Wer steckt hinter dem Arztschild?

So titelte die Süddeutsche Zeitung am 9. April 2022. Zuvor titelte der NDR am 5.4.22

Spekulanten greifen nach Arztpraxen

Internationale Finanzinvestoren haben Hunderte Augenarztpraxen in Deutschland gekauft. In mehreren Städten und Landkreisen sind nach NDR Recherchen bereits monopolartige Strukturen entstanden.

Die Zeit ist optimal für die Investoren.

  • Arztpraxen finden kaum noch Medizinische Fachangestellte. Ein Grund: Der geringe Lohn bei einer hohen Arbeitsbelastung. In der Pandemie stehen sie zusätzlich unter Druck – einen Corona-Bonus sollen sie trotzdem nicht bekommen.
  • Überalterung der Mediziner; immer mehr Ärzte näher sich ihres Ruhestandes, aber immer weniger junge Ärzte rücken nach und wollen sich selbstständig machen. Gingen 2009 noch vier Prozent der Ärzte weniger als 30 Stunden pro Woche arbeiten, waren es 2021 schon 31 Prozent.
  • Verwaltungskosten

In vielen Arztpraxen informieren seit Jahren Plakate und Broschüren über alle möglichen Vorsorgeuntersuchungen, neuartige Behandlungsmethoden werden den Patienten als Heilsbringer angepriesen.

Patienten werden immer häufiger von Ärzten zu Behandlungen und Untersuchungen gedrängt, die sie teuer aus eigener Tasche bezahlen müssen, die so genannten „IGEL-Leistungen“. Privatversicherungen erstatten teilweise diese IGEL-Leistungen.

Zähne und Augen sind derzeit als lukratives Geschäft ausgemacht. Finanzinvestoren kaufen immer mehr Praxen in Deutschland auf. Welche Folgen diese Entwicklung für das Gesundheitssystem hat. Damit ist eine Situation entstanden, vor der der Bundesrat Ende 2018 explizit gewarnt hatte: „In immer mehr Bereichen der ambulanten ärztlichen Versorgung bilden sich konzernartige Strukturen aus, oft in der Hand renditeorientierter Unternehmen“, hieß es damals in einer Stellungnahme. Der Bundesrat sah „die Gefahr der Monopolisierung und damit der Verschlechterung der Patientenversorgung“. Es könne etwa „zu einer Einengung der angebotenen Versorgung auf bestimmte, besonders lukrative Leistungen“ kommen. Der Bundesrat schlug eine Gesetzesänderung vor, um dem entgegenzuwirken. Die Bundesregierung von CDU/CSU/SPD wehrte eine notwendige Gesetzesänderung ab.

Nun in der Opposition bezeichnet es CSU Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek es als „auffallend“, dass gerade bestimmte Fachärzte wie Augenärzte, Nephrologen, aber auch Radiologen „offenbar besonders interessant für Finanzinvestoren sind“. Auf dem 126 Deutschen Ärztetag dieses Jahr in Bremen sagte er, er habe das Bundesgesundheitsministerium bereits eindrücklich gebeten, sich des Themas anzunehmen und so schnell wie möglich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzurichten.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, mahnte: „Ganz gleich, wie groß eine Praxis ist oder wer sie betreibt, allein die Qualität der Therapie ist für die Patienten entscheidend.“ Genesungschancen dürften nicht durch wirtschaftliche Strukturen und Interessen gefährdet werden, warnte er. Es dürfe nicht sein, dass die lukrativste Behandlung oder Abrechnungsstrategie im Vordergrund stehe.

Kapitalgesellschaften dürfen nicht zum Spaltpilz im Gesundheitssystem werden Mit großer Sorge sah die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz bereits 2019 die zunehmende Kommerzialisierung im Gesundheitswesen und insbesondere die verstärkten Übernahmen von Gesundheitseinrichtungen durch Private-Equity-Gesellschaften. Die renditebezogene Ausrichtung und Entwicklung im Gesundheitswesen beschneidet sowohl die Wahlfreiheit der Patientinnen und Patienten als auch den freiberuflichen Charakter der ärztlichen Tätigkeit

Die Investoren sehen die Zeichen der Zeit, durch die Forderungen, dass jedes zweite Krankenhaus entfallen soll und sich damit die zentralen ambulanten Dienste geradezu anbieten.

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

Steigende Ausgaben, Nachfolgesorgen und die angespannte finanzielle Lage öffentlicher Haushalte machen es Finanzinvestoren leicht, sich im Gesundheitsmarkt einzukaufen und zu positionieren. Um hohe Renditen einzufahren, setzen die Investoren nach dem Kauf meist rasch ihre Strategien zur Umsatz- und Kostenoptimierung um. Das Investitionsobjekt wird eine Weile gehalten und dann mit hoher Rendite wiederverkauft.

Gemäß SGB V dürfen zahnärztliche MVZs zwar nicht in der Hand von Investmentgesellschaften, Hedgefonds oder Private-Equity-Gesellschaften liegen. Doch es gab bislang ein Schlupfloch: Z-MVZ wurden als Tochtergesellschaften unter dem Dach eines Klinikträgers angesiedelt. Dieser – meist kränkelnde – Klinikträger wurde zuvor aufgekauft und dann als Vehikel genutzt, um Zahnarztsitze zu bündeln.

Die Räte in den Kommunen sind gefordert. Die Seniorenbeiräte, Kommunalen Konferenzen Alter und Pflege sind die Gremien, die erforderlichen Entscheidungen durch die entsprechenden Diskussionen vorzubereiten.

Bereits 2020 veröffentlichten wir den Beitrag: Wem gehört das Pflegeheim

Werden nur die Einrichtungen betrachtet gehören im Jahre 2019  6.570  = 42,7 % den Privatinvestoren, werden aber die Bettplätze betrachtet, hatten die Privatinvestoren bereits 53,8 % oder 522.000 Bettplätze. Die Kommunalen Plätze stagnierten mit 55.000 Plätzen = 5,7 %. Die Frei gemeinützigen betrieben 393.000 Bettplätze oder 40,5 %.

Gemeinwohlorientierte Daseinsvorsorge

Die Wahrnehmung, dass die Akteure im Gesundheitswesen immer mehr als Wirtschaftsunternehmen agieren, wird deutlich. Das damit verknüpfte Profitinteresse steht im Widerspruch zu einer am Gemeinwohl ausgerichteten Gesundheitsversorgung. Eine auf Gemeinwohl ausgerichtete Versorgung muss besonders auf Personen gerichtet sein, die nicht so mobil sind und die auch sonst weniger Möglichkeiten haben. Wir brauchen:

  • Qualität und Transparenz in der Versorgung.
  • Barrierefreiheit in Einrichtungen des Gesundheitswesen.

Die Zeit vor der Kommunalwahl in NRW ist optimal.

Die Daseinsvorsorge darf nicht weiter dem Markt überlassen werden. Gewinne auf Kosten der Gesundheit sind unmoralisch. Die Kommunale Planung, eine Planung im RVR-Gebiet ist überfällig.  Kennen Sie die Teilnehmer und Beschlüsse der Kommunalen Gesundheitskonferenz, sie legen den gesundheitspolitischen Fokus der Kommune fest. Es werden z.B. Handlungsstrategien und Gesundheitsziele festgelegt.

Anspechpersonen Kommunale Gesundheitskonferenzen in NRW finden Sie >>HIER<<

Wir Bürger müssen unsere Probleme und Bedarfe erkennen, der Politik und Verwaltung anzeigen. Eine Möglichkeit wäre die Veranstaltung am Donnerstag, den 13.10.2022, 10:00 – 11:30 Uhr

Neues Sozialrathaus in Oberhausen“  – Arbeit und Leben Oberhausen.

Darüber hinaus werden Patientenvertreter gesucht.  

Als Patientenvertreter*in übernehmen Sie eine wichtige Aufgabe:

Sie vertreten die Interessen von Patientinnen und Patienten auf Landesebene und dürfen über die gesundheitspolitische Ausrichtungen auf Landes- oder kommunaler Ebene mitberaten.

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