Finanzinvestoren im Gesundheitssektor und die Insolvenzen

Gefahr für die Gesundheitsversorgung

Folge-Beitrag vom 8.9.23 „Pflegekatastrophe – SGB XI ist gescheitert“  und „Insolvenz der Pflegeeinrichtungen – Zufall oder Systembedingt –„

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat ein Gesetz angekündigt, das den Einfluss von Finanzinvestoren im ambulanten Gesundheitssektor einschränken soll. Die Kassenärztliche Vereinigung macht Druck „PraxenKollaps – Praxis weg. Gesundheit weg!

Was hilft eine regionale Beschränkung für den Kauf von Arztpraxen, die als Medizinischen Versorgungs-Zentren (MVZ) geführt werden. Es fehlt die ganzheitliche Betrachtung der Gesundheitslandschaft von den Ärzten über die Krankenhäuser und Rehaeinrichtungen bis zu den Pflegeeinrichtungen aus wirtschaftlicher Sicht. Es geht um Geldvermehrung auf Kosten der Sozialversicherung der Arbeitnehmer nach den Sozialgesetzbüchern, allein nach Spielregeln des freien Marktes.

Gleichberechtigte Partner stehen sich nicht gegenüber.

Kennen Politiker nicht die potenziellen, wirksamen Hebel, wenn den Anlegern jährliche Renditen bis zu zwanzig Prozent versprochen werden. Die aktuellen Insolvenzen in Selbstverwaltung sind ein weiteres Optimierungsmittel?

Die Logik dahinter

Für Finanzinvestoren wie Private-Equity-Firmen standen zuerst Industriefirmen, dann Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, nun stehen Arztpraxen auf der Einkaufsliste. Das bekannteste Beispiel ist der nun zweitgrößte Altenheim-Betreiber Alloheim S.E., der noch keine deutsche Kapitalsteuer in Deutschland bezahlt haben soll. Alle Jahre steigt ein neuer Investor über Luxemburg in das Geschäft des Konzerns ein.

Die Fonds bündeln das Geld ihrer Anleger, meist Pensionsfonds, und kaufen sich mithilfe von hohen Krediten in besonders lukrative Wirtschaftszweige für einen vorher festgelegten Zeitraum ein – darunter auch sehr profitable Sektoren des Gesundheitssystems. Zum Ende, mit dem Verkauf der „Investition“, wird dann die notwendige Rendite mit dem erreichten Mehrwert erzielt.

Das Modell Private Equity

Sobald die Private-Equity-Firma den Konzern kontrolliert, stellt sie ihn optimal auf. Der Betreiber, der Heime, der Praxen nehmen maximale Schulden von 90 bis 95 % des Wertes auf, das Eigenkapital sinkt nominal unter 10 Prozent. Damit steigt die Eigenkapitalrendite des Unternehmens, unabhängig von den zu erwartenden Zukäufen, die wichtige Kennzahl für die Investoren. Am Ende der Laufzeit wird der umstrukturierte auf Wachstum aufgestellte Konzern gewinnbringend an einen neuen Fond verkauft, oft in einem schlechteren wirtschaftlichen Zustand als zuvor. Dann geht das ganze Spiel wieder von vorne los. Nun muss erneut durch die gestiegenen Schuldzinsen umstrukturiert, konsolidiert werden. Die Insolvenzen in Eigenverantwortung waren und sind für Insider zur Konsolidierung absehbar. Die Coronahilfen sind im Konzern verschwunden. Nur das laufende Jahr wird für einzelne Betriebe aufgedeckt.

Trotz geringer Gewinne rentabel

Schaut man in die konsolidierten Bilanzen der Gesundheits-Konzerne, sieht man, dass sie kaum Gewinne machen, manche schreiben sogar rote Zahlen. Trotzdem sind sie attraktiv für Finanzinvestoren, solange laufend Gelder in das Unternehmen fließen, also der Cashflow hoch ist. Private Equity erwirtschaften im Sozialbereich (Arztpraxen, ambulante Pflege, Betreutes Wohnen, Pflegeeinrichtungen) die keine Gewinne machen, trotzdem jährlich Gewinne von bis zu 20 Prozent für die Anleger. Das klingt unmöglich und gelingt den Investoren maßgeblich durch Finanztricks. Sie sorgen dafür, dass die hohen Renditen nicht an den Konzern selbst gehen, sondern an die Private-Equity-Firma. Der Betreiber selbst versteckt die laufenden Überschüsse in verschachtelten Firmen von der GmbH bis zur Co.KG und sorgt, nicht wie ein vorsichtiger Kaufmann durch Rückstellung oder Rücklagen, vor.

Die maßgebliche und notwendige Rendite fällt beim Verkauf des Konzerns an. Der Faktor, der dabei den Preis hochtreibt, ist meist die neue Struktur des Konzerns, geschaffen durch die Zukäufe von weiteren Einrichtungen, Bündelung von Praxen und Arztsitzen und durch die operative Umstrukturierung auf eine hohe Eigenkapitalrendite. Hinzu kommt, dass die Investoren ihre Gewinne meist nur gering versteuern, da sie in Schattenfinanzzentren wir Luxemburg sitzen.

Gefahr für die Gesundheitsversorgung

Die Gesundheits-Konzerne in Private-Equity-Hand sind außergewöhnlich hoch verschuldet. Die Eigenkapitalquote liegt unter zehn, manchmal unter fünf Prozent – alles andere ist durch Kredite bei Banken oder bei der Private-Equity-Firma fremdfinanziert.

Wirtschaftliche Entwicklungen wie die Zinswende 2022 führen dazu, dass hoch verschuldete Unternehmen mit höheren Zinskosten konfrontiert werden, die im laufenden Budget nicht verhandelt wurden. Die Unternehmen nehmen das Insolvenzrecht rechtzeitig zu Hilfe. Zeigen auf, dass sie ihre Bankschulden nicht bedienen können und die Banken keine Kredite mehr an das Unternehmen ausgeben. Zwar könnte die Private-Equity-Firma auch mit Geldspritzen einspringen – sie muss es aber rechtlich nicht. So können die Mitarbeitergehälter für drei Monate von der Bundesanstalt für Arbeit bezogen werden. Der Betrieb läuft weiter, wird umstrukturiert. Ein Drittel und mehr der Einrichtungen werden vor der Zeit abgestoßen.

Für die Investoren, die Private-Equity-Firma wäre Selbst haften sie mit eigenem Geld nur geringfügig mit maximal 10 Prozent für das Unternehmen und das aufgezwungene Geschäftsmodell. eine Pleite der Einrichtungen, der Praxen ein geringfügiger Investitionsverlust.

Wirkliche Pleiten von Gesundheits-Konzernen in Private-Equity-Hand sind in Deutschland nicht vorgekommen. Anders in Großbritannien, wo eine Kette von Pflegeheimen nach zahlreichen Übernahmen durch Private Equity bankrottgegangen ist. Die Immobilien waren unbrauchbar. Die Abwicklung von Insolventen Einrichtungen ist schmerzhaft für die Bewohner und ist nicht auf Privat-Konzerne beschränkt. Beispiele der Unwirtschaftlichkeit ist auch bei den Wohlfahrtsbehörden und Kommunen gegeben.

Handlungsmöglichkeiten für Finanzinvestments im Gesundheitsbereich

Will man der Entwicklung weiter steigender Ausgaben entgegenwirken, müssen bestehende allgemeine Gesetze überprüft und weitere gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Investitionen im Gesundheitssystem müssen der Gesellschaft dienen Mittel der Sozialversicherung, aufgebracht von den Arbeitnehmern, dürfen nicht ein Risiko für die Patienten und die Gesundheitsversorgung darstellen.

Um die langfristige wirtschaftliche Stabilität von Sozialeinrichtungen sicherzustellen, muss die Kreditaufnahme der Sozial-Konzerne begrenzt werden. Dies reduziert den Hebel der Private-Equity-Firmen, sie müssten mehr eigenes Kapital einsetzen. Zudem müssen Haftungsregeln für Betreiber und Investoren eingeführt werden. Die Haftung der Investoren während des Besitzes und nach dem Verkauf des Unternehmens muss sich auf das Gebäude, Grund und Boden beziehen. Dabei ist z.B. an eingenommen Investitionserlöse und unterlassene Sanierung, Reparatur und fehlende Rücklagenbildung zu denken, weil die Gelder als Gewinn entnommen wurden.

Der freie Kapitalmarkt hat durch die Sozialversicherung seine Grenzen und es bedarf eines Transparenzregisters im Gesundheitsbereich. Die so erfassten Eigentümer würden sichtbar. Die Konzernbilanzregeln für diesen Bereich müssen aufgehoben werden. Alle Einzelbilanzen sind zur Transparenz und Steuervermeidung zu veröffentlichen.

Die Finanzmärkte greifen in zahlreiche Lebensbereiche der Menschen ein und optimieren das Kapital durch geschickte Lobby in Regierung und Parlamenten.  Gesetze schützen ihr Handeln, eine Falle für die Bürger.

Die ökonomische Vernunft der Solidarität.

So lautet der Titel von Hartmut Reiners neuem Buch.

Es folgt demnächst: „Krankenhaus- Pflegereform wohin“ und „Wir brauchen verlässliche Strukturen im Gesundheitswesen“

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