Seit der Gründung der ZeitZeugenBörse in Mülheim an der Ruhr im November 2011 treffen sich interessierte Zeitzeugen monatlich im Sommerhof, einer Einrichtung des Servicewohnens für Senioren (Tourainer Ring 12, Eingang Hingbergstraße) direkt in der Innenstadt, zum gemeinsamen Kennlernen und Austausch.
Wir treffen uns an jedem dritten Mittwoch im Monat von 10.00 Uhr bis 12.30 Uhr.
Hier werden die Erinnerungen zunächst einmal erzählt. In der halbgeschützten Atmosphäre der Gruppe besteht Vertrauen, sich die manchmal schmerzhafte Lebenserinnerung bewusst zurückzuholen, zu verstehen und zu verarbeiten. Dies ist wichtig – denn nur so kann die erlebte Geschichte (oral history) nach einer gewissen Übungsphase authentisch weitergegeben werden.
Alle Erzählungen werden aufgezeichnet, diese dann gespeichert und als CD gebrannt. Eine Verschriftlichung erleichtert zudem eine Nachbearbeitung.
Durch Reflexion, digitaler Aufnahme und deren Verschriftlichung wird die erzählte Geschichte ein Zeitzeugnis, das weitergegeben werden kann.
Im November 2011 war ich Mitbegründerin der Zeitzeugenbörse Mülheim an der Ruhr.
Eins meiner vielen Interessen war immer schon, das aktuelle politische Geschehen in einem größeren historischen Zusammenhang zu sehen. Was mit Einzelschicksalen in ihrer jeweiligen Zeit passiert, habe ich schon in die Wiege gelegt bekommen, denn beide Eltern waren nach dem 2. Weltkrieg Flüchtlingskinder, mein Vater sogar noch Kindersoldat. Erst nach meiner Pensionierung konnte ich mich mit den Folgen dieser schrecklichen Zeit in der deutschen Geschichte beschäftigen und damit auch mit den Ursachen.
Bei meiner Arbeit ist mir ganz wichtig, immer auf das Alter der Erzählenden zu achten und immer danach (auch der Zuhörer sich selbst in seiner Biografie) zu fragen, inwieweit das politische Bewusstsein schon vorhanden war; und das ist bei jedem Menschen verschieden. Ich möchte ein Mosaikstückchen dazu beitragen, dass junge Menschen ihr persönliches politisches Bewusstsein bilden können; deshalb ist mir die Arbeit an Schulen eine Herzensangelegenheit.
Die Zeitzeugen fühlen sich manchmal unverstanden, wenn aus dem Heute Rückschlüsse nach Gestern geschlossen werden, frei nach dem Motto Warum habt ihr nichts gemerkt?, Wie konnte das passieren?, usw. Und genau hier ist der Punkt, an dem ein Austausch mit der jüngeren Generation stattfinden kann. Indem es den Zeitzeugen gelingt, dass sich die Schülerinnen und Schüler in die damalige Zeit versuchen hineinzuversetzen, können auch Bilder für das eigene Leben, für die eigene Zukunft entstehen.