Freizeitgestaltung

Deutsche Jugend (DJ)

Wie andere meines Alters auch konnte ich die Zeit gar nicht abwarten, bis ich endlich mit 10 Jahren, Anfang 1938, in die Hitlerjugend eintreten konnte, weniger aus politischer Überzeugung (s. Elternhaus), sondern vor allem wegen der vielfältigen sportlichen Aktivitäten und des Gemeinschaftslebens. Das Motto war mir schnell klar und kann es heute noch schnell repetieren:

Jungvolkjungen sind hart, schweigsam und treu. Jungvolkjungen sind Kameraden. Der Jungvolkjungen Höchstes ist die Ehre.

Auch Hitlers Forderung an die Jugend kommt schnell:

Jungvolkjungen müssen sein: zäh wie Leder, flink wie Windhunde und hart wie Kruppstahl. 

Der erste Dienst bei der HJ war, dass wir Pimpfe unsere Mutproben ablegen mussten und damit unsere Härte dokumentieren sollten. So robbten wir einmal mit aufgekrempelten Ärmeln über die schotterreiche Geisingstraße, bis die Gelenke blutig waren. Unsere Eltern gingen allerdings sind auf die Barrikaden und haben sich auf der Dienststelle, Wischer Weg 18, über den Jugendführer beschwert, der heute noch auf der Hardenbergstraße wohnt. Danach hörten die Schikanen auf. 

Als Pimpf in der Hitlerjugend

Jungvolk

Ausflüge und Geländespiele im Jungvolk
Im Jungvolk vor dem Bismarck-Denkmal

Im Jungvolk wurden zunächst ähnliche Betätigungen vollführt wie in den anderen Verbänden: Es wurde gesungen, Geländespiele gemacht. Dann aber merkte ich schnell,  dass wir auf Kriegsereignisse vorbereitet wurden. Aber das war alles in unserem Sinne, denn es waren interessante und mit Sport gepaarte Beschäftigungen. 

Dienst

viel Spaß im Jungerschaftszug
Mein Jungenschaftszug

Dienst in Uniform war immer mittwochs von 15 - 17 Uhr und samstags von 14 bis 17 Uhr. Mittwochs fanden u.a.  Heimnachmittage in der Widukindschule, dem Quartier, statt.  Es wurden Geschichten gelesen, wir übten, wie man einen Tornister für Fahrten am günstigsten packt; die Biografien besonderer Nazigrößen wurden behandelt, wobei das von Adolf Hitler besonders hervorzuheben und zu würdigen war. Einmal mussten wir einen Vergleich machen zwischen Friedrich dem Großen und Adolf Hitler; es wurden Anekdoten aus seinem Leben vorgetragen ebenso der Lebenslauf beider. Vor allem Heldengeschichten aus dem 1. und später auch aus dem 2. Weltkrieg fanden bei uns Pimpfen immer größerer Beliebtheit. 

Samstags  verlagerte sich der Dienst nach draußen, teilweise ins Gelände: Hier durften wir Uniform tragen, marschieren, in Dreierreihen antreten, auf Kommandos reagieren, Ausrichten, Abzählen, Strammstehen, kurze knappe Antworten geben; hier wurden solche Lieder gesungen, die den Gleichschritt beim Marschieren unterstützten, das entsprechende Grüßen darf auch nicht vergessen werden. 

 

Heckmann in Uniform

Hier ist Horst Heckmann mit seinen Kameraden am Schießstand zu sehen
Mit meinen Kameraden am Schießstand

Ich bin sogar gerne in Uniform in die Schule gegangen. Die Station vom Jungvolk war in dem Gebäude der Bismarckschule in Mülheim-Heißen untergebracht, in der gleichen Straße, wo früher die Blücherschule war, die später umbenannt wurde in Wittekindschule. Wir fuhren auch zum Zelten und sangen dabei Arbeiter-, Marsch- und Landknechtslieder. Manchmal wurde sonntags morgens zur Jugendfilmstunde eingeladen.

Später war ich sogar Jungzugführer und hatte 40 Pimpfe unter mir. Bedingt durch die eher kulturelle Bildung von Elternhaus und Kirche gestaltete ich dann die Heimabende mit Vorlesen und Filmvorführungen wie ‚Mecki, der Igel‘ usw.

An eine unangenehme Episode erinnert ich mich heute noch mit Scham: Beim Anziehen eines ziemlich struppigen Pullovers brauchte ich immer die Hilfe meiner Mutter. Lieber zog er sowieso die Uniform an. Als er einmal nicht gerade höflich zu seiner Mutter gewesen war, schlug sie ihn mit dem Holzlöffel. Er war 11 oder 12 Jahre alt und drohte ihr darauf: „Wenn du das noch einmal machst, die Uniform zu schlagen!“ 

Immer wieder spürte ich den Gegenwind vom Elternhaus, besonders dann, wenn ich mal wieder mit neuen Ideen vom Jungvolk und aus der Schule nach Hause kam.

CVJM

In der gleichen Straße gab es das Gasthaus Fünte (heute Museum und Kulturzentrum), damals das evangelische Gemeindehaus vom Männer- und Jünglingsverein. Dort war meine Mutter aktiv im Gemeindewesen der Bekennenden Kirche tätig, und ich besuchte dort den Gottesdienst. 

In der evangelischen Jugendbewegung, in die ich schon 1937 eintrat, fand ich einen Gegenpol, denn hier ging es friedlich zu. Ein Herr Hausmann aus Holthausen las ihnen nachmittags schöne Geschichten vor, was mir sehr gefiel. Zudem war ich dort in der Laienspielgruppe und im Posaunenchor.

Sonntagsblatt für die christliche Kirchenwelt, 1934
Sonntagsblatt und CVJM

 

Ich vollführte eigentlich einen Spagat zwischen Elternhaus und meinen anderen Betätigungen z. B., indem er von den jüngeren Kindern, die zum Gottesdienst gingen, das Sonntagsblättchen abnahm und es den Eltern vorlegte.

Zwischen Hitlerjugend und CVJM

Rasensportverein Mülheim (RSV)

Horst Heckmann war ein begeisterter Handballer
Auch nach dem 2. Weltkrieg war ich in der Handball-Mannschaft

Als dritte große Freizeitbeschäftigung stand ab 1941 Sport ganz oben: Ich spielte in der Schülermannschaft des Handballvereins RSV Mülheim (-Heißen), immer sonntags um 11 Uhr. Der RSV Mülheim hatte seine Sportanlage in der Nähe der Widukind-Schule, in und an der hauptsächlich der Dienst im Jungvolk (DJ) stattfand. Der Verein spielte damals in der höchsten Handballliga, war zweimal bereits Deutscher Meister. Der Trainer hieß Paul Kosmalla (genannt der Handballprofessor). Nach ihm wurde in Heißen eine Straße, die auch heute noch so heißt, benannt. Herr Kosmalla holte sich den Nachwuchs aus den Reihen, wo auch ich spielte, und rüstete so die Schüler- und Jugendmannschaften auf. Zuletzt spielte ich 1943 in der 1a Jugend.

Filme

Selbstverständlich habe ich auch den Film „Hitlerjunge Quex“ (1939) gesehen, in dem ein Anschlag auf die Hitlerjugend durch einen Kommunisten vereitelt wird. Aufgefallen an der Geschichte war mir sehr wohl, dass hier gegen Kommunisten gehetzt wurde. Ich konnte es aber gleichzeitig nicht damit in Einklang bringen, dass Hitler sich mit Stalin verbündet hatte. Mir fehlten aber damals die intellektuellen Mittel, die Gesprächspartner und die Freiheit, um diesen Widersprüchen auf den Grund gehen zu können. Schließlich hatte man mir eingeimpft, das deutsche Volk brauche Raum, Lebensraum, und der Osten wäre das richtige Terrain dafür.

In Erinnerung sind mir noch folgende Filme: „Heimatland 1939 - 1945“ (1939) – mit Hansi Knoteck, „Quax, der Bruchpilot“ (1941) mit Hans Rühmann, „Münchhausen“ (1943) mit Hans Albers, „Wasser für Canitoga“ (1939) mit Carl Peters, „Trenck, der Pandur“ (1940), „DIII 88“ (1939), „Die große Liebe“ (1942), „Kora Terry“ (1940),  „Heimat“ (1938), „Berge in Flammen“ (1931), „Kolberg“ (1945), „Wunschkonzert“ (1940), „Der große König“ (19421), U-Boote westwärts!“ mit Ilse Werner, „Stukas“ mit Hannes Stelzer und „Jud Süß“ (1940) mit Ferdinand Marian und Werner Krauß.

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