Können Roboter zu guter Pflege beitragen?

Assistenzroboter in der Altenpflege ein Hype oder unumgänglich

Die Interaktion von Mensch und Maschine in der Pflege kann nur im Sinne des Gemeinwohls erfolgen.

Schon die Verwendung von Flaschenzügen in der Frühantike oder von Schöpfwerken zur Ackerbewässerung bei den Babyloniern kann als Mensch-Maschine-Interaktion gesehen werden. Die Art, wie Menschen und Maschinen miteinander interagieren, hat sich seitdem jedoch immer wieder verändert. Künstlichen Intelligenz (KI) sind zweifelsohne beeindruckend. Hochentwickelte Sensorik macht eine räumliche immer engere Zusammenarbeit von Mensch und Roboter möglich, da die Maschinen mit verbesserten Technologien der Spracherkennung, Bilderkennung, Emotionsmessung sowie der Erfassung von Blickbewegungen und Gesten das Verhalten ihrer Anwender zunehmend genauer registrieren können.

Die beschriebenen Entwicklungen werfen neue Fragen auf, die zwar vordergründig wenig aufsehenerregend erscheinen, tatsächlich aber von großer Brisanz sind und zum Schutz der betroffenen Menschen geregelt werden müssen. 

  • Wie lässt sich die zunehmend enge Interaktion zwischen Menschen und autonomen Maschinen nicht nur sicher, sondern auch moralisch verantwortungsvoll gestalten?
  • Wer ist haftbar zu machen, wenn doch etwas schiefgeht?
  • Und gibt es ethische Grenzen der Technisierung und wenn ja, wo liegen diese?

Einer der gesellschaftlichen Bereiche, in denen derartige Fragen derzeit besonders drängend, vielleicht auch problematisch werden, ist die Altenpflege, die sich im Zuge des demografischen Wandels vor enorme Herausforderungen gestellt sieht: Seit Jahren steigt die Zahl der Pflegebedürftigen, während es immer schwieriger wird, Pflegefachkräfte in ausreichender Zahl auszubilden oder zu rekrutieren. Seit Jahren zeichnet sich eine massive Versorgungslücke ab, die den Ruf nach technischer und insbesondere robotischer Unterstützung lauter werden lässt. Innovative Assistenztechnologien für die Pflege werden von der Politik seit Jahren gefördert und dies nicht nur in Japan, das hier als besonders fortschrittlich gilt, sondern auch in Deutschland. Bereits heute finden keine 20 % mehr die erforderlichen Heimplätze. Teilweise wird ein Belegungsstopp seitens der WTG-Aufsicht ausgesprochen.

Es liegt auf der Hand und wird wortreich beschworen, dass es sich bei der Pflege um einen außerordentlich sensiblen Bereich des Miteinander handelt. Zunehmende maschinelle Autonomie und die fragile Verfassung der Pflegebedürftigen stehen in einem spannungsreichen Verhältnis, weshalb der perspektivische Einsatz autonomer Pflegetechnologien ethisch hochumstritten ist und auch in der Bevölkerung auf viel Vorbehalte trifft. Die Altenpflege ist damit ein Feld, in dem sich die Ambivalenzen ( bezeichnet einen Zustand psychischer Zerrissenheit ) der Mensch und Maschine in Entgrenzung in paradigmatischer Weise zuspitzen. Dies mag auch der Grund der Verdrängung sein nicht darüber nachzudenken oder gar zu sprechen.

Da sich die Rolle der Neurotechnologie hauptsächlich auf den therapeutischen Bereich beschränkt, stellt die Servicerobotik für die Altenpflege die treibende Kraft der Entgrenzungsdynamik dar. Ihr wird großes Potenzial zugeschrieben, Pflegekräfte entlasten sowie Pflegebedürftige im Alltag unterstützen zu können, entsprechende Anwendungen befinden sich bereits seit vielen Jahren in Entwicklung und Erprobung. Die sich bietenden Unterstützungsmöglichkeiten sind äußerst vielfältig (Pflege 4.0 als Stichwort) und lassen sich gemäß ihren Anwendungszwecken grob folgenden Kategorien zuordnen.

Assistenzroboter zur physischen Alltagsunterstützung

Kommen der eigentlichen Bestimmung der Servicerobotik der Erweiterung menschlicher Handlungsfähigkeit am nächsten. Sie müssten vordringlich im häuslichen Umfeld eingesetzt werden, um älteren und pflegebedürftigen Menschen zur Hand zu gehen (z.B. Holen und Bringen von Gegenständen), aus Kostengründen werden sie eher in der Unterstützung pflegerischer Routinetätigkeiten im Pflegeheim dienen ( z. B. als Hebehilfen oder für logistische Aufgaben).

Bei sozialen Robotern

Steht hingegen nicht die physische, sondern die sozial-emotionale Unterstützung im Vordergrund. Zu unterscheiden ist hier zwischen Geräten die selbst mit Menschen sozial interagieren und kommunizieren ( z. B. als Unterhaltungs- oder Zuwendungsroboter ), und solche, deren Hauptzweck darin besteht, zwischenmenschliche Kontakte zu vermitteln und damit die soziale Teilhabe zu fördern ( z. B. als Kommunikationsassistent oder Telepräsenzroboter ). Ein bereits relativ etabliertes Anwendungsfeld der sozial-interaktiven Robotik stellt die Demenztherapie dar, wo vermehrt tierähnliche Roboter wie die Robbe Paro unterstützend zum Einsatz kommen.

Robotischen Mobilitätshilfen,

schließlich kommt in der Altenpflege aufgrund der verbreitet auftretenden Bewegungseinschränkungen eine wichtige praktische Bedeutung zu. Die Geräte werden entweder als Exoskelette direkt am Körper getragen oder stellen intelligente beispielsweise um Navigationsfunktionen ergänzte Erweiterungen einfacher Fortbewegungshilfen dar ( Rollatoren, Rollstühle ). Insbesondere Exoskelette bieten breite Anwendungsmöglichkeiten, da sie sowohl als alltägliche Mobilitätshilfe für ältere Menschen und Pflegebedürftige auch zur Entlastung von Pflegekräften bei körperlich anstrengenden Aufgaben eingesetzt werden müssen.

Die Euphorie der robotische Alltagsassistent hat aus Kostengründen in den vergangenen Jahren an Attraktivität verloren, stehen nun zunehmend spezialisierte Automatisierungslösungen für die stationäre Pflege im Fokus der Entwicklerinnen und Entwickler, ein Beispiel ist etwa der intelligente Pflegewagen des Fraunhofer IPA, der dereinst in der Lage sein soll, autonom zum Einsatzort zu navigieren, den Verbrauch zu dokumentieren und Pflegeutensilien selbstständig nachzufüllen.

Die neue Schwerpunktsetzung erfolgt nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus, denn Systeme für den Einsatz in Pflegeheimen versprechen eine höhere Auslastung und damit eine verbesserte Kosten- Nutzen-Bilanz als Anwendungen für Privathaushalte. Insgesamt sind die zukünftigen Marktaussichten für die Pflegerobotik derzeit allerdings nur schwer absehbar. Sie hängen zum einen davon ab, wie sich die sozioökonomischen Rahmenbedingungen für die Pflegebranche im Zug des demografischen Wandels entwickeln werden ( Pflege, und Fachkräftebedarf, Personalkosten, staatliche Pflegeleistungen ). Zum anderen wird es jedoch auch entscheidend darauf ankommen, ob es gelingt, Systeme zu entwickeln, welche die hohen Anforderungen an den pflegerischen Nutzen sowie die Technikakzeptanz zu erfüllen vermögen.

Die wirtschaftliche Entscheidung der Umsetzung trifft der Einrichtungsträger, werden Roboter bei 20 % der Pflegebedürftigen eingesetzt ( Hype oder unumgänglich ). Ein Zurücklehnen in der Frage wäre fatal.  Die notwendige Abwägung ist nicht nur eine Frage der Amortisation und Refinanzierung, durch die fehlenden Pflegekräfte kann es ein Qualitätskriterium werden.

  • Die Entscheidung steht damit  unter dem Vorbehalt der Absprache mit dem Bewohnerbeirat. Die oft vergessenen Rechte und Pflichten der Bewohner werden formal nach den Ländergesetzen durch die gewählte Interessenvertretung in der Einrichtung wahrgenommen.
  • Der mögliche Einsatz in der Häuslichkeit scheitert derzeit an der Finanzierung, damit wird möglicherweise Hilfe versagt.

Digitalisierung kann im (Pflege)Alltag unterstützen und soziale Teilhabe ermöglichen.

Ein ausführlicher Report:  Digitalisierung braucht Zivilgesellschaft.

Der notwendige Datenschutz in der Einrichtung ist durch den Bewohnerbeirat zu gewährleisten.

Wie wird sich das Gesundheitssystem in der Zukunft entwickeln. Wird das Gemeinwohl wieder Einzug halten? Nur dann ist Pflege 4.0 auch in der Häuslichkeit möglich. Dies sollte aber nicht davon abhalten, die gegebenen Möglichkeiten des häuslichen Wlans für die Digitalisierung zu nutzen, z.B. der Meldung von Sturz-Sensoren am Bett oder der Lichtsysteme. 

Erfahrungsberichte sind erwünscht.

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