Berufsgruppe ohne Approbation im Berufsfeld Pflege und Gesundheit dar. Dazu kommen noch die pflegenden Angehörigen der über 5 Millionen anerkannt Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit. Auch diese haben einen Anspruch auf fachliche Unterstützung, damit eine notwendige und würdevolle Pflege garantiert werden kann.
Ein guter Ansatz: QRM Hospiz https://info.dgq.de/acton/attachment/23495/f-dcb05e91-776a-476b-b192-b9051873b2ff/1/-/-/-/-/BRH%20Hospiz.pdf
[1] Sulmann, D., Eggert, S., Kuhlmey, A. et al. Bundesgesundheitsbl (2019). https://doi.org/10.1007/s00103-019-02885-2
[2] https://www.dgq.de/themen/qm-pflege/
Wie wird Qualität in Pflegeheimen gemessen und bewertet?
Einen formalen Überblick gibt die Verbraucherzentrale. Auf verschiedenen Internet-Portalen der Pflegekassen sind die Qualitätsbewertungen zu finden. Zum Beispiel der Pflegenavigator der AOK, der Pflegelotse der Ersatzkassen oder der Pflegefinder der Betriebskrankenkassen. Hier kann sich ein Bewerber einen ersten Überblick verschaffen. Informationen über die Einrichtungen sind spärlich. Wer sich in der Einrichtung wohlfühlen will, muss sich vorher die Atmosphäre selbst erarbeiten. Ein Gespräch mit dem Bewohnerbeirat ist hilfreich. Bedenken Sie, nur jeder 10. Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 und „Heimbedürftigkeitsbescheinigung“ kann einen Platz in der Einrichtung „ergattern“.