Großeltern
Foto: Der Großvater, Max Linke, Jg. 1863, war ein namhafter Architekt in Berlin, die Großmutter, Mathilde Jg. 1866, stammte aus Finsterwalde. Sie hatten zwei Töchter, die älteste Tochter nannten sie Käte und war die Mutter von Frau Timm.
Silvester wurde bei den Großeltern in Berlin gefeiert. Wie in Berlin üblich, gab es Pfannkuchen, also Berliner. Der Großvater holte frisches Geld von der Bank, und das steckte er in Berliner – für die Erwachsenen – 5 Mark oder 2 Mark, und die Kinder bekamen einen für 50 Pfennig oder 1 Mark.
Im Haus ihrer Großeltern stand ein Flügel, auf dem ihre Mutter mit ihrer Großmutter die Petersburger Schlittenfahrt geübt hatte, mit Glöckchen, so, dass es auch wirklich echt war. Eva Timms Mutter fand das Üben so schrecklich, dass sie ihrer eigenen Tochter das nicht antun wollte.
Noch heute besitzt sie ein Tagebuch ihrer Großmutter, worin diese über ihre Tochter, also ihre Mutter, geschrieben hat.
Mutter
Foto: Käte Linke, 1893 in Berlin geboren, war eine sehr attraktive Frau. Sie heiratete im Jahre 1913 einen Weißrussen, der als Nicht-Deutscher nicht im ersten Weltkrieg dienen musste. Ihr Bruder wurde im Jahr 1919 geboren, und sie ist Jahrgang 1926.
Vater
Foto: Ihr Vater, Roman Maer, Jahrgang 1880 (geb. in Zgierz / Russland), kam 1912 nach Deutschland und bekam wegen der Heirat mit Käte Linke die deutsche Staatsangehörigkeit zugesprochen. Im 1. Weltkrieg war er Dolmetscher im Kriegsgefangenenlager.
Sie wohnten in Berlin-Charlottenburg, Trendelenburgstraße 11, eine Querstraße zwischen Kantstraße und Suarezstraße, nicht weit vom Lietzenpark entfernt – ein gutbürgerliches Viertel. Ihre Erinnerungen reichen zurück bis Anfang der 30er Jahre. Sehr präsent ist ihr noch der berühmte Fackelzug am 30. Januar 1933, als Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler machte. Ihre Mutter erzählte später, ihr Vater hätte dazu bemerkt „Die braunen Henker kommen“, womit er auf entsetzliche Weise Recht hatte. Eva Timms Vater starb schon im Mai 1933.
Vielleicht war es Hellsicht im Anblick des nahen Todes – so wird es im Familiengedächtnis jedenfalls bewahrt.
Stiefvater
Foto: Die Mutter verheiratete sich zum 2. Mal. Der Stiefvater, Roderik Hofmann, Jahrgang 1899 (geb. in Hodolein / Mähren) war ein sehr guter Vater. Er war Ingenieur bei der AEG und war auch kein Soldat, da er UK (unabkömmlich) war.
Eins meiner vielen Interessen war immer schon, das aktuelle politische Geschehen in einem größeren historischen Zusammenhang zu sehen. Was mit Einzelschicksalen in ihrer jeweiligen Zeit passiert, habe ich schon in die Wiege gelegt bekommen, denn beide Eltern waren nach dem 2. Weltkrieg Flüchtlingskinder, mein Vater sogar noch Kindersoldat. Erst nach meiner Pensionierung konnte ich mich mit den Folgen dieser schrecklichen Zeit in der deutschen Geschichte beschäftigen und damit auch mit den Ursachen.
Bei meiner Arbeit ist mir ganz wichtig, immer auf das Alter der Erzählenden zu achten und immer danach (auch der Zuhörer sich selbst in seiner Biografie) zu fragen, inwieweit das politische Bewusstsein schon vorhanden war; und das ist bei jedem Menschen verschieden. Ich möchte ein Mosaikstückchen dazu beitragen, dass junge Menschen ihr persönliches politisches Bewusstsein bilden können; deshalb ist mir die Arbeit an Schulen eine Herzensangelegenheit.
Die Zeitzeugen fühlen sich manchmal unverstanden, wenn aus dem Heute Rückschlüsse nach Gestern geschlossen werden, frei nach dem Motto Warum habt ihr nichts gemerkt?, Wie konnte das passieren?, usw. Und genau hier ist der Punkt, an dem ein Austausch mit der jüngeren Generation stattfinden kann. Indem es den Zeitzeugen gelingt, dass sich die Schülerinnen und Schüler in die damalige Zeit versuchen hineinzuversetzen, können auch Bilder für das eigene Leben, für die eigene Zukunft entstehen.
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