Jede Mahlzeit eine Enttäuschung

Anfang 1980 entdeckte meine Schwiegermutter ihre Vorliebe für selbstgemachte Sandwiches wieder neu, die sie in einem alten Waffeleisen ihrer Großmutter zubereitete, und sie schmeckten wirklich phantastisch. Obwohl ich schon seit 1967 bei meinen Schwiegereltern ein- und ausging, mein Mann und ich seit 1973 verheiratet waren, bin ich bis zu dem Abend im Januar 1980 nie in den Genuss dieser Sandwiches gekommen. Sie sahen appetitlich aus und waren, wie man heute sagen würde, eine Finger-Food-Köstlichkeit. Ich muß gestehen, ich habe so viel davon gegessen, als ob ich ausgehungert wäre, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Da wir räumlich ca. 200 Km entfernt lebten, war es nicht möglich, mal eben zu ihr zu fahren, um diese kleinen Dreiecke zu vernaschen.

Also dachte ich mir, das kannst du auch, und einige Tage später standen die Sandwiches auf unserem Speiseplan. Ein großes Waffeleisen gehörte auch zu unserem Hausstand, und ich machte mich gut gelaunt und voller Vorfreude auf das Endergebnis an die Arbeit. Alles für den Belag war vorhanden, und als Beilage richtete ich noch einen Salat her.

Dann ging es an die Sandwiches. Alle notwendigen Zutaten wie Wurst, Käse, Schinken, Essiggurken, frische Champignons, Tomaten und diverse Soßen waren vorhanden, und ich belegte damit die Toastscheiben. Das Waffeleisen war gut auf Temperatur gebracht, und als ich meine zubereiteten Sandwiches auf das Waffeleisen legen wollte, kamen mir Zweifel, ob das Vorhaben gutgehen würde, denn die Toastscheiben passten nicht hinein, sie waren zu groß. Daraufhin habe ich die braunen Ränder rundherum abgeschritten, sodass der Platz gerade für 4 Stück ausreichte. Das Waffeleisen wurde geschlossen, das Warten voller Spannung erfolgte. Ein leises Brutzeln war aus dem Gerät zu vernehmen, ein angenehmer Geruch breitete sich aus.

Nachdem ich nach einiger Zeit das Eisen öffnete, traute ich meinen Augen nicht. Die Sandwiches  samt ihres Innenlebens klebten im gesamten Waffeleisen, der flüssig gewordene Käse hat sich an jede Stelle im Waffeleisen breit gemacht und Gurken-, Wurst- sowie Schinkenscheiben flogen mir beim Öffnen des Eisens entgegen und landeten auf der Arbeitsplatte. – So gab es an diesem Abend nur den Salat.

Meine Enttäuschung über dieses Misslingen war groß. Aufgeben war für mich jedoch keine Option, und so machte ich mich auf die Suche nach einem Sandwich-Toaster, den ich in der Elektroabteilung eines großen Oberhausener Möbelhauses fand. Der Verkäufer war voll des Lobes über dieses neuartige und zur Zeit beste Gerät auf dem Markt. Glaubte ich ihm und der Gebrauchsanleitung, konnte einfach nichts schief gehen.

Freudestrahlend kam ich damit nach Hause und machte mich sogleich an die Arbeit. Aber welch eine Ernüchterung, die Sandwiches, die mit allerlei Leckereien belegt waren, entwickelten sich zu einem Fiasko. Nach der Fertigstellung waren zwei von ihnen, welche noch halbwegs essbar waren dünn wie Pauspapier, und sie schmeckten fürchterlich. Bei den beiden anderen war die Füllung an den Seiten herausgequetscht worden und der Käse lief seitlich entlang des Gerätes heraus. Das Gerät war nicht, wie in der Gebrauchsanweisung zugesichert, fest verschlossen, und der obere Deckel ließ sich nicht auf den richtigen Abstand einstellen, und so kam es wohl zu diesem Malheur.

Einige weitere Versuche meinerseits brachten ebenfalls unbefriedigende Ergebnisse. Immer wieder lagen die meisten Zutaten neben dem Gerät, der Temperaturregler funktionierte nicht, wie er sollte, und das Gerät produzierte selbst in der niedrigsten Einstellungsstufe ständig verbrannte Ränder. Die Reinigung des Gerätes war aufwendiger, als die gesamte Herstellungszeit.

Meine Geduld war nach fünfmalignem Gebrauch erschöpft und der Sandwich-Toaster, zu dieser Zeit noch eine Seltenheit, wurde entsorgt.

Für mich war klar,  meine Schwiegermutter mußte einen besonderen Trick haben. Dieses Geheimnis lüftete mein Schwiegervater bei unserem nächsten Besuch. Die Sandwiches meiner Schwiegermutter sind deshalb so gut gelungen, weil sie zwei dünne Bleche zur Verfügung hatte. Das erste kam auf den unteren Teil des Waffeleisens, darauf die zu toastenden Sandwiches, und auf diese wurde die zweite Platte gelegt und anschließend mit dem oberen Teil des Waffeleisens geschlossen. Also war das eigentliche Waffelrelief  abgedeckt. Aus diesem Grund sind die kleinen Leckereien immer gelungen, gleichmäßig goldgelb in der Farbe und im Geschmack eine Einzigartigkeit.

Ich selbst habe keine weiteren Versuche mehr gestartet, sondern mich immer bei unseren Besuchen in Lahnstein auf den Moment gefreut, an dem die Platte mit den Sandwiches  – abends zum Abendbrot  – auf den Tisch gestellt wurde.

Jutta Loose
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