Ich heiße Eva Timm und bin am 04. September 1926 in Berlin geboren. 92 Jahre Leben – es ist so viel geschehen – wie sehr hat sich die Welt verändert! Eine kurze Zeit Frieden zwischen zwei Weltkriegen – dann 12 Jahre 1000-jähriges Reich – zuerst mit Aufbau, dann mit Hetze, Zerstörung und unendlichem Leid. Dann, 1945, der Friede, mit Entbehrungen und Hunger – aber die Hoffnung auf ein besseres Leben gab die Kraft zum Wiederaufbau. Und nach einigen Jahren war aus Deutschland wieder ein Land geworden, um das uns viele in der Welt beneiden.
Timm, Eva
Geboren bin ich in Berlin. 1945 flohen wir aus Berlin.
Seit 1948 lebe ich in Mülheim. Da die Zeugen des „1000-jährigen Reiches“ – wie die Nazis es damals großspurig nannten, langsam aussterben, habe ich mich bei der Zeitzeugenbörse gemeldet. Sicherlich kann ich aus eigenem Erleben etwas sagen – gegen das Vergessen – damit meine Kinder, Enkel und ihre Nachkommen so etwas nie erleben müssen.
Eva Timm im Mai 2015
Nachkriegszeit und Neubeginn
Hamstern auf den Bauernhöfen der Umgebung von Lauenburg, der Schwarzmarkt, auf dem Zigaretten und alles Mögliche getauscht wurde (z.B. Friseurscheren), das fürchterliche Maisbrot … das sind die Stichworte, die Eva Timm mit der unmittelbaren Nachkriegszeit verbindet. Man war froh, dass der Krieg vorbei war. Und was gibt es Schöneres für eine 19-Jährige als Tanzen! So traf man sich in der Schifferbörse …
Kriegszeit
Ausgebombt 1939 brach der Krieg aus und man hatte sich an Verdunklung, Lebensmittelkarten und Bezugsscheine zu gewöhnen. Und als sich in den ersten Jahre die Sondermeldungen über die deutschen Siege überschlugen, dachte man, dass das Spiel bald vorbei sein würde. In Berlin konnte das kulturelle Leben nachmittags derweil erhalten bleiben: ob Oper, Operette, Theater, Revuefilme – das Volk musste bei …
Schulzeit
Für mich begann die Volksschule 1933. Es waren 42 Kinder in der Klasse. Ich hatte fünf jüdische Mitschülerinnen in der Klasse, meist waren sie die intelligenteren. An Diskriminierungen kann ich mich nicht erinnern. Das schönste Mädchen in meiner Klasse war Halbjüdin und hieß Ellen Rothschild; sie wurde nicht ‚abgeholt‘. – Noch heute weiß sie alle Namen: Dieta Elden, Gertrude Breslauer, …