Schule am Hexbachtal

Meine Kindheit in Pommern

Mai 2016

In eine 9. Klasse der Schule am Hexbachtal waren ich und Frau Timm als Zeitzeugen eingeladen. Wir wurden sehr freundlich empfangen von der Lehrerin, die das Thema Nationalsozialismus in Deutschland mit den Schülern aufgearbeitet hatte. Die Schüler waren gut informiert, sehr wissbegierig. Sie waren entsetzt über die Taten der Nazis und wollten in den Rückfragen unsere Meinung dazu und etwas über die Judenverfolgung wissen. Und das alles in einer Stunde – das war der Zeitrahmen. Es war eine gute Atmosphäre, und alle waren sehr aufgeschlossen.

Mein Thema war meine Kindheit und Jugend in Pommern, wo ich geboren wurde, auf dem hauseigenen landwirtschaftlichen Betrieb aufwuchs und von wo wir nach Ende des 2. Weltkrieges fliehen mussten.

Die Schüler haben mich nach meinem kleinen Vortrag gefragt,  ob wir auch alle so begeistert von dieser Zeit waren und welche Gefühle wir in dieser Zeit gehabt haben. Wir haben tatsächlich wenig gewusst von Konzentrationslagern, das Wort ist bei uns schon mal gefallen, aber was da passierte, das haben wir nicht gewusst; und wir Kinder schon mal gar nicht.

Ein Bauer aus unserem Dorf hatte schwarz geschlachtet und  kam deswegen ins KZ. Er sollte wohl nach Hause entlassen werden. Dann war immer so unterschwellig: Wenn der nach Hause kommt, dann fragen wir den mal, was da los ist in dem KZ, das wollen wir doch mal wissen. Der kam aber nicht nach Hause. Und später kam dann die Nachricht, dass er an einer Lungenentzündung verstorben ist. Und da wurde dann wieder erzählt: Das haben die doch manipuliert, umgebracht und so.

Die Schüler haben gefragt, was man da so empfunden hat, wenn man das gelesen oder gehört hat. Aber das war ja alles so unterschwellig, da konnte sich man ja kaum eine Meinung bilden, denn es gab ja kaum Möglichkeiten zur Information – so wie heute: Fernsehen, Radio, Internet.

Einmal sollte ein Fremdarbeiter gehängt werden und alle sollten zuschauen. Aber mein Vater hat sich geweigert, er habe keine Langschäfter, keine Stiefel, er kann da nicht mit Hausschuhen mitgehen.

 

 

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