Das Projekt Stolpersteine in Mülheim an der Ruhr

Ein Beitrag unseres Zeitzeugen Ernst van Megern

 

Wilhelm von Gehlen, Sprecher des Arbeitskreises Stolpersteine von der Mülheimer Initiative für Toleranz in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv, war am 20. Januar zu Gast bei der Mülheimer Zeitzeugenbörse. Er berichtete  uns  gebannt zuhörenden  Zeitzeugen von den in vielen Ländern verlegten  Stolpersteinen, die  seit 2004 auch in Mülheim an das Schicksal jüdischer Mibürger erinnern (die ersten Steine wurden am 18.12.2004 verlegt),  die in den Zeiten des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Das Leitmotiv der Stolpersteine besteht hierbei darin, den NS-Opfern, die von den Nazis in den Konzentrationslagern zu Nummern degradiert wurden, ihre Namen zurückzugeben. Insgesamt wurden in Mülheim bisher 123 Stolpersteine verlegt.

Stolpersteine / alle verlegten Steine gehen in das Eigentum der Stadt Mülheim/Ruhr über
Foto: Ernst van Megern, Duisburger Str. 87 in Mülheim-Broich / Alle verlegten Steine gehen in das Eigentum der Stadt über

Die quadratischen, etwa 10×10 Zentimeter großen Betonklötze, auf deren Oberseite eine individuell und von Hand beschriftete Messingplatte angebracht ist, die durch rechts und links umgebogene Flächen fest mit dem Gesamtstein verankert ist, werden grundsätzlich vor dem letzten vom Opfer frei gewählten Wohnsitz auf dem Bürgersteig verlegt; nur, wo die Stadtstruktur und die Straßen mit dem Wiederaufbau zum Teil  neu ausgerichtet  werden mussten, finden sie sich – so auch in Mülheim – auf oder vor  entstandenen Freiflächen wieder.

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Lesung: Wohnen

Seit 2011 widmet sich die Zeitzeugenbörse  Mülheim an der Ruhr persönlich erlebter Geschichte, vornehmlich von älteren Zeitzeugen. 70 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges sind seine Wunden zwar vernarbt und haben eine neue Realität geschaffen. Trotzdem ist der Nationalsozialismus mit seinen verheerenden Folgen für die Welt allgegenwärtig. Die Zeit des Schweigens ist mittlerweile einem intensiven Bearbeitungsprozess der Biografien der Kriegs- …

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Das Dritte Reich entlässt seine Kinder

Ich heiße Christa Goller und wurde am 7. April 1938 in Essen geboren. Als die kriegerischen Auseinandersetzungen am 9. Mai 1945 beendet wurden, war ich gerade mal 7 Jahre alt. Da ich ständig erkältet war und Mandelentzündungen hatte, haben meine Eltern mich allerdings schon Januar 1944 zu Pflegeeltern aufs Land gebracht. So verbrachte ich also die Nachkriegszeit von Mai 1945 …

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„Ummöbeln“ nach dem Krieg

Die Wohnungsnot  war nach dem Krieg – wie in allen Städten  – auch in Mülheim unübersehbar. Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung lebte in Notunterkünften. Die Wohnungsnot für breite Bevölkerungskreise wurde ständig verschärft durch die zurückkehrenden Evakuierten, die Kriegsheimkehrer und die Flüchtlinge. Ihrer wachsenden Zahl stand nur eine geringe Reparatur- und Neubautätigkeit an Wohnungen gegenüber. Materialien für den Hausbau waren äußerst knapp. …

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Kindheit im „Dritten Reich“

Foto: Piano Piano!

Ja, wie war es denn in meiner Jugendzeit im sog. Dritten Reich – als Kind? Sicher nicht viel anders als heute, abgesehen von der Tatsache, dass wir früher viel ärmer waren und unsere Spiele mit viel Lärm verbunden waren. Mangels Spielzeug bastelten wir uns unsere Spiele phantasievoll selbst zusammen.

Obwohl seit 1933 die Nazis an der Macht waren, merkte ich logischerweise als kleines Kind nichts davon. Bis ich dann in die Schule kam  – mit einem Schultornister, in dem sich eine Schiefertafel, Griffel, Griffelmäppchen, Schwamm und ein kleines Tuch zum Trocknen der Tafel befand. Als erstes wurde uns über unsere Begrüßung beigebracht: Statt“ Guten Morgen, Herr Lehrer“ sagten wir „Heil Hitler, Herr Lehrer“. Wir waren als Kinder ja stolz auf unseren „Führer“ – wie der größte Teil der deutschen Volksgenossen damals. In der Schule lernten wir schreiben mit der Sütterlinschrift, angefangen mit dem i, dann n, m, und so weiter. Erst nach einem halben Jahr schrieben wir die ersten Worte und ab dem zweiten Schuljahr ganze Sätze. Im dritten Schuljahr konnten wir die gelernte Sütterlinschrift vergessen. Ab da wurde nur in lateinischen Buchstaben geschrieben.

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Schule am Hexbachtal

Hauptschule, 9. Klasse Deutsch-Unterricht, Kinder im Krieg Die Klasse 9b in der Schule am Hexbachtal arbeitete an dem Thema „Kinder im Krieg“ und hatte bei der Zeitzeugenbörse um einen Vortrag eines Zeitzeugen gebeten. Ich bin Jahrgang 1926 und kann dazu natürlich eine Menge sagen. Am Montag, den 23.03.2015 war es soweit, und ich wurde schon bei meiner Ankunft auf dem Schulhof …

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Für Rosa und Hans

Wir waren auf der Flucht vor Krieg und Gewalt,
wir waren noch jung, zwölf oder dreizehn Jahre alt.
Wir marschierten bei Wind und Regen
der deutschen Grenze entgegen.

 

Wir waren erschöpft, wir hatten nichts zu essen,
wir haben rohe Kartoffeln gegessen,
die wir, ich sage es unverhohlen,
aus Kartoffelmieten gestohlen.

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