Neue Heimat

Schule und Lehre

Als wir noch auf diesem Gut vom Herzog waren, kam eine neue Wirtschafterin, sie hatte zwei Töchter, wir waren so etwa gleich alt. Die ältere ging schon in Kappeln zur Mittelschule, und das war auch mein Bestreben. Ich hasste meine Volksschule, wo ich zur Schule ging. Dort waren diese großen Jungs, die die Lehrer so malträtierten und die auch kein Interesse hatten, etwas zu lernen.  Ich bekniete meine Eltern, heulte und flehte sie an, mich auch auf diese Mittelschule zu schicken, bis sich dann die Mutter der Freundin einschaltete und ich zur Prüfung gehen durfte.

Da sagte mein Vater: „Kannst ruhig hinfahren, aber die werden dich nicht nehmen. Flüchtlingskinder nehmen die sowieso nicht.“ –  Ich fuhr also zur Prüfung hin, wurde angenommen und ging folglich dann in Kappeln in die Mittelschule. Da die Mittelschule damals noch Geld kostete, konnten meine beiden jüngeren Geschwister nur die Volksschule besuchen. 

Nach Beendigung meiner Schule 1952 bekam ich nur sehr schwer eine Lehrstelle, weil wir keine Beziehungen hatten. So konnte ich nur eine Lehre als kaufmännische Gehilfin in einer Molkerei machen. Meine Aufgabe bestand darin, Zahlen in Bücher einzutragen und zu addieren. Damit alles stimmte,  war ich sehr erfinderisch und manipulierte die Buchführung. Das kam natürlich raus, und mein Chef meinte: „Ich dachte, du hättest eine zwei in Rechnen, also das hätte ich dir nicht zugetraut.“ – Dann musste ich das alles nochmal durchrechnen. Und erst da lernte ich richtig Kopfrechnen, weil die Rechenmaschine von der Tochter des Chefs benutzt wurde. Selbst die Schreibmaschine wurde immer nur dann ins Büro gebracht, wenn irgendwelche Dinge zu schreiben waren. Da bin ich natürlich gescheitert, weil ich kein Steno konnte und keine Praxis auf der Schreibmaschine hatte. 

Was war das Ende? Bei der Prüfung nach 2 Jahren bin ich durchgerauscht und kam zum Abschluss meiner Lehre für 1/2 Jahr in ein Möbelgeschäft. Das fand ich sehr gut. Ich hatte viel mit Leuten zu tun, musste sie beraten und ihnen Möbel verkaufen. Dort bin ich sehr gerne gewesen und habe auch meinen Abschluss machen können. Mein Arbeitgeber wollte mich zwar gerne behalten, aber es gab schon  zu viel Personal. Also suchte ich eine neue Arbeitsstelle und fand eine im Getreidehandel, 1955 war das gewesen. Dort habe ich mich auch wieder sehr wohl gefühlt, wir hatten untereinander ein sehr nettes Verhältnis, und mein Chef schätzte mich auch. 


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