Ansprüche alter Menschen – bei Pflege – 01

Die Gewährung von Hilfe zur Pflege ist erst ab Pflegegrad 1 möglich. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass unterhalb des Pflegegrades 1 kein pflegerischer Bedarf (körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuung) außerhalb der Pflegeversicherung (SGB XI) besteht. Bei ambulanter Versorgung ist die Abdeckung eines dringend notwendigen Bedarfs in Bezug auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen als Hilfe in sonstigen Lebenslagen nach § 73 SGB XII geregelt.

Sucht man die Leistungen für Pflegebedürftige wird man neben dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) fündig in  § 63 SGB XII Leistungen für Pflegebedürftige als Aufgabe der Sozialhilfe.

§ 1 SGB XII: „Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.“

Damit ist von der Allgemeinheit unbemerkt die Zuständigkeit der Leistungsgewährung für den betroffenen Bürger als Versicherter auf die kommunale Ebene und für Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66 auf den überörtlichen Sozialhilfeträger, wie vor 1995, ver- geschoben worden. Die Leistungsvereinbarung mit dem Anbieter führt federführend die Pflegekasse nach SGB XI. Doch ein wichtiger Paragraf  darf nicht übersehen werden.

§ 71 SGB XII Altenhilfe (als Kommunale Aufgabe)

(1) Alten Menschen soll außer den Leistungen nach den übrigen Bestimmungen dieses Buches Altenhilfe gewährt werden. Die Altenhilfe soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, selbstbestimmt am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen und ihre Fähigkeit zur Selbsthilfe zu stärken.

(2) Als Leistungen der Altenhilfe kommen insbesondere in Betracht:

  1. Leistungen zu einer Betätigung und zum gesellschaftlichen Engagement, wenn sie vom alten Menschen gewünscht wird,
  2. Leistungen bei der Beschaffung und zur Erhaltung einer Wohnung, die den Bedürfnissen des alten Menschen entspricht,
  3. Beratung und Unterstützung im Vor- und Umfeld von Pflege, insbesondere in allen Fragen des Angebots an Wohnformen bei Unterstützungs-, Betreuungs- oder Pflegebedarf sowie an Diensten, die Betreuung oder Pflege leisten,
  4. Beratung und Unterstützung in allen Fragen der Inanspruchnahme altersgerechter Dienste,
  5. Leistungen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung, der Bildung oder den kulturellen Bedürfnissen alter Menschen dienen,
  6. Leistungen, die alten Menschen die Verbindung mit nahe stehenden Personen ermöglichen.

(3) Leistungen nach Absatz 1 sollen auch erbracht werden, wenn sie der Vorbereitung auf das Alter dienen.

(4) Altenhilfe soll ohne Rücksicht auf vorhandenes Einkommen oder Vermögen geleistet werden, soweit im Einzelfall Beratung und Unterstützung erforderlich sind.

(5) Die Leistungen der Altenhilfe sind mit den übrigen Leistungen dieses Buches, den Leistungen der örtlichen Altenhilfe und der kommunalen Infrastruktur zur Vermeidung sowie Verringerung der Pflegebedürftigkeit und zur Inanspruchnahme der Leistungen der Eingliederungshilfe zu verzahnen. Die Ergebnisse der Gesamtplanung nach § 58 sowie die Grundsätze der Koordination, Kooperation und Konvergenz der Leistungen nach den Vorschriften des Neunten Buches sind zu berücksichtigen.

§ 63 SGB XII  Leistungen für Pflegebedürftige

(1) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5

  1. häusliche Pflege in Form von

a) Pflegegeld (§ 64a), b)häuslicher Pflegehilfe (§ 64b), c)Verhinderungspflege (§ 64c), d) Pflegehilfsmitteln (§ 64d), e) Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e), f) anderen Leistungen (§ 64f),

2. teilstationäre Pflege (§ 64g),

3. Kurzzeitpflege (§ 64h),

4.einen Entlastungsbetrag (§ 64i) und

5.stationäre Pflege (§ 65).

Die Hilfe zur Pflege schließt Sterbebegleitung mit ein.

(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1

  1. Pflegehilfsmittel (§ 64d),

       2. Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e) und

  1. einen Entlastungsbetrag (§ 66).

(3) Die Leistungen der Hilfe zur Pflege werden auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt. § 29 des Neunten Buches (SB IX) ist insoweit anzuwenden.

1.    Ambulante Pflege

Pflegegrad 1

Betroffene erhalten Pflegehilfsmitteln und Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes als einmalige Leistungen  gemäß § 63 Absatz 2 SGBXII  und einen Entlastungsbetrag in Höhe von monatlich 125 €, er ist vorrangig für den Bedarf an körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen zu verwenden.

  • Nicht pflichtversicherte erhalten diesen gem. 63 Absatz 2 SGBXII
  • Pflichtversicherte nach 28a SGBXI

Reichen die 125 € nicht aus, ist zu prüfen Hilfe zur Weiterführung des Haushalts nach § 70 SGB XII. Ein darüber hinausgehender dringend notwendiger Bedarf in Bezug auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen ist ggf. als Hilfe in sonstigen Lebenslagen nach § 73 SGB XII zu beantragen.  Wichtig zu wissen; wer ohne „Heimbedürftigkeitsbescheinigung“ des MDK in ein Heim geht, erhält von der Pflegeversicherung nur 80 % der Versicherungsleistung.

Pflegegeld nach § 64a SGB XII 

In der häuslichen Pflege gilt unverändert, dass diese durch nahestehende Personen oder als Nachbarschaftshilfe erbracht werden sollte. Anspruch  besteht allerdings erst ab Pflegegrad 2. Ist die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft erforderlich, kann das Pflegegeld um bis zu zwei Drittel gekürzt werden § 63b Absatz 5 SGB XII. 

Leistungen nach § 45b SGB XI 

Alle versicherten Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege erhalten gleichermaßen – nur auf Antrag – einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich nach § 45b SGB XI. Der Entlastungsbetrag kann nach § 45b Absatz 1 Satz 3 SGB XI wie bisher eingesetzt werden für

  • Leistungen der Tagespflege (und Nachtpflege) für Unterkunft und Verpflegung einsetzbar.
  • Leistungen der Kurzzeitpflege
  • Leistungen der ambulanten Pflegedienste (bei Personen mit Pflegegrad 2 bis 5 nicht aus dem Bereich bzw. Modul Selbstversorgung, bei Personen mit Pflegegrad 1 schon).
  • Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag (§ 45a SGB XI – neu -, bisher niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote).

Vorsicht: Aus § 63b Absatz 2 Satz SGB XII lesen manche, dass zwischen den Entlastungsbeträgen nach § 45b SGB XI und §§ 64i/66 SGB XII grundsätzlich Leistungskongruenz besteht mit der Folge, dass eine Anrechnung der Leistung nach § 45b SGB XI erfolgen kann.

Kombination-Leistungen 

Die Kombination ermöglicht nicht ausgeschöpfte Mittel der Sachleistung (ambulanten Dienst) prozentual für das Pflegegeld zu nutzen. Um den Überblick zu be- und zu erhalten, sollte diese Möglichkeit nicht dem ambulanten Dienst zur freien Verfügung überlassen werden. Gleiches gilt für den Entlastungsbetrag.

Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI 

Der sogenannte Wohngruppenzuschlag steht allen versicherten Pflegebedürftigen (Pflegegrad 1 bis 5) zu. Der Betrag wird auf 214 Euro mtl. angehoben. Im SGB XII ist eine derartige Leistung für Nichtversicherte – wie bisher – nicht vorgesehen. In der amtlichen Begründung zu § 63 Absatz 1 SGB XII – neu – heißt es dazu, dass der notwendige Bedarf, der insbesondere in ambulant betreuten Wohngruppen anfällt, im Rahmen der häuslichen Pflegehilfe durch einen Pflegedienst berücksichtigt werden kann.

Versorgung mit Pflegehilfsmitteln nach § 64d SGB XII

Die Hilfsmittelversorgung erfolgt für Versicherte vorrangig nach § 40 SGB XI durch die Pflegeversicherung (§ 63b Absatz 1 Satz 3 SGB XII – neu -). Das bedeutet, dass nur bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln eine ergänzende Leistung nach § 64d SGB XII – neu – in Betracht kommt. Ansonsten werden insbesondere technische Hilfsmittel nach § 40 SGB XI in vollem Umfang von der Pflegeversicherung bewilligt, ggf. leihweise. Siehe hierzu auch das Modul 8 des Rundschreibens Soz Nr. 09/2015.

Im Rahmen der Begutachtung nach § 18 SGB XI haben die Gutachter konkrete Empfehlungen zur Hilfs- und Pflegehilfsmittelversorgung abzugeben. Dienen diese den Zielen des § 40 SGB XI (Erleichterung der Pflege, Linderung der Beschwerden, Ermöglichung einer selbständigeren Lebensführung) gilt die Empfehlung mit Zustimmung des Versicherten als Antrag (§ 18 Absatz 6a SGB XI – neu -). In Bezug auf die empfohlenen Pflegehilfsmittel wird die Notwendigkeit vermutet, in Bezug auf die Hilfsmittel bis zum 31.12.2020 ebenfalls. Es ist folglich keine ärztliche Verordnung nach § 33 Absatz 5a SGB V erforderlich. 

Wichtig: was wird gebraucht, damit in der Häuslichkeit gepflegt werden kann. Eine gute Vorbereitung der Begutachtung hilft!

Pflegehilfsmittel (Verzeichnis nach § 78 SGB XI) dienen immer den Zielen des § 40 SGB XI. 

In Oberhausen allein sind über 45 ambulante Pflegedienste bei der Stadt gelistet. Nicht alle Dienste sind gleich gut oder bieten alle Dienste. Lassen Sie sich nicht nur ein schriftliches Angebot fertigen. Vergleichen Sie! Fragen Sie nach notwendigen Hilfsmitteln etc. 

2.    stationäre Pflege – wird fortgesetzt –