Neue Waschmaschine zu Schrott geschleudert

Meine Eltern hatten eine Gastwirtschaft mit angeschlossenem kleinen Hotel in einer Kleinstadt im Alpenvorland von Österreich, die Gott sei Dank zur Besatzungszeit nach dem 2. Weltkrieg in der US-Zone lag. Die technische Ausstattung war durch die Not der Zwischenkriegszeit, dann Krieg und Nachkriegszeit sehr bescheiden, um es freundlich zu formulieren.

Meine Mutter führte den Betrieb mit ihren beiden Schwestern, daher gab es 8 Kinder im Haus, plus einigen  Angestellten, die zum Teil im Haus wohnten. Die anfallende Bettwäsche von etwa 25 Gästebetten und den gut 15 Familienmitgliedern wurde in einer Waschküche in einem kohlebefeuerten Kessel gekocht, dann mit Wurzelbürsten auf einem langen Tisch geschrubbt und anschließend geschwemmt. Diese anstrengende und eintönige Arbeit erledigten zwei ältere Frauen.

Ende der 1950er Jahre gab es natürlich schon Waschmaschinen in Österreich zu kaufen. Diese stammten aus heimischer Produktion und waren wegen der geringen Stückzahl im kleinen lokalen Markt reichlich teuer. Importware war durch hohe Zollmauern, zum Schutz der heimischen Industrie, prohibitiv verteuert.

Die Schwester meines Vaters war eine weltgewandte, energische Frau. Sie war oft in München tätig. Irgendwie schaffte sie es Ende der 1950er Jahre, eine Waschmaschine, vermutlich von Siemens, unter Umgehung des Zolls zu uns in den Gasthof zu bekommen. Ehrfürchtig wurde dieses technische Wunderwerk bestaunt, die Betriebsanleitung eingehend studiert und das Gerät angeschlossen. Tatsächlich – es funktionierte! Die im ersten Versuch gewaschene Wäsche erfüllte auch die erwarteten Kriterien von Sauberkeit und strahlender Weiße.

Hurra, der technische Fortschritt hatte auch uns erreicht! Die gesamte Wäsche wurde ab nun in dieser neuen Waschmaschine gewaschen, das heißt sie lief letztendlich pro Tag bis zu 20 Stunden lang. Es kam, was kommen mußte. Die Waschmaschine war natürlich nur für den Wäscheanfall einer normalen Familie mit 4-5 Personen konstruiert, nicht für den Arbeitsbedarf eines Gastronomiebetriebes. Nach einem knappen Jahr (oder so) gaben die Lager der Schleudertrommel und/oder der Motor den Geist auf. Eigentlich ein Qualitätsbeweis für eine Familien-Waschmaschine.

Aber es gab nun kein Zurück mehr zu den alten Zuständen. Die neue Technik hatte klar gesiegt. Zähneknirschend wurde eine weitere, leistungsstärkere Maschine für die erhöhten Belastungsansprüchen eines Betriebes angeschafft. Die hielt dann lange.

Die moderne Technik hat eben so ihre Tücken! 

Wolf Dietrich Hausmann
Letzte Artikel von Wolf Dietrich Hausmann (Alle anzeigen)

Schreiben Sie einen Kommentar